Einmal mit der Katze um die halbe Welt. Martin Klauka

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Einmal mit der Katze um die halbe Welt - Martin Klauka


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mich zerknirscht und fragte, ob ich vielleicht irgendwo mein Zelt aufschlagen könnte.

      Als der Hotelbesitzer das hörte, erzählte er mir stolz von einem angrenzenden Campingplatz, den man zwar hergerichtet, aus Zeitmangel aber nie eröffnet hatte. Ich konnte mein Glück kaum fassen! Ein kompletter Campingplatz, mit sanitären Anlagen, Licht, Strom und warmen Duschen. Für uns allein. Und obendrein noch kostenlos! Einzig um die Hunde machte ich mir Sorgen. Seitdem sie Mogli entdeckt hatten, hörten sie nicht mehr auf zu bellen. Wie würde sie reagieren? Aber immerhin trennte uns ein Zaun von ihnen.

      Ich wachte zu Hundegebell und mit guten Neuigkeiten auf: Meine beiden Brüder, mein Cousin und drei weitere Freunde hatten sich entschlossen, uns nach unserer Ankunft in Dubai dort zu besuchen. Auch wenn noch Wochen bis dahin vergehen würden, freute ich mich jetzt schon auf das Wiedersehen. Gut gelaunt marschierte ich hinüber in das Resort, um zu frühstücken, während Mogli sich noch eine Weile auf dem Campingplatz austobte. Dann packten wir zusammen und machten uns wieder auf die Reise.

      In Shkodër wechselte ich ein paar Euro in albanische Lek und versuchte meine bosnischen Mark loszuwerden – erfolglos.

      Weil ich mir das Landesinnere ansehen und einen kleinen Abstecher nach Mazedonien machen wollte, fuhren wir Richtung Osten. Albanien war ärmer als die Länder, durch die wir zuvor gefahren waren, und die Straßen wurden zunehmend schlechter. Die Menschen nutzten Pferde, um mit ihnen auf zu Karren umfunktionierten Autoanhängern Stroh oder andere Sachen zu transportieren. Selbst Mopeds wurden »zerschnitten«, bekamen drei Räder und kleine Pritschen. In Deutschland wäre das undenkbar, aber es funktionierte. Vielleicht würde es uns auch guttun, nicht alles bis ins kleinste Detail gesetzlich zu regeln. Kurioserweise sah ich zwischen Pferdekarren und umgebauten Mopeds immer wieder auch neue Luxuslimousinen jeglichen Baujahrs.

      In den Dinarischen Alpen waren die Straßen dann erstaunlich gut, nur manchmal brachen sie weg oder wurden gerade repariert. Ich genoss die kurvenreiche Fahrt, bis es zu regnen anfing. Wir hielten kurz an einer kleinen Tankstelle, und obwohl ich eigentlich nur schnell meine Regenkombi anziehen wollte, verbrachten wir schließlich fast eine ganze Stunde dort. Denn Rroku, der alte Tankwart, deutete mir, mich zu ihm zu setzen und bot mir einen Rakija an. Da Alkohol und Motorradfahren keine gute Kombination sind, lehnte ich dankend ab und bekam stattdessen eine Tasse Tee. Ich setzte mich eine Weile zu dem Mann, und während wir Bilder auf meinem Telefon ansahen und versuchten, uns irgendwie zu verständigen, malte ich mir aus, wie sein Alltag wohl aussah. Die Tankstelle sah nicht gerade vertrauenserweckend aus und innerhalb der Stunde kam kein einziger Kunde vorbei. Nicht einmal ich wollte hier tanken, aus Angst, meinen Motor mit Schmutz aus den alten Leitungen zu beschädigen. Rroku saß vermutlich einfach Tag für Tag an ein und derselben Stelle und starrte aus der Tür. Aber er schien sich irgendwie damit abgefunden zu haben – oder vielleicht auch nicht und womöglich war das auch der Grund, warum die Rakijaflasche schon am frühen Nachmittag zur Hälfte geleert war.

      Durch den Regen wurden die Kurven, in die ich mich zuvor noch ausgelassen gelegt hatte, zu rutschigen Hindernissen und wir kamen nur schleppend voran. Zum Glück klarte es zwei, drei Stunden später dann aber auch schon wieder auf und wir schafften es bis kurz vor die mazedonische Grenze nach Peshkopia. Den Campingplatz dort hatten mir Eva und Dieter ebenfalls empfohlen, und weil es auf der ganzen Balkanhalbinsel Bären und Wölfe gab und ich außerdem nicht alleine sein wollte, wollte ich die Nacht dort verbringen. Es war schon dunkel, als ich das Zelt aufbaute, aber mittlerweile hatte ich darin ja Erfahrung und hätte es vermutlich sogar mit geschlossenen Augen geschafft. Nachdem alles stand, bekamen wir unverhofft Gesellschaft von einem deutschen Pärchen, das spät abends mit seinem VW-Bus ankam. Ich freute mich, weil wir die letzten Nächte meistens alleine verbracht hatten, und während Mogli Bekanntschaft mit der Katze der Campingplatzbesitzer machte und die beiden sich im Duett anjammerten, tauschten wir drei bei einem Bier Erfahrungen und Geschichten aus.

      UNTERWEGS MIT ZWEI NEUEN FREUNDEN

      Am nächsten Morgen musste ich mich erst einmal orientieren. Ich wusste nichts über Mazedonien, noch nicht einmal, was ich dort tun oder anschauen könnte. Ich hatte gedacht, dass wir schon irgendwo ankämen, wenn wir einfach mal hingefahren wären, und wollte dem Land, auch wenn es nicht auf unserer Route lag, eine Chance geben.

      Es war schon früher Nachmittag, als wir endlich abfuhren. Doch wenn man uns an der Grenze nicht aufhielt, wäre dies kein Problem. Schließlich wollten wir nicht weit kommen. Tatsächlich lief alles glatt. Wie zuvor wollte niemand Moglis Papiere sehen, ich bekam wieder keinen Stempel in meinen Pass und wir waren im Nullkommanichts in Mazedonien, dem siebten Land unserer Reise.

      Ich tauschte ein paar Euro in mazedonische Denar und wir machten uns auf den Weg. Das Erste, was mir auffiel, war, dass anstelle des lateinischen das kyrillische Alphabet verwendet wurde und auch das ein oder andere Wort konnte ich aufgrund meiner Schul-Grundkenntnisse im Russischen verstehen. Die Reaktionen der Grenzbeamten auf Mogli verrieten mir, dass Katzen auch hier »Mачка« genannt wurden, was »Matschka« ausgesprochen wird. Später lernte ich, dass Wasser ebenfalls »вода« (voda) hieß, genau wie in Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro. Eigentlich kein Wunder, gehörte es doch wie diese Staaten einst zu Jugoslawien.

      Mazedonien war das bisher ärmste Land unserer Reise. Ich sah bedeutend weniger teure Autos und viele Häuser wirkten heruntergekommen. Die Straßen reichten von holprig bis hin zu gut ausgebaut, aber selbst dann waren sie oft schon so spiegelglatt, dass sie, besonders bei Nässe, keine Haftung boten.

      Wir folgten dem »Schwarzen Drin«, vorbei am Debar- und Globočicasee und erreichten noch vor Sonnenuntergang unser Tagesziel: den Ohridsee. Auf der Suche nach einem geeigneten Campingplatz entdeckte ich neben einem der Zelte auf einmal eine alte BMW R1150 GS, das gleiche Motorrad, auf dem Ewan McGregor, Charley Boorman und Claudio von Planta 2004 von London Richtung Osten bis nach New York gefahren waren. Die komplette Reise wurde damals inklusive der Vorbereitungen dokumentiert, unter dem Namen »Long Way Round« als Serie veröffentlicht und war mittlerweile ein Klassiker. Und genau das war, wie sich später herausstellte, auch der Grund, warum sich Mike, der Besitzer, für dieses Modell entschieden hatte.

      Genau hier wollte ich mein Zelt aufschlagen. Ich war gespannt auf den Menschen und die Geschichten hinter dem Motorrad, immerhin befanden wir uns auf einem kleinen Campingplatz in Mazedonien – in the middle of nowhere.

      Noch bevor Mogli aus ihrem Rucksack kroch, hatte ich schon einen Kaffee und einen Rakija in der Hand, was hier die übliche Begrüßung zu sein schien, und genauso schnell kam ich auch mit Mike und seiner Frau Maureen ins Gespräch. Die beiden waren gemeinsam auf dem Motorrad unterwegs und erkundeten jedes Jahr eine andere Ecke der Welt, während daheim in Schottland zwei Stubentiger sehnlichst auf ihre Rückkehr warteten. Als Mike und Maureen Mogli entdeckten, trauten sie ihren Augen kaum.

      Meine Prinzessin ihrerseits war froh über den kurzen Tag auf der Maschine und spulte bereits ihre Routine für neue Orte ab: Zuerst suchte sie ein sicheres Versteck – am besten eins in der Nähe, mit gutem Überblick und mit mindestens zwei Fluchtmöglichkeiten. Danach beobachtete sie die Umgebung und hielt nach potenziellen Gefahren Ausschau. Zu guter Letzt schaute sie sich nach einem zweiten strategischen Punkt um und suchte dabei alles nach Duftmarken anderer Tiere ab. Ich wusste mittlerweile, dass ihr diese Rückzugsorte während des gesamten Aufenthalts als Basis dienten und sie in der Regel immer in deren Nähe blieb. So hatte ich unterwegs oft eine Ahnung, wo Mogli gerade sein könnte, oder zumindest in welche Richtung sie gegangen war.

      Beim gemeinsamen Abendessen entschlossen Maureen, Mike und ich uns dazu, am nächsten Morgen denselben Campingplatz in Albanien anzusteuern. Mike und Maureen wollten vor mir losfahren, sie waren in der Früh schneller als wir, dafür aber langsamer auf der Straße. Zudem wollten sie eine andere, einfachere Route einschlagen als ich. In guter alter BMW-Fahrer-Manier hatten sie nämlich neben den wichtigen Sachen wie Werkzeug, Ersatzteilen, Zelt oder Kocher auch Campingstühle samt Tisch eingepackt. Zudem war ihr Zelt größer und schwerer als meins. Zwei Leute benötigten natürlich auch mehr persönliche Sachen, ganz zu schweigen von dem Gewicht der zweiten Person und dem Platz, den sie benötigte.

      Ich fragte mich ernsthaft, wie Mike und Maureen


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