Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
Читать онлайн книгу.der Lärchner ist wieder gesund, und er selber müßte Anzeige gegen den Loisl erstatten, wegen Körperverletzung, oder was weiß ich – dann gäbe es vielleicht einen Staatsanwalt, der sich damit befaßt. Aber so – Blumenpflücken im Mondenschein und Beschwörungsformeln – das mag zwar verrückt sein, verboten ist’s aber net.«
Toni Wiesinger atmete tief durch. Er hatte beinahe geahnt, daß er mit seinem Vorhaben, den Brandhuber anzuzeigen, keinen Erfolg haben würde. Aber, nachdem er in der Nacht wieder nach Hause gegangen war, hatte er kein Auge mehr zugebracht, und den ganzen Sonntag über hatte er sich so geärgert, daß er sich endlich Luft machen mußte. Doch im Grunde wußte er, daß der Polizist recht hatte.
»Ich seh’s ein«, nickte er resigniert und stand auf. »Aber die Leut’ soll’n sich net wundern, wenn sie wie die Fliegen wegsterben, weil sie sich solch dubiosen Künsten anvertrauen.«
Auf dem Weg in seine Praxis schaute er in der Kirche vorbei. Betrübt erzählte er Pfarrer Trenker von seinen Erlebnissen mit dem alten Kauz. Sebastian konnte auch nicht mehr tun, als verständnislos mit dem Kopf schütteln.
»Des Menschen Dummheit ist oft grenzenlos«, sagte er tröstend und lud den Arzt für den Abend auf ein Glas Wein ein.
Toni Wiesinger sagte freudig zu und verabschiedete sich.
*
Nachdem der Arzt gegangen war, steckte Max Trenker seinen Kopf erst einmal unter den Wasserhahn. Schnaufend und prustend ließ er sich das kalte Wasser darüber laufen.
Der Tag fängt ja gut an, dachte er, wenn man wegen solch einer Lappalie aus dem Bett geholt wird. Das einzig Gute daran war, daß er so seinen Dienst nicht verschlafen hatte. Vielleicht hätte es sogar niemand bemerkt, Max arbeitete in der Dienststelle alleine, doch war es in den beinahe fünfzehn Dienstjahren, die Max nun schon Polizeibeamter war, noch nie vorgekommen, daß er zu spät kam.
Wäre ja auch noch schöner, wenn so ein bißchen feiern einen von seinen Pflichten abhalten könnte!
Das Telefon klingelte. Max trocknete sich das Haar mit einem Tuch ab und nahm gleichzeitig den Hörer ab.
»Polizeidienststelle Sankt Johann, Maximilian Trenker am Apparat«, meldete er sich.
»Grüß Gott, Max, ich bin’s, die Theresa«, vernahm er die fröhliche Stimme seiner gestrigen Tanzpartnerin.
»Grüß’ dich, Resl«, sagte er, ein wenig verdutzt. »Was verschafft mir die Ehre deines Anrufes?«
»Du warst gestern plötzlich verschwunden«, klagte das Madel. »Ohne dich zu verabschieden. Das war net schön von dir!«
Max schmunzelte, eingedenk der wilden Küsse im Gang hinter der Bar. Busseln konnte das Madel, das mußte man ihm lassen.
»Tut mir leid, Resl«, entschuldigte er sich. »Weißt’, mir war net gut. Mein Bruder hat mich nach Haus’ gefahren.«
»Aber, das versteh’ ich doch«, flötete Theresa. »Aber sag’, wann sehn’ wir uns denn wieder?«
Max schluckte schwer. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Sollte sich das Madel wirklich in ihn verliebt haben?
Heiliger Valentin, steh’ mir bei, nur das net!
»Ja…, also weißt’…«, stotterte er. »Eigentlich hab’ ich gar kein’ rechte Zeit. Heut’ net und morgen auch net. Mein Bruder, also, der Herr Pfarrer, ja also, der braucht mich unbedingt in einer wichtigen Angelegenheit. Da braucht er meine Hilfe…«
Theresa schwieg einen Augenblick.
»Also gut, dann übermorgen«, sagte sie entschieden. »Am Abend. Der Vinzenz hat ’was mit dir zu bereden, meint er. Wegen uns – da gäb’ es noch allerhand zu regeln.«
Max glaubte, nicht recht verstanden zu haben.
»Was meinst du?« rief er ins Telefon. »Wieso wegen uns? Was heißt das?«
Er spürte, wie es ihm heiß und kalt wurde, aber Theresa antwortete nicht mehr. Statt dessen hauchte sie ihm einen Kuß durch die Leitung und legte auf.
Max stand einen Moment wie ein begossener Pudel da und starrte den Telefonhörer an, den er immer noch in der Hand hielt. Was das Madel da gerade gesagt hatte – das verhieß nichts Gutes. Der junge Polizist spürte förmlich körperlich, wie sich da eine Falle um ihn zusammenzog.
*
»Sind wir net bald da?« fragte Hubert Brunnenmayr und verzog das Gesicht vor Schmerzen.
Er saß auf der hintersten Bank des kleinen Reisebusses und hoffte, daß die Fahrt bald zu Ende sein möge. Lange würde er es nicht mehr aushalten, die Schmerzen im Bauch wurden immer unerträglicher.
»Ich frag’ mal«, sagte Heinrich Burghaller.
Der junge Mann stand auf und ging nach vorne zum Busfahrer. Die zehn anderen Reisegefährten bekamen von alledem nichts mit. Es war eine fröhliche Runde von zwölf gestandenen Mannsbildern, Mitglieder des Kegelclubs »Alle Neune«, die zu einem Ausflug unterwegs waren. Ihr Ziel war St. Johann, wo sie im Hotel »Zum Löwen« Zimmer gebucht hatten. Sie wollten einmal ein Wochenende ohne ihre Ehefrauen verbringen. Dementsprechend ging es in dem Reisebus hoch her, und die Stimmung war gleich nach der Abfahrt auf dem Höhepunkt angelangt.
Hubert Brunnenmayr plagten bereits seit ein paar Tagen arge Bauchweh, und er hatte schon überlegt, ob er nicht besser zu Hause bleiben sollte. Doch dann hatten die Kegelbrüder auf ihn eingeredet, und die Schmerzen waren zeitweise sogar ganz fort gewesen, so daß er sich entschloß, doch mitzufahren. Nun waren die Bauchweh wiedergekommen, ärger als zuvor. Hubert verzog wiederholt das Gesicht und krümmte sich.
»Der Fahrer meint, in einer Viertelstunde sind wir da«, verkündete Heinrich Burghaller und setzte sich wieder. »Sind wohl sehr schlimm, die Schmerzen, was?«
Hubert Brunnenmayr nickte nur stumm.
»Komm, trink’ einen Schluck, das hilft«, meinte Heinrich und hielt ihm die Enzianflasche hin.
Hubert schüttelte den Kopf.
»Besser net«, antwortete er. »Ich leg’ mich gleich ins Bett, wenn wir da sind. Vielleicht hilft ein Kamillentee.«
Heinrich schüttelte sich, mußte dem Kegelbruder aber recht geben – Enzian war vielleicht doch nicht die richtige Medizin.
Endlich hielt der Bus auf dem Parkplatz des Hotels. Die Männer stiegen aus, und der Fahrer holte das Gepäck aus der Luke an der Seite.
»Also, dann wünsche ich ein schönes Wochenende«, sagte er zum Abschied. »Am Sonntag abend hol’ ich euch wieder ab.«
Der Löwenwirt, Sepp Reisinger, und seine Frau, Irma, begrüßten die Gäste und verteilten die Zimmer. Hubert Brunnenmayr bestellte ein Glas Kamillentee und legte sich gleich ins Bett, während die anderen der Reisegruppe es sich erst einmal im Gastraum gemütlich machten. Heinrich Burghaller, der das Zimmer mit Hubert teilte, vergewisserte sich, daß es dem Kegelbruder etwas besser ging, bevor er sich zu den anderen gesellte.
»Brauchst’ wirklich nix mehr? Oder sollen wir besser einen Arzt kommen lassen?«
»Nein, nein«, wehrte Hubert ab. »Es geht schon. Wirklich, mach’ dir keine Gedanken.«
Die Gruppe hatte für den morgigen Tag eine Wanderung in die Berge geplant, und Hubert freute sich schon riesig darauf. Bestimmt würden die Schmerzen nach ein paar Stunden Schlaf wie fortgeblasen sein.
*
Im Gastraum herrschte Hochstimmung. Die beiden feschen Kellnerinnen, die große Platten und Schüsseln mit Braten, Knödeln und Kraut servierten, fanden den Beifall der männlichen Gäste.
»Wie geht’s dem Hubert?« fragte einer, nachdem Heinrich sich gesetzt hatte.
Er winkte ab.
»Er sagt zwar, daß es ihm besser geht, aber ich weiß net recht…«, erwiderte Heinrich Burghaller. »Vielleicht sollten wir doch besser