Einmal mit der Katze um die halbe Welt. Martin Klauka

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Einmal mit der Katze um die halbe Welt - Martin Klauka


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es nicht auf direktem Wege lag, einen Abstecher ins benachbarte Bosnien-Herzegowina machen. Ich hatte diese Namen schon so oft gehört, wusste, abgesehen davon, dass es dort wohl noch immer viele Landminen gab – Überreste der Jugoslawienkriege –,fast nichts über dieses kleine Land. Zumindest hatte mir irgendjemand geraten, immer auf befestigten Wegen zu bleiben und keine Strecken jenseits der Straße zu erkunden.

      Doch zuerst einmal kamen wir überhaupt nicht in das Land hinein. Bisher hatten wir an den Grenzen nur eine einzige kleine Kontrollstelle passieren müssen. Doch nun schien es ein Problem mit Mogli zu geben. Es war nur ein kleiner Grenzübergang und wir waren eigentlich schon fast durch, als Mogli sehr zum Erstaunen des Grenzbeamten neugierig ihren Kopf aus dem Tankrucksack streckte. Der Mann traute seinen Augen nicht, und weil er weder zu wissen schien, welche Gesetze galten, noch ein Lesegerät für Moglis Chip hatte, schickte er uns sichtlich verwirrt zum nächstgrößeren Grenzübergang. Der war zum Glück nicht weit entfernt und dieses Mal sollte es klappen. Niemand wollte Moglis Pass sehen und in meinen eigenen gab es interessanterweise auch keinen Stempel. Egal! Wir hatten die Grenze hinter uns gelassen und waren in Bosnien-Herzegowina, dem vierten Land unserer Reise.

      Ich hatte keine Ahnung, wohin wir überhaupt fahren sollten, und so plante ich einfach mal eine Route Richtung Osten, ins Landesinnere. Irgendetwas würde sich schon ergeben. Wie immer mied ich Autobahnen und große Straßen und daher fanden wir uns schon bald tief inmitten endloser Wälder im Bosnischen Erzgebirge wieder. Asphalt hatte ich schon seit ein paar Stunden nicht mehr gesehen. Stattdessen kämpften wir uns auf ausgewaschenen, holprigen und rutschigen Waldwegen dahin.

      Mogli war zu meinem Erstaunen extrem gelassen. Einmal versuchte sie sogar, sich während der Fahrt zu putzen. Ich musste mir das Lachen verkneifen, als ich sah, wie sie wiederholt mit der Zunge ihre Pfoten verfehlte, weil die Königin unter uns so »herumhüpfte«. Kleiner Sturkopf! Sie hätte doch auch einfach warten können, bis wir wieder auf einer besseren Straße waren.

      Nach 200 Kilometern erreichten wir im Dunkeln endlich die kleine Stadt Fojnica. Sosehr ich es genossen hatte, stundenlang durch die Wälder zu fahren, war ich doch froh, wieder in der Zivilisation angekommen zu sein. Wir verbrachten fast eine Stunde mit der Suche nach einem Platz für unser Zelt, bis ich mich am Ende mit einem Fleckchen zwischen ein paar leer stehenden Lagerhallen in einem verlassenen Industriegebiet zufriedengab. Es war nicht perfekt, erfüllte jedoch die wichtigsten Kriterien: Wir waren versteckt und es gab genügend sichere Plätze für Mogli. Jetzt hieß es nur noch schnell den Proviant aufstocken und dann … Und dann sprang der Motor nicht mehr an. Auch das noch!

      Ich hatte nicht realisiert, dass durch die langsamen und mühsamen Waldwege der Kühlerventilator ständig gelaufen war und zusätzlich Strom verbraucht hatte. Zudem hatte ich auch noch alle Lichter eingeschaltet und nebenbei Telefon und Powerbank geladen. Das war dann wohl zu viel des Guten gewesen. Doch wo sollte ich jetzt meine Batterie aufladen? Eine Ladegerät hatte ich nicht dabei und ich brauchte eine Steckdose.

      Ich erinnerte mich, dass ich ein paar Hundert Meter entfernt ein Wirtshaus gesehen hatte. Dort könnte ich, wenn ich schon auf die Batterie warten musste, wenigstens ein Bier trinken. Und irgendwo musste ich schließlich anfangen zu suchen.

      Ich legte den zweiten Gang ein, schaltete die Zündung ein und schob die dicke Königin auf der geraden Straße an. Zum Glück fiel sie nicht um und so fuhr ich zu dem Wirtshaus mit dem treffenden Namen »Pub Riverside«. Noch während ich mein Motorrad abstellte, wurde ich vom Inhaber begrüßt. Er hieß Daniel, sprach zu meiner Überraschung Deutsch und versprach mir, gleich ein Ladegerät zu organisieren. Nur von meinem Plan zu campen riet er mir ab. Es gebe hier Wölfe und Bären, aber wenn ich wollte, dürfte ich mein Zelt im Garten des Wirtshauses aufbauen. Bis dorthin würden die wilden Tiere sich normalerweise nicht trauen. Ich war perplex: Über gefährliche Wildtiere hatte ich mir bisher keinerlei Gedanken gemacht. Es war mir einfach nicht in den Sinn gekommen, dass ich mich in Europa vor etwas anderem in Acht nehmen müsste als vor Wildschweinen und Schlangen. Vor einer Kneipe zu schlafen und nicht von Bären gefressen zu werden waren eindeutige Pluspunkte – und meine Batterie lud auch schon. Dankend nahm ich Daniels Einladung also an und verbrachte einen schönen Abend mit ihm und ein paar seiner Freunde. Er bestellte Pizza und bestand darauf, sie zu bezahlen. Nur für das Bier musste ich selbst aufkommen. Ich war wieder einmal überrascht von der Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, die Mogli und ich überall erfuhren. Seitdem denke ich nicht mehr zuerst an Krieg, wenn es um Bosnien-Herzegowina geht, sondern die Menschen, die ich dort kennenlernen durfte.

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      »Meine Maschine war schwer beladen. Doch die eindeutig wertvollste Fracht fuhr im Tankrucksack mit: Mogli.«

      SIGHTSEEING? FEHLANZEIGE!

      Am nächsten Tag war die Batterie geladen, sodass wir uns nach dem Frühstück weiter Richtung Süden aufmachen konnten. Die Straßen wurden nun noch kleiner und ich sorgte mich ernsthaft, dass noch einmal irgendetwas etwas schiefgehen könnte. Wir hatten am Vortag Glück gehabt, es war also besser, es jetzt nicht zu übertreiben. Ich verließ die geplante Route und folgte einem anderen Weg. Er war zwar auf keiner Karte eingezeichnet, sah aber besser aus und führte in Richtung einer größeren Straße. Inmitten dichter Rauchschwaden nahe gelegener Waldbrände bahnten wir uns unseren Weg durch die wunderbaren, aber manchmal unwirtlichen Wälder. Nach ein paar Stunden stießen wir tatsächlich auf die gut ausgebaute Hauptstraße. Mogli konnte es wohl nicht glauben, dass das Geholpere endlich vorbei war, und kam gleich heraus, um sich zu vergewissern.

      Der restliche Weg nach Mostar war im Vergleich dazu dann eine Kaffeefahrt. Wir quartierten uns in einem günstigen Motel ein, und obwohl der Hotelier zunächst überrascht war, als ich mit einer Katze auf der Schulter ankam, hatte er kein Problem mit Mogli.

      Während ich im Waschbecken meine Sachen auswusch, verschwand Mogli durchs offene Fenster – und über eine Mauer. Hoffentlich würde sie wiederkommen. Ich muss gestehen, dass ich sie am liebsten nie alleine rausgelassen hätte. Doch Mogli war und ist einfach unglaublich neugierig und liebt es, draußen die Umgebung zu erkunden, zu jagen und zu spielen. Das konnte ich ihr nie verwehren – vor allem wenn sie wie auf unseren langen Reise den ganzen Tag brav und ohne sich zu beschweren, im Tankrucksack ausgeharrt hatte. Und so hatte ich meist keine andere Wahl, als ihr und ihren Instinkten zu vertrauen und das Beste zu hoffen.

      Am nächsten Morgen entschied ich mich, mit der Prinzessin auf der Schulter Mostar zu erkunden. Ich parkte die Königin in der Nähe einer Brücke und sprang, während Mogli das Gebüsch untersuchte, erst einmal in die kühlende Neretva. Es gab dort dieselben Wasserschlangen, die ich bereits in Fojnica gesehen hatte, und ich fragte mich wie dort, ob sie wohl giftig wären. Aber nachdem sich niemand anderes an ihnen zu stören schien und sie auch nicht aggressiv wirkten, sollte es schon passen. Es war unglaublich heiß und ich brauchte dringend eine Abkühlung.

      Unsere Sightseeingtour durch Mostar war leider weniger erfolgreich. Ich trug meine klobigen Stiefel und war vollbepackt mit meinen Wertsachen, meinem Helm und der Motorradjacke. Ich schmolz in der Sonne förmlich dahin. Mogli ging es nicht viel besser. Sie war auf meiner Schulter ebenfalls der prallen Sonne ausgesetzt und wollte nur eins: runter. Weil auch noch ein Unwetter im Anmarsch war, brach ich den Versuch ab. Es sollte wohl nicht sein.

      Wir machten uns auf den Weg nach Ston, da Tonči mir ans Herz gelegt hatte, dort unbedingt die Meeresfrüchte zu probieren. Der Regen ließ nicht lange auf sich warten. Er holte uns ein, bevor wir die kroatische Grenze erreicht hatten. Es sollte ein nerviger Tag werden. Um nach Ston zu gelangen, das auf der Pelješac-Halbinsel in einer kroatischen Exklave liegt, mussten wir erst durch eine kleine Ecke von Kroatien fahren, dann bei Neum durch Bosniens einzigen kurzen Küstenstreifen und von dort aus wieder in kroatisches Staatsgebiet einreisen. Das hieß, wir mussten zweimal in die EU und einmal nach Bosnien-Herzegowina einreisen. Dabei hasste ich es, Grenzen zu überqueren. Weil eine Vielzahl von Sachen schiefgehen konnten, war ich immer etwas nervös. Hatte man irgendwelche wichtigen Unterlagen vergessen? Wurden irgendwelche Regelungen durchgesetzt, von denen man vorher noch nie gehört hatte? Zum Glück ging es dann aber ganz schnell, obwohl Mogli der kroatischen Grenzbeamtin einen riesigen


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