Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz

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Die Kreuzritter - Henryk Sienkiewicz


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Nun begann Macko aufzuzählen, was ihnen alles zugeschickt werde, als er indessen die beiden Polster erwähnte, erklärte Zbyszko: »Wenn ich auch gern auf gereinigten Häuten liege, danke ich Euch doch, daß Ihr meiner gedacht habt.«

       »Nicht ich that dies, sondern der Vater,« bemerkte Jagienka errötend. »Wenn Ihr aber lieber auf Häuten, als auf Polstern schlaft, so thut Euch keinen Zwang an.«

       »Ich ziehe Häute vor. Mehr als einmal pflegte ich im Kriege, nach einem Kampfe, einen erschlagenen Kreuzritter unter dem Kopfe zu haben, wenn ich schlief.«

       »Wenn Ihr aber einmal von den Kreuzrittern getötet werdet? Seid Ihr denn sicher, daß dies nie geschieht?«

       Statt aller Antwort lachte Zbyszko laut auf, Macko aber entgegnete: »Danke dem Schöpfer, Mädchen, daß Du ihn nicht kennst! Nichts, nichts hat er gethan, als auf die Deutschen eingehalten, daß es nur so sauste. Mit der Lanze, mit dem Schwerte, mit allem möglichen schlug er zu, und wenn er nur einen Kreuzritter von weitem erblickte, stürzte er sich auf ihn, selbst wenn man ihn mit aller Gewalt zurückhalten wollte. Vor Krakau band er sogar mit dem Gesandten Lichtenstein an, und es hätte nicht viel gefehlt, so wäre er deshalb um seinen Kopf gekommen. So ist dieser Bursche! Und von zwei Friesen kann ich Dir erzählen, von denen wir so viel Knechte und Beute gewonnen, daß wir mit der Hälfte Bogdaniec auslösen könnten.«

       Ausführlich schilderte nun Macko den Kampf mit den Friesen und kam dann auf andere Abenteuer, die sie bestanden, auf andere Thaten, die sie ausgeführt hatten, zu sprechen. Er berichtete, wie sie sowohl innerhalb der Wälle wie auf offenem Felde mit den hervorragendsten Rittern aus den entferntesten Ländern zusammengestoßen waren. Was erzählte er nicht alles! Sie kämpften mit Deutschen, sie kämpften mit Franzmännern, sie kämpften mit Engländern und mit Burgundern. So stürmisch ging es gar häufig in dem Streite zu, daß Pferde, Leute, Waffen und die Deutschen mit ihren Federbüschen geradezu einen einzigen Knäuel zu bilden schienen. Und was sie nicht alles gesehen hatten! Schlösser der Kreuzritter mit roten Ziegeldächern, litauische Burgen, aus Holz erbaut, Kirchen, wie es um ganz Bogdaniec keine gab, Städte und ungeheure Wüsteneien mit ihren Heidentempeln, durch die des Nachts der Wind heulte, und viele, viele andere Herrlichkeiten. Wo es aber auch zum Kampfe gekommen sein mochte, hei, da war Zbyszko stets der erste gewesen, ihn hatten die berühmtesten Ritter bewundert.

       Auf dem Baumstumpfe neben Macko sitzend, lauschte Jagienka mit offenem Munde dieser Erzählung, indem sie ihr Köpfchen, gerade als ob es in einer Schraube wäre, bald zu Macko bald zu Zbyszko drehte. Auf dem jungen Ritter aber ruhten ihre Blicke stets mit der größten Bewunderung. Als Macko schließlich zu Ende gekommen war, atmete sie tief auf und rief: »Daß doch Gott einen solchen Menschen erschaffen hat!«

       Zbyszko aber, der während der ganzen Erzählung das junge Mädchen fast forschend betrachtet hatte, dachte augenscheinlich jetzt an etwas ganz anderes, denn er rief mit einem Male: »Und auch ein so schönes Mädchen!«

       Darauf erwiderte Jagienka halb ärgerlich, halb schmerzlich: »Ihr seid viel schöner als ich.«

       Ohne sich indessen einer Lüge schuldig zu machen, konnte ihr Zbyszko erwidern, daß er noch nicht viele gesehen habe, die sich ihr vergleichen ließen, war doch Jagienka das Bild von Jugend, Gesundheit und Kraft. Der alte Abt pflegte nicht mit Unrecht zu sagen, sie sei schön wie die Holderblüte und schlank wie die Tanne.

       Und schön war alles an ihr: ihre schlanke Gestalt, die breiten Schultern, die roten Lippen, die blauen, scharfblickenden Augen. Sie war auch weit sorgfältiger gekleidet als damals im Walde, ihren Hals schmückten rote Perlen, sie trug ein grünes, mit Pelz gefüttertes, nach vorn geöffnetes Obergewand, mit einem Unterkleid aus gestreifter Leinwand, ihre Füße staken in neuen Schuhen. Sogar dem alten Macko fiel die prächtige Kleidung auf, und indem er das junge Mädchen aufmerksam betrachtete, fragte er: »Weshalb hast Du Dich geschmückt wie zum Kirchgange?«

       Statt jeder Antwort rief sie aber: »Die Wagen kommen, die Wagen kommen!«

       Kaum waren diese vorgefahren, sprang sie darauf zu, und Zbyszko folgte ihr. Das Abladen währte bis Sonnenuntergang, zur großen Genugthuung Mackos, der jeden einzelnen Gegenstand persönlich in Augenschein nahm und für jeden Jagienka aufs neue pries. Es dämmerte schon vollständig, als das junge Mädchen sich zum Weggehen anschickte. Das Pferd ward vorgeführt, und ehe sie auch nur ein Wort des Widerspruchs erheben konnte, hatte Zbyszko sie umfaßt und in den Sattel gehoben. Eine tiefe Röte überzog ihr Antlitz, sie wendete sich von ihm ab und sagte mit einer etwas gepreßten Stimme: »Was seid Ihr für ein kräftiger Bursche!«

       Er hingegen, der durch die Dunkelheit weder ihr Erröten, noch ihre Verlegenheit zu bemerken schien, lächelte fröhlich und fragte: »Fürchtet Ihr Euch nicht vor wilden Tieren? Es ist ja schon Nacht.«

       »Auf einem der Wagen liegt mein Speer, holt mir ihn.«

       Zbyszko eilte zu dem Wagen, holte die Waffe und überbrachte sie Jagienka.

       »Lebt wohl!«

       »Lebt wohl!«

       »Der Herr lohne Euch alles! Morgen oder übermorgen komme ich nach Zgorzelic um mich bei Zych und bei Euch für Euer nachbarliches Thun zu bedanken.«

       »Ihr kommt also! Wie froh werde ich darüber sein. Vorwärts!« Und das Pferd antreibend, war sie binnen kurzem im Dickicht verschwunden.

       Zbyszko trat nun zu seinem Ohm. »Es ist wohl Zeit für Euch, ins Haus zurückzukehren.«

       Ohne sich indessen von dem Baumstumpfe zu erheben, rief Macko: »Hei! Welch ein Mädchen! Bei ihrem Kommen scheint alles in Sonnenlicht getaucht zu sein.«

       »Das ist wahr!«

       »Und zu kleiden weiß sie sich, und zu wirtschaften versteht sie, trotzdem sie kaum fünfzehn Jahre zählt.«

       »Nun!« rief Zbyszko, »der alte Zych liebt sie auch wie seinen Augapfel.«

       »Und er sagte, Moczydoly falle ihr zu, und dort auf den Wiesen weideten viele Stuten und Hengste.«

       »In den Wäldern von Moczydoly befinden sich wohl große Sümpfe?«

       »In denen zahllose Biberbaue sind.«

       Aufs neue trat Schweigen ein. Macko warf einen prüfenden Blick auf Zbyszko, dann fragte er: »Ueber was sinnst Du? An was denkst Du?«

       »Ach, seht Ihr. Jagienka erinnert mich so sehr an Danusia, daß mir das Herz weh thut.«

       »Kehren wir in das Haus zurück!« bemerkte jetzt der alte Edelmann. »Es ist spät geworden.«

       Und sich mühsam erhebend, stützte er sich auf Zbyszko, der ihn in die Kammer geleitete.

       Schon am folgenden Tage begab sich Zbyszko nach Zgorzelic, dem Drängen Mackos folgend, welcher den Bruderssohn auch veranlaßte, um die Bedeutung des Besuches zu erhöhen, zwei Knechte mitzunehmen und sich selbst in den höchsten Staat zu werfen. Damit sollte Zych, dem man darthun wollte, wie sehr man ihm zu Dankbarkeit verpflichtet sei, ganz besonders geehrt werden. Zbyszko hatte sich auch in der That wie zu einem Feste gekleidet, trug er doch die prächtige weiße Atlasjacke, mit goldenen Fransen geziert und mit goldenen Greifen bestickt. Singend und mit offenen Armen empfing ihn Zych, Jagienka hingegen, die gerade in die Stube trat, blieb wie angewurzelt auf der Thürschwelle stehen, und es hätte nicht viel gefehlt, so wäre ihr beim Anblick des Jünglings die Weinflasche aus den Händen gefallen, denn so wie er, dünkte ihr, könne nur ein Königssohn erscheinen. Mit ihrer sonstigen Kühnheit war es vorbei, still setzte sie sich nieder und rieb nur von Zeit zu Zeit die Augen, als ob sie eben aus dem Schlafe erwache. Der junge Ritter aber, dem es an Erfahrung gebrach, glaubte nicht anders, als daß sie aus einem ihm unbekannten Grunde ihn nicht gern hier sehe, und unterhielt sich infolgedessen ausschließlich


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