Das Nibelungenlied. Anonym

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Das Nibelungenlied - Anonym


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in Gernotens Heer 240

       Und Rumold der kühne schufen so viel Beschwer,

       König Lüdger mag es beklagen allezeit,

       Daß er meine Herren am Rhein berief in den Streit.

      "Kampf, den allerhöchsten, der irgend da geschah, 241

       Vom Ersten bis zum Letzten, den Jemand nur sah,

       Hat Siegfried gefochten mit wehrlicher Hand:

       Er bringt reiche Geisel her in König Gunthers Land.

      "Die zwang mit seinen Kräften der streitbare Held, 242

       Wovon der König Lüdegast den Schaden nun behält

       Und vom Sachsenlande sein Bruder Lüdeger.

       Nun hört meine Märe, viel edle Königin hehr!

      "Gefangen hat sie beide Siegfriedens Hand: 243

       Nie so mancher Geisel kam in dieses Land,

       Als nun seine Kühnheit bringt an den Rhein."

       Ihr konnten diese Mären nicht willkommener sein.

      "Man führt der Gesunden fünfhundert oder mehr 244

       Und der zum Sterben Wunden, wißt, Königin hehr,

       Wohl achtzig blutge Bahren her in unser Land:

       Die hat zumeist verhauen des kühnen Siegfriedes Hand.

      "Die uns im Uebermuthe widersagten hier am Rhein, 245

       Die müßen nun Gefangene König Gunthers sein;

       Die bringt man mit Freuden her in dieses Land."

       Ihre lichte Farb erblühte, als ihr die Märe ward bekannt.

      Ihr schönes Antlitz wurde vor Freuden rosenroth, 246

       Da lebend war geschieden aus so großer Noth

       Der waidliche Recke, Siegfried der junge Mann.

       Sie war auch froh der Freunde und that wohl weislich daran.

      Die Schöne sprach: "Du machtest mir frohe Mär bekannt: 247

       Ich laße dir zum Lohne geben reich Gewand,

       Und zehn Mark von Golde heiß ich dir tragen."

       Drum mag man solche Botschaft reichen Frauen gerne sagen.

      Man gab ihm zum Lohne das Gold und auch das Kleid. 248

       Da trat an die Fenster manche schöne Maid

       Und schaute nach der Straße, wo man reiten fand

       Viel hochherzge Degen in der Burgunden Land.

      Da kamen die Gesunden, der Wunden Schar auch kam: 249

       Die mochten grüßen hören von Freunden ohne Scham.

       Der Wirth ritt seinen Gästen entgegen hocherfreut:

       Mit Freuden war beendet all sein mächtiges Leid.

      Da empfieng er wohl die Seinen, die Fremden auch zugleich, 250

       Wie es nicht anders ziemte dem Könige reich,

       Als denen gütlich danken, die da waren kommen,

       Daß sie den Sieg mit Ehren im Sturme hatten genommen.

      Herr Gunther ließ sich Kunde von seinen Freunden sagen, 251

       Wer ihm auf der Reise zu Tode wär erschlagen,

       Da hatt er nicht verloren mehr als sechzig Mann;

       Die muste man verschmerzen, wie man noch Manchen gethan.

      Da brachten die Gesunden zerhauen manchen Rand 252

       Und viel zerschlagener Helme in König Gunthers Land.

       Das Volk sprang von den Rossen vor des Königs Saal;

       Zu liebem Empfange vernahm man fröhlichen Schall.

      Da gab man Herbergen den Recken in der Stadt. 253

       Der König seine Gäste wohl zu verpflegen bat;

       Die Wunden ließ er hüten und warten fleißiglich.

       Wohl zeigte seine Milde auch an seinen Feinden sich.

      Er sprach zu Lüdegeren: "Nun seid mir willkommen! 254

       Ich bin zu großem Schaden durch eure Schuld gekommen:

       Der wird mir nun vergolten, wenn ich das schaffen kann.

       Gott lohne meinen Freunden: sie haben wohl an mir gethan."

      "Wohl mögt ihr ihnen danken," sprach da Lüdeger, 255

       "Solche hohe Geisel gewann kein König mehr.

       Um ritterlich Gewahrsam bieten wir großes Gut

       Und bitten, daß ihr gnädiglich an euern Widersachern thut."

      "Ich will euch," sprach er, "Beide ledig laßen gehn; 256

       Nur daß meine Feinde hier bei mir bestehn,

       Dafür verlang ich Bürgschaft, damit sie nicht mein Land

       Räumen ohne Frieden." Darauf boten sie die Hand.

      Man brachte sie zur Ruhe, wo man sie wohl verpflag. 257

       Und bald auf guten Betten mancher Wunde lag.

       Man schenkte den Gesunden Meth und guten Wein;

       Da konnte das Gesinde nicht wohl fröhlicher sein.

      Die zerhaunen Schilde man zum Verschluße trug; 258

       Blutgefärbter Sättel sah man da genug.

       Die ließ man verbergen, so weinten nicht die Fraun.

       Da waren reisemüde viel gute Ritter zu schaun.

      Seiner Gäste pflegen hieß der König wohl; 259

       Von Heimischen und Fremden lag das Land ihm voll;

       Er ließ die Fährlichwunden gütlich verpflegen:

       Wie hart war darnieder nun ihr Uebermuth gelegen!

      Die Arzneikunst wusten, denen bot man reichen Sold, 260

       Silber ungewogen, dazu das lichte Gold,

       Wenn sie die Helden heilten nach des Streites Noth.

       Dazu viel große Gaben der König seinen Gästen bot.

      Wer wieder heimzureisen sann in seinem Muth, 261

       Den bat man noch zu bleiben, wie man mit Freunden thut.

       Der König gieng zu Rathe, wie er lohne seinem Lehn:

       Durch sie war sein Wille nach allen Ehren geschehn.

      Da sprach der König Gernot: "Laßt sie jetzt hindann; 262

       Ueber sechs Wochen, das kündigt ihnen an,

       Sollten sie wiederkehren zu einem Hofgelag:

       Heil ist dann wohl Mancher, der jetzt schwer verwundet lag."

      Da bat auch um Urlaub Siegfried von Niederland. 263

       Als dem König Gunther sein Wille ward bekannt,

       Bat er ihn gar minniglich, noch bei ihm zu bestehn;

       Wenn nicht um seine Schwester, so wär es nimmer geschehn.

      Dazu war er zu mächtig, daß man ihm böte Sold, 264

       So sehr er es verdiente. Der König war ihm hold

       Und all seine Freunde, die das mit angesehn,

       Was da von seinen Händen war im Streite geschehn.

      Er dachte noch zu bleiben um die schöne Maid; 265

       Vielleicht, daß er sie sähe. Das geschah auch nach der Zeit:

       Wohl nach seinem Wunsche ward sie ihm bekannt.

       Dann ritt er reich an Freuden heim in seines Vaters Land.

      Der Wirth bat alle Tage


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