Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz

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Die Kreuzritter - Henryk Sienkiewicz


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Macko, müßt vor allem erst wieder gesunden ... Jagienka wird für Euch sorgen, denn auf Eurem Gehöfte fehlt es an pflegekundigen Frauenhänden. Schau, schau, daß Euch aber auch ein solches Ding zwischen den Rippen stecken muß ... Das läßt sich schwer heilen. So, nun laß Dich anschauen!« wandte er sich hierauf zu Zbyszko. »Herr, Du mein Gott! Dich habe ich als ein winziges Kerlchen in der Erinnerung, das am Pelzzipfel dem Holzhauer auf den Rücken kletterte, und nun, traun, was für ein Ritter bist Du geworden! Vom Kopf bis zu den Füßen ein ganzes Herrlein, aber dabei ein breitschultriger Bursche ... So einer, wie Du, kann's mit jedem Bären aufnehmen.«

       »Ach was, mit einem Bären!« rief jetzt Macko. »Viel jünger war er noch, als ihn ein Friese ›Milchbart‹ nannte; dies gefiel ihm aber ganz und gar nicht, und ohne weiteres riß er jenem mit der Hand alle Barthaare aus, so ...«

       »Ich weiß es,« unterbrach Zych den Sprechenden. »Es ist zwischen Euch zum Kampfe gekommen, und Ihr habt es Euerm Feinde schon heimgezahlt. Das alles hat mir der Herr aus Taczew berichtet:

      Einen großen Gewinn trug der Friese davon,

       Man begräbt ihn mit leerer Tasche.

       Juchhe, Juchhe!«

       Während des Gesanges ruhten seine Augen voll Bewunderung auf Zbyszko, der wieder seinerseits die große, kräftige Gestalt Zychs, dessen hageres Gesicht mit der ungeheuern Nase und den runden lachenden Augen neugierig musterte.

       »Oh,« erklärte der junge Ritter endlich, »mit einem solchen Nachbarn kann es uns nicht schlimm ergehen, wofern Gott meinen Ohm gesunden läßt.«

       »Am besten versteht man sich mit einem frohen Nachbarn, denn Frohsinn läßt keinen Hader aufkommen,« rief Zych. »Jetzt aber hört, was ich Euch als guter Christ sage. Gar lange seid Ihr nicht mehr in Eurer Heimat gewesen, wie werdet Ihr daher Bogdaniec finden? Ich rede jetzt nicht von der Bewirtschaftung – denn der Abt versteht zu wirtschaften ... Ein ganzes Stückchen Wald ließ er ausroden und siedelte neue Bauern an. Aber da er fast immer abwesend ist, steht die Speisekammer sicherlich leer, und im Hause wird es, traun, ebenso an Geräten fehlen, wie an Strohbündeln zum Schlafen – ein Kranker bedarf aber der Fürsorge. Deshalb, wißt Ihr was? Begebt Euch mit mir nach Zgorzelic. Mir liegt daran, daß Ihr einen, daß Ihr zwei Monate bleibt, und während dieser Zeit kann Jagienka an Bogdaniec denken. Beratet Euch nur mit ihr, dann wird Euch der Kopf nicht schmerzen. Zbyszko soll sich der Bewirtschaftung annehmen, den geistlichen Abt aber bringe ich zu Euch nach Zgorzelic, damit Ihr sofort mit ihm ins reine kommt ... Eurer, Macko, wird das Mädchen wie eines Vaters warten, für Kranke ist weibliche Pflege besser als jede andere. Nun, zu was entschließt ihr Euch? Erfüllt meine Bitte!«

       »Es ist eine bekannte Sache, welch guter Mensch Ihr seid, wie gut Ihr stets wart,« entgegnete Macko, sichtlich gerührt, »aber seht Ihr, wenn ich denn doch durch diese verdammte Eisenspitze sterben muß, die mir zwischen den Rippen steckt, so möchte ich das auf meinem eigenen Grund und Boden. Denn, wenn man auch krank ist, kann man sich doch um manches kümmern, nach manchem fragen und manches erledigen. Wen der Herr ins Jenseits beruft, dem ist nicht mehr zu helfen. Ob ihm nun gute Pflege, ob ihm geringe Pflege zu teil wird, er muß dem Rufe folgen. An Beschwerden sind wir durch den Krieg gewöhnt. Selbst ein Erbsenbündel ist dem angenehm, der einige Jahre auf der nackten Erde schlief. Doch für Eure Güte danke ich Euch von Herzen, und so ich Euch nicht mehr dafür lohnen kann, wird Euch Zbyszko mit Gottes Hülfe dafür lohnen.«

       Zych aus Zgorzelic, welcher thatsächlich wegen seiner Güte und seiner Hilfsbereitschaft weithin bekannt war, hörte jedoch nicht auf, den Verwundeten mit Bitten zu bestürmen. Macko aber blieb fest und erklärte stets von neuem, er wolle auf seinem eigenen Gehöfte sterben, wenn er denn doch aus dieser Welt scheiden müsse. Lange Jahre hindurch sei es ihm nicht vergönnt gewesen, Bogdaniec wieder zu sehen, jetzt aber seien sie nicht mehr weit davon entfernt, nichts könne ihn daher zurückhalten, wenn schon er vielleicht nur seine letzte Nacht daselbst zubringen werde. Gott, der Herr, sei gnädig, er gewähre ihm vielleicht seinen Wunsch, auf heimatlicher Erde die Augen zu schließen.

       Bei diesen Worten trocknete er die Thränen, welche über seine Wangen flossen, dann schaute er umher und fügte hinzu: »Wenn dies die Wälder des Wilk aus Brzozowa sind, dann erreichen wir schon gegen Mittag die Heimat.«

      ... auf dem flinken Renner sprengte ein Mädchen auf ihn zu, das wie ein Mann zu Pferde saß, die Armbrust in der Hand hielt, den Jagdspeer über die Schultern trug.

       »Des Wilk aus Brzozowa! Die Wälder sind ja gegenwärtig im Besitze des Abtes,« warf Zych ein.

       Daraufhin flog ein Lächeln über das Antlitz des kranken Macko, und er bemerkte nach kurzem Sinnen: »Wenn sie der Abt im Besitze hat, dann werden sie vielleicht dermaleinst uns gehören.«

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      ... auf dem flinken Renner sprengte ein Mädchen auf ihn zu, das wie ein Mann zu Pferde saß, die Armbrust in der Hand hielt, den Jagdspeer über die Schultern trug.

      »Ei, ei, vor wenigen Minuten sprach er vom Tode,« rief Zych fröhlich, »und jetzt hofft er auf einmal vom Abte die Wälder zu erhalten.«

       »Nicht für mich hoffe ich das, sondern für Zbyszko.«

       Zych wollte antworten, doch er hielt plötzlich inne. Ein Hornsignal tönte aus dem Walde wie aus weiter Ferne zu ihnen herüber. Alle lauschten gespannt.

       »Wer mag hier jagen?« rief Zych. »Seien wir auf unserer Hut.«

       »Vielleicht der Abt. Sehr willkommen wäre es mir, wenn wir mit ihm zusammentreffen würden.«

       »Verhaltet Euch still!« wandte sich nun Zych zu dem Gefolge. »Bewegt Euch nicht von der Stelle.«

       Diesem Befehle wurde sofort Folge geleistet. Näher und näher klang das Hornsignal, und jetzt, mit einem Male hörte man Hundegebell.

       »Ruhig gestanden!« wiederholte Zych. »Sie kommen –«

       Zbyszko schwang sich inzwischen vom Pferde, indem er rief: »Reicht mir die Armbrust! Möglicherweise wird ein wildes Tier auf uns gejagt. Rasch, rasch!«

       Schnell riß er einem Knechte die Armbrust aus der Hand, stützte sie auf die Erde, stemmte sich mit dem Bauche dagegen, beugte sich vor, drückte den Bügel zum Bogen zusammen, packte mit den Fingern beider Hände die Sehne, spannte sie wie der Blitz auf den eisernen Schneller, legte den Pfeil auf und hielt die Waffe vor sich, gegen den Wald gerichtet.

       »Er hat sie gespannt! Ohne Kurbel hat er sie gespannt!« flüsterte Zych, von Staunen über diese unvergleichliche Kraft ergriffen.

       »Hoho! Das ist ein Riesenbursche!« murmelte Macko voll Stolz.

       Mittlerweile kam das Hornsignal und das Hundegekläffe immer näher. Auf der rechten Seite des Waldes wurde schweres Stampfen, das Krachen von Aesten und Sträuchern hörbar, bis plötzlich aus dem Dickicht, wie ein Sturmwind, ein alter zottiger Auerochse hervorbrach, den ungeheuren Kopf tief gesenkt, mit blutunterlaufenen Augen und weit heraushängender Zunge, Schrecken erregend, furchtbar anzuschauen. Das Gehölze auf der andern Seite der Straße zu erreichen suchend, setzte das Tier zum Sprunge an, fiel dabei auf die Vorderfüße, erhob sich jedoch rasch wieder und wollte gerade in das gegenüberliegende Dickicht eindringen, da schwirrte plötzlich, Unglück verheißend, die Sehne einer Armbrust, ein Pfeil sauste durch die Luft, der Auerochse bäumte sich wild auf, zuckte zusammen und stürzte, laut brüllend, wie von einem Blitzstrahle getroffen, zur Erde.

       Zbyszko bewaffnete sich mit der Lanze und spannte aufs neue die Armbrust, dann näherte er sich, zum Schusse bereit, dem sich umherwälzenden Tiere, das mit seinen zottigen Beinen die Erde ringsum aufgewühlt hatte.

       Nach einem kurzen Blick auf den Auerochsen wandte er sich zu dem Gefolge und rief


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