Einmal mit der Katze um die halbe Welt. Martin Klauka
Читать онлайн книгу.ich noch nach Mogli suchte. Die war nämlich nach dem Frühstück plötzlich weg.
Ich schnappte mir die Dose mit Leckerlis und machte mich rufend und Dosen schüttelnd auf die Suche – unterstützt von anderen Campern, die sich beinahe mehr Sorgen um Mogli machten als ich selbst. Ich fand meine Prinzessin schließlich in einer Nische auf dem überdachten Balkon des Restaurants und so konnten auch wir endlich starten. Es sollte wieder einmal ein langer Tag werden.
Zunächst waren die Straßen wunderschön, mal abgesehen von den Ölflecken, die vor allem in den Kurven auf dem spiegelglatten Teer lauerten. Wegen ihnen war ich in den Kurven immer ein wenig angespannt und tatsächlich rutschte mir das Hinterrad ein paarmal leicht weg. Es ging zum Glück trotzdem alles gut und selbst die albanische Grenze passierten wir zügig und unbürokratisch. Nun aber rächte sich meine Streckenwahl und wir fanden uns auf kleinen, stark beschädigten Straßen oder sogar ungeteerten Holperpisten wieder, mussten warten, bis Hirten ihre Ziegen- und Schafsherden über die Straße getrieben hatten, oder den Schäferhunden ausweichen, die bellend auf uns zu rannten. Viele Touristen kamen hier vermutlich nicht vorbei, denn die Leute, die uns sahen, ließen meist alles stehen und liegen und starrten uns verblüfft an. Dabei hatten sie Mogli noch nicht einmal entdeckt.
Nach ungefähr acht Stunden erreichten wir völlig durchgeschüttelt und -gerüttelt die Küste. Für einen Moment dachte ich, ich hätte mich verfahren und wäre irgendwie an der Côte d’Azur gelandet: Strandpromenaden, teure Villen und schicke Hotels, so weit das Auge reichte. Ich fragte mich, ob das wirklich noch das gleiche Land war, das wir gerade auf Holperstraßen durchquert hatten.
Die restlichen 80 Kilometer bis zu unserem Campingplatz waren einfach ein Traum. Ich fuhr im Sonnenuntergang durch den Llogara Nationalpark und beobachtete, wie sich die Wolken mühsam ihren Weg die Klippe hinauf und über die Straße bahnten.
Maureen und Mike waren schon lange da, als wir endlich ankamen, und nachdem unser Zelt aufgebaut war, stießen wir auf unser Wiedersehen an. Sie hatten aus Schottland Scotch in winzigen Reiseshampoofläschchen mitgebracht und nun brachten sie mir bei, wie man ihn richtig trank. Bis dahin mochte ich Whiskey eigentlich nur gemixt mit Cola, sonst brannte er mir immer viel zu sehr auf der Zunge. Mike erklärte mir aber, der Trick sei, ein paar, aber wirklich nur ein paar Tropfen Wasser hinzuzufügen – und tatsächlich wurde der Whiskey dadurch um einiges weicher. Viel Gelegenheit, mehr davon zu probieren, hatte ich aber leider nicht. Schon nach der zweiten Runde waren die winzigen Fläschchen leer. Ich fiel trotzdem glücklich ins Bett – und erledigt.
Den nächsten Tag ließen wir es ruhig angehen. Es war schon acht Tage her, dass Mogli und ich mehr als eine Nacht an einem Ort verbracht hatten. Wir hatten dringend eine Auszeit nötig. Außerdem wollte ich ein paar Dinge erledigen: die Boxen am Motorrad aufräumen, die Kette spannen und ölen, den Ölstand prüfen …
Nach dem Frühstück aber war Mogli weg. Ich machte mir Sorgen, dass sie in einem der abfahrenden Wohnmobile eingesperrt sein könnte, und bat alle Gäste nachzuschauen. Keiner hatte sie gesehen, aber jeder hielt nun Ausschau nach ihr. Doch obwohl der Suchtrupp immer größer wurde, fehlte jede Spur von Mogli. Langsam wurde ich nervös. Ich stellte mir vor, dass sie verängstigt in einem fremden Wohnmobil saß und für immer verloren war. Was für eine fürchterliche Vorstellung! Ich hatte Mogli in der kurzen Zeit näher an mein Herz gelassen als irgendjemand anderen und der Gedanke, sie zu verlieren, war schier unerträglich.
Nachdem ich über vier Stunden erfolglos nach ihr gesucht hatte, tauchte die Prinzessin wie aus dem Nichts und völlig unerwartet auf. Verschlafen taumelte sie auf mich zu. Mir fielen wieder einmal unzählige Steine vom Herzen und auch die anderen Gäste waren sichtlich erleichtert und froh über ihre Rückkehr. Nur wo sie die ganze Zeit über gesteckt hatte, sollte ich nie erfahren.
Dass der nächste Tag komplett verregnet war, störte mich nicht. Ich war sogar froh darüber und gönnte mir gemeinsam mit Mogli einen ausgedehnten Mittagsschlaf.
Die Erholung tat uns gut und die Zeit verging wie im Flug. Als wir nach der dritten Nacht wieder abfahrbereit waren, versammelten sich all unsere neu gewonnenen Freunde, winkten und wünschten uns eine gute Reise. Es war herzerwärmend!
Bevor wir uns jedoch auf den Weg machten, hatte ich noch mein erstes Radiointerview. Eine Tageszeitung aus Dubai hatte kurz zuvor über unsere außergewöhnliche Reise berichtet und ich hatte daraufhin mehrere Anfragen von Radiostationen, Tageszeitungen und Onlineportalen erhalten.
Ich war an diesem Morgen schon bei Sonnenaufgang aufgestanden, hatte gefrühstückt und dann ein wenig nervös auf den Anruf gewartet. Dubai war uns 1,5 Stunden voraus und ich wollte bis zum Interview munter sein und mindestens den zweiten Kaffee in der Hand halten.
Das Telefon klingelte und nach ein paar anfänglichen technischen Schwierigkeiten verstand ich schnell, warum der Moderator Kris seine eigene Show im dubaianischen Frühstücksradio hatte: trotz der frühen Stunde strotzte er nur so vor Energie. Kris fragte mich, von wo aus wir gestartet waren, warum Mogli dabei war und wann wir in Dubai ankämen. Zum Schluss lud er uns ein, ihn in seinem Studio in Dubai zu besuchen. Mein erstes Radiointerview war geschafft und es war gar nicht mal so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Und so konnte ich mich mit einem guten Gefühl von Maureen und Mike verabschieden – nachdem ich Schottland der Liste meiner zukünftigen Reiseziele hinzugefügt hatte.
Mogli liebte Campen, obwohl wir bescheidener wohnten als die »Nachbarn«.
DIE ERSTEN TAGE IN GRIECHENLAND
Bald erreichten wir die Grenze zum achten Land unserer Reise. Der griechische Grenzbeamte forderte selbstbewusst Moglis Ausweis, was mich erstaunte, denn bisher hatte man, wenn überhaupt, eher zögerlich danach gefragt. Ich griff zur Tasche mit den Unterlagen, doch noch während ich sie hervorzog, winkte der Beamte ab und ließ uns passieren.
Die kleinen Straßen im Pindosgebirge machten richtig Spaß. Hin und wieder jedoch sah ich etwas, was mich aus meiner heilen Gedankenwelt riss und was ich von einem EU-Staat so nicht erwartet hatte: an den Hängen wurden ganze LKW-Ladungen voller Müll entleert – und aufgrund der Unzugänglichkeit schlussfolgerte ich, dass dies wohl auch die Lösung des (Müll-)Problems war. Seit da fiel es mir schwerer, die Landschaft zu genießen, und ich bin noch immer ein bisschen wütend, wenn ich an diese Gegend zurückdenke.
Wir fuhren weiter nach Glyki. Dort wollte ich am Fluss campen und, sofern ich Mogli und unser ganzes Zeug sicher verstauen könnte, raften gehen. Es schien hier niemanden zu stören, wenn man in der freien Natur campte, und ich fand recht schnell eine schöne Stelle, an der bereits einige andere Leute ihre Zelte aufgestellt hatten. Als ich allerdings sah, dass jeder zweite von ihnen einen Hund dabeihatte, musste ich mich gleich wieder geschlagen geben. Das war leider nichts für Mogli. Doch ich war zuversichtlich gestimmt, noch einen geeigneten Platz zu finden.
Nach einer Weile musste ich allerdings feststellen, dass es doch nicht so einfach war. Entweder kam ich mit dem schweren Motorrad nicht hin oder es gab keinen Schatten. An anderen Stellen lag so viel angeschwemmter Müll am Ufer, dass ich mich weigerte, dort unser Zelt aufzuschlagen. Nach mehr als einer Stunde Suche fragte ich schließlich bei einem Gasthaus, ob ich mein Zelt nicht einfach im Garten aufschlagen könnte. Es war zwar nicht wirklich das, wonach ich suchte. Aber für eine Nacht ging es und Mogli konnte sich im Dickicht austoben.
Als ich am nächsten Morgen auf mein Handy schaute, hatte ich Hunderte neue Follower. Es sah ganz so aus, als wäre Kris’ Show in Dubai wirklich beliebt. Um alles genau durchzusehen, war jetzt allerdings keine Zeit. Wir mussten los.
Mogli folgte mir auf dem Weg zum Frühstück bis kurz vor das Restaurant, blieb dann aber stehen und rief wehleidig nach mir. Ich ging zurück und nahm sie auf dem Arm mit zum Gasthaus. Scheinbar war das aber nicht das, was sie mir mitteilen wollte. Sie lief davon, und als ich wieder zurück zum Zelt kam, fehlte jede Spur von ihr. Wieder einmal. Verzweifelt suchte ich das Dickicht ab, lief noch einmal zum Gasthaus, dann wieder zurück zum Dickicht. Eine Stunde wusste ich wirklich nicht weiter. Doch dann kam meine kleine Prinzessin