Funkelpony Bundle. Bände 1-3. Emily Palmer
Читать онлайн книгу.selten vor, dass das Pony so ruhig war. Aber für ein paar Streicheleinheiten machte die lebhafte Sunny offensichtlich eine Ausnahme.
Fiona bürstete Sunny nun mit einer Kardätsche glatt. Als sie abschließend die Mähne und die Stirnfransen kämmte, stießen ihre Finger gegen etwas Hartes. „Der Stein!“, hauchte Fiona. Sie ließ den Mähnenkamm fallen und löste die Strähnen auseinander. Zart schimmernd lag der goldene Edelstein auf Sunnys Stirn, den Fiona schon vor ein paar Tagen auf der Koppel bemerkt hatte. Fiona berührte ihn vorsichtig mit den Fingerspitzen. Der Stein fühlte sich glatt und warm an, so warm wie Sunnys Fell.
„Was ist das bloß?“, fragte Fiona das Pony leise. Es schnaubte und ruckte mit dem Kopf hin und her, als wollte es sagen: Das verrat ich dir nicht … Finde es selbst heraus!
Fiona nahm den goldenen Stein nun ganz in die Hand und betrachtete ihn von allen Seiten. Auf der Rückseite war er ebenso fein geschliffen wie auf der Vorderseite. Durch ein Loch war eine Strähne von Sunnys Mähnenhaaren gefädelt, die darunter mit anderen Haaren zum Zopf geflochten waren. So saß der Stein ganz fest.
Plötzlich traf ein heller Lichtstrahl Fionas Augen. Sie blinzelte. Der Stein funkelte hell auf, wie tausend Sterne in der Nacht. Erschrocken ließ Fiona los. Sunny schüttelte erneut den Kopf, ihre Mähne flog hin und her und der Stein verschwand wieder unter den Stirnfransen.
Fiona stand wie betäubt neben ihr. Hatte sie sich das gerade nur eingebildet oder hatte der Stein wirklich so hell geleuchtet? Sie wühlte ihre Finger in die Mähne des Ponys und holte den goldenen Stein noch einmal hervor. Matt schimmernd lag er auf ihrer Handfläche. Von einem hellen Funkeln war nichts mehr zu erkennen. Sie sah sich um, ob vielleicht ein gebündelter Sonnenstrahl durch eins der Stallfenster fiel. Doch sie konnte nichts entdecken. Fiona erinnerte sich plötzlich, dass sie draußen auf dem Hof ein Rumpeln gehört hatte. Ein Blick aus der Box verriet ihr, dass ein Auto vor dem Wohnhaus parkte. Vorhin war es noch nicht da gewesen. Ob ein Sonnenstrahl vom Seitenspiegel in die Box geworfen worden war? So etwas musste es sein.
„Suchst du etwas?“ Leni stand plötzlich vor der Box. „Soll ich dir vielleicht die Sattelkammer zeigen? Oder brauchst du Hilfe beim Hufeauskratzen? Sunny ist manchmal ein bisschen bockig, aber das kriegen wir schon hin.“
Fiona schüttelte den Kopf und dann sprudelte es auch schon aus ihr heraus. „Da ist ein Stein in Sunnys Mähne eingeflochten, Leni, und der hat gerade ganz hell gefunkelt. Ich wurde richtig geblendet! Was hat das bloß zu bedeuten?“
Leni riss die Augen auf. Ausnahmsweise sagte sie nichts, gab keine Tipps und keine Erklärungen ab. Nachdem sie ein paarmal von Fiona zu Sunny und wieder zurück geschaut hatte, sagte sie: „Wir treffen uns in fünfzehn Minuten draußen hinter dem Stall. Ich hole Jana und Aurelia. Aber zu niemandem ein Wort!“ Leni lief davon und Fiona sah ihr verwirrt hinterher. Sie hatte keine Ahnung, warum Leni so geheimnisvoll tat. Aber eine Gelegenheit, sich mit ihr und Jana anzufreunden, wollte Fiona sich auf keinen Fall entgehen lassen. Und die Möglichkeit, etwas über den goldenen Stein in Sunnys Mähne zu erfahren, natürlich auch nicht.
Zehn Minuten später hatte Fiona Sunny fertig geputzt und sich mit ganz viel Streicheln und Schmusen verabschiedet. Leonore Lichtenberg kam, um nach den Ponys zu sehen.
„Darf ich noch ein wenig bleiben, Frau Lichtenberg … ich meine, Leo?“, fragte Fiona. „Leni wollte mir den Hof zeigen.“
Leonore nickte. „Aber klar“, sagte sie. „Deine Eltern bezahlen zwei Reitstunden die Woche. Wenn du jeden Tag hilfst, so wie die anderen Mädchen, kannst du auch öfter kommen. Vorausgesetzt natürlich, du verstehst dich gut mit Sunny. Ich hoffe es auf jeden Fall für euch.“ Leonore sah sie und das Pony prüfend an.
„Und wie wir uns verstehen!“ Fiona strahlte. „Ich komme ab jetzt jeden Tag!“ Voller Begeisterung wuschelte sie Sunny noch einmal durch die Mähne. Dabei spürte sie den goldenen Stein unter den weichen Haaren. Fionas Herz klopfte heftiger. Es wurde wirklich Zeit, dass sie Leni und den anderen ein paar Fragen stellte.
Auf der Suche nach den drei Mädchen umrundete Fiona den Stall, vorbei an den Hängebauchschweinen Lise und Lotte. Unter einer knorrigen, riesengroßen Eiche an der Stallseite hörte Fiona einen schrillen Schrei. Ein schwarz-weißer Vogel flatterte aus den Ästen herab und landete vor Fiona. Dunkle Knopfaugen sahen sie an.
„Hallo, Frau Elster“, sagte Fiona leise. Sie hatte in ihrer alten Schule mal ein Referat über heimische Vögel gehalten und konnte sie gut unterscheiden. „Du bist hier auf dem Hof wohl Dauergast, oder?“
Die Elster legte den Kopf schief und sah Fiona eindringlich an, als würde sie sie ganz genau einschätzen. Fiona machte einen Schritt vorwärts. Krächzend flatterte die Elster davon.
Auf der Rückseite des Pferdestalls fand Fiona die anderen Mädchen. Unter einem Dachvorsprung lagerte Brennholz. Die würzig duftenden Scheite waren nicht sehr hoch gestapelt und bildeten eine gemütliche Sitzbank. Hier hatten es sich Leni, Jana und Aurelia bequem gemacht.
Leni winkte Fiona zu sich. Die kletterte auf die Scheite und zog die Beine an. Vor ihr breiteten sich saftige Wiesen bis zum Ufer des Lichtersees aus, der in der Ferne glitzerte. Davor erstreckte sich die Koppel mit den vielen Bäumen, auf der Fiona Sunny zum ersten Mal gesehen hatte.
„Also, Fiona“, begann Leni. „Erzähl doch mal Jana und Aurelia, was du mir erzählt hast.“
Fiona berichtete noch einmal von dem Goldstein in Sunnys Mähne und seinem hellen Funkeln. Leni, Jana und Aurelia sahen sich immer wieder groß an.
„Ja und?“, fragte Aurelia, als sie fertig war. Es klang sehr hochmütig und Fiona wurde sofort unsicher.
„Und? Ich weiß nicht … ich dachte, ihr könnt mir das erklären …“, stammelte sie.
Leni nickte freundlich. „Das können wir ja auch“, sagte sie. „Sunny ist …“
„Halt den Mund, Leni!“, fuhr Aurelia dazwischen. „Wir dürfen Fiona nichts verraten! Erstens ist Sunny seit Ewigkeiten auf Hof Lichtenberg und hat nie besondere Fähigkeiten gezeigt. Leo meinte schon oft, sie habe sich in Sunny geirrt. Ich verstehe nicht, warum sie Fiona überhaupt erlaubt, sie zu reiten.“
Fiona begriff nur die Hälfte von dem, was Aurelia sagte. „Und zweitens?“, fragte sie leise.
„Zweitens haben wir eine ganz besondere Verbindung zu unseren Ponys“, meinte Aurelia betont. „Und ich finde nicht, dass ausgerechnet Fiona irgendetwas ganz Besonderes an sich hat.“
Fiona spürte ein Kribbeln im Bauch. Natürlich war sie nichts Besonderes … Aber Sunny dafür umso mehr! Bevor sie jedoch etwas erwidern konnte, ergriff Jana das Wort. Sie sprach leise, aber sehr deutlich.
„Ich glaube, das stimmt nicht, Lia“, sagte sie. „Fionas und Sunnys Freundschaft ist ganz besonders. Wenn du nach der Reitstunde nicht sofort abgedampft wärst, hättest du es auch gesehen.“
Leni nickte. „Außerdem hat der Stein gefunkelt, Aurelia. Dagegen kannst auch du nichts sagen. Das verrät ja wohl alles.“
Fiona wurde langsam ungeduldig bei so viel Geheimnistuerei. „Könnt ihr mir vielleicht endlich sagen, was los ist?“, fragte sie.
Aurelia verschränkte die Arme und schaute starr zum Lichtersee hinunter. Leni aber wandte sich lächelnd an Fiona. „Pass auf“, sagte sie. „Es ist ein Riesengeheimnis, aber es ist wirklich wahr. Die Ponys vom Hof Lichtenberg haben alle Edelsteine in der Mähne. Wir nennen sie Funkelsteine! Sunnys Funkelstein hast du ja schon gesehen. Mithilfe des Steins können die Ponys ihre ganz besonderen Fähigkeiten einsetzen. Aber nicht allein, sondern nur zusammen mit ihren Reiterinnen. Wir Funkelmädchen tragen an einer Kette den gleichen Stein wie unsere Ponys. Immer wenn ein Stein funkelt, wissen wir: