Royal Horses (2). Kronentraum. Jana Hoch

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Royal Horses (2). Kronentraum - Jana Hoch


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an der Decke funkelten Hunderte Lichtpunkte wie verstreute Diamanten. Es war wunderschön, atemberaubend und vollkommen surreal.

      »Wieso bist nicht einfach mit einem der SUVs gekommen?«, fragte ich. »Wäre das nicht hundert Mal … dezenter gewesen?«

      Sixton lachte. »Wenn ich dir das erzähle, wird mein kleiner Elfenprinz ziemlich wütend auf mich sein.«

      »Komm schon, Six.«

      Sein Grinsen wurde breiter. »Edward wollte dich eigentlich persönlich abholen, aber er darf nur auf dem Land selbst Auto fahren, wo ihm so gut wie keiner begegnet. In der Stadt nur mit Fahrer.«

      »Warum? Weil er sonst Autounfälle verursacht?«

      »Gut möglich. Man weiß ja nie, wie manche Ladys so reagieren, wenn er plötzlich neben ihnen an der Ampel steht.« Sixton zuckte mit den Schultern. »Na, jedenfalls hat er Perry angerufen und den Phantom klargemacht. Und da hab ich … nun ja, ihn gerade noch rechtzeitig aus dem Auto gezerrt und ihm nahegelegt, dass es vielleicht besser wäre, wenn ich den Job übernehme.« Er gähnte und grinste gleichzeitig, was ziemlich schräg aussah. »Hab zwar erst mehrere Nächte durchgearbeitet. Aber …« Wieder ein Gähnen. »… ich dachte, es ist charmanter, wenn er dich nicht gleich überfällt und du erst mal in Ruhe ankommen kannst. Alles andere könnt ihr süßen Mäuse später klären.«

      Ich lächelte. »Danke, Rupert.« Das war für die Mäuse.

      Sixton warf mir einen vielsagenden Blick zu. Sag noch einmal den verhassten Namen und ich wuschle dir so lange durch die Haare, bis du vor Edward trittst wie ein Mopp.

      Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Na, wie auch immer. Der Phantom war startklar. Und wenn ich schon zu so haarsträubenden Zeiten unterwegs bin, kann ich ja auch mal komfortabel reisen. Oder nicht? Perry war ohnehin schon aus dem Bett gefallen und …« Er drückte einen unscheinbaren Knopf an seinem Sitz und sofort öffnete sich eine Tür in der Trennwand. »… in keinem der SUVs gibt es kostenlose Getränke und Süßkram.« Ich beugte mich vor und erspähte eine Reihe teuer aussehender Flaschen, Wein- und Champagnergläser sowie jede Menge Chips und Knabberzeug. Sixton warf mir eine Tüte Weingummi in den Schoß und zwinkerte mir zu. »Willkommen im Leben der Royals!«

      »Aufwachen, Dornröschen. Und zwar ohne dass ich dich dafür küssen muss. Könnte sonst Probleme mit Edward geben.«

      Ich blinzelte und brauchte einen Augenblick, um mich zu orientieren. Doch ein Blick aus dem Fenster genügte, damit meine Erinnerungen zu mir zurückkehrten. Caverley Hall! Der Wagen parkte mitten vor der Eingangstreppe zum Herrenhaus. Ehrfürchtig ließ ich meinen Blick an der Fassade entlang nach oben wandern und obwohl ich sie im Sommer bereits so häufig bestaunt hatte, blieb mir für einen Moment der Mund offen stehen. Es war immer noch stockdunkel und die alten Gemäuer mit den rechteckigen Türmen an den Seiten und den Reiterstatuen auf dem Dach wirkten noch imposanter als bei Tageslicht – wie aus einem Märchen und gleichzeitig gespenstisch. Aber wie waren wir so schnell hierhergekommen? War ich etwa eingeschlafen?

      Sixton beugte sich zu mir herüber und löste meinen Anschnallgurt. Immer noch wie in Trance tastete ich nach dem Türgriff.

      »Das würde ich Perry machen lassen«, erinnerte mich Sixton. »Könnte sein, dass er sonst beleidigt ist. Er legt sehr viel Wert darauf, dass seine gute Ausbildung auch anerkannt wird.«

      Ich ließ den Griff wieder los und tatsächlich war der Fahrer gleich darauf zur Stelle. Sixton stieg alleine aus, umrundete den Wagen und klopfte ihm auf die Schulter.

      »Hey, Buddy, danke für den späten Einsatz. Hast was gut bei mir. Übrigens, die Buccaneers haben gewonnen. Achtundzwanzig zu zwölf.«

      Über die Lippen des Chauffeurs huschte ein schnelles Grinsen. Gleich darauf wich es jedoch wieder einem Ausdruck kühler Perfektion und er machte sich daran, mein Gepäck aus dem Kofferraum zu holen.

      Während ich mich noch fragte, warum eigentlich Sixton ohne Hilfe aus dem Auto aussteigen durfte und ich nicht, bemerkte ich eine Bewegung an einem Fenster im Obergeschoss. Aber da war nichts. Kein Mensch zu sehen. Wenige Sekunden später ging das Licht aus.

      Hinter mir wurde die Heckklappe zugeschlagen. Mr Merlin machte sich die Mühe, meinen Koffer zu tragen, anstatt ihn zu rollen, und Sixton schulterte den Rucksack. Er kam zu mir herüber, legte mir die Hand auf die Schulter und schob mich sanft die Treppe hoch zum Eingangsportal.

      »Romeo soll ja nicht noch länger warten müssen«, sagte er und grinste. Ich wollte etwas erwidern, aber – vielleicht lag es an der späten Uhrzeit oder daran, dass ich plötzlich viel zu aufgeregt war – mir wollte nichts Schlagfertiges einfallen. Romeo, wie bescheuert. Wenn Edward wüsste, dass Sixton ihn so nannte, dann … Oh verdammt, Edward!

      Das Blut rauschte mir in den Kopf. Ich hatte mir während der Fahrt hierher überlegen wollen, was ich zu ihm sagte, wenn wir das erste Mal aufeinandertrafen. Aber jetzt hatte ich die ganze Zeit über geschlafen! Wie begrüßte man denn jemanden wie ihn – den Prinzen von England? Genügten Worte? Schüttelte man sich die Hand? Oder musste ich etwa einen Hofknicks machen? Ein Anflug von Panik breitete sich in mir aus. Ich war nicht vorbereitet. Ganz und gar nicht vorbereitet.

      Wir hatten die Stufen noch nicht vollends erklommen, als sich die Eingangstür vor unseren Augen öffnete. Im Schein des Lichts erkannte ich zwei Gestalten. Annabeth und Harold, Sixtons Eltern und die Verwalter des Gestüts. Hatten sie etwa so spät noch auf uns gewartet?

      »Willkommen zurück auf Caverley Green«, begrüßte Annabeth mich und schloss mich in die Arme. Harold schüttelte mir die Hand. Es kam mir vor wie ein merkwürdiges Déjà-vu, eine Erinnerung an den Sommer. Nur war es damals nicht ich gewesen, die mitten in der Nacht angereist war, sondern James. Ich hatte bloß völlig peinlich hinter einer Reiterstatue gekauert und alles beobachtet. Ob James auch hier war? Seit die Prinzenvertauschung ans Licht gekommen war, hatte ich kaum noch etwas von ihm gehört. Zwei, drei Fernsehinterviews hatte es gegeben, danach war er wie vom Erdboden verschluckt. Aber vielleicht hatte das Königshaus gewollt, dass er erst einmal untertauchte.

      Ich kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken. Sixton drängte sich an mir vorbei in die Eingangshalle und Annabeth küsste ihn auf die Wange. Er grummelte missmutig, als sie ihn fragte, ob er auch genügend Schlaf bekam und nicht nur Fast Food zu sich nahm. »Immer diese schlechten Fette. Die sind überhaupt nicht gut für dich, Rupert-Schatz. Du solltest wirklich mehr auf deine Ernährung achten.«

      »Mum, ich bin im Dienst«, entgegnete Sixton, ließ es aber zu, dass sie ihm den Arm tätschelte.

      Ich trat zwei Schritte vor, damit auch Mr Merlin hereinkommen konnte, und blieb genau unter einem der funkelnden Deckenleuchter stehen.

      Caverley Hall. Ich war tatsächlich zurück. Und obwohl ich schon ein paar Mal durch die Eingangshalle gelaufen war, auf dem Weg zur Bibliothek oder als Gast beim Sommerfest, hatte ich das Gefühl, die eindrucksvolle Architektur zum ersten Mal zu sehen. Das Foyer war rechteckig geschnitten, mit einer umlaufenden Galerie und eine Treppe an jeder kurzen Seite. Von oben hingen sechs Kronleuchter herab, ringsherum um ein Deckengemälde und das Oberlicht, durch das tagsüber Sonnenstrahlen auf den glänzenden Marmorboden fielen. Jetzt war es jedoch dunkel und die Malereien, Reiter mit einer Hundemeute, die über Wiesen galoppierten und über Baumstämme sprangen, rückten in den Vordergrund.

      Von der Galerie erklangen Schritte und auch ohne mich umzudrehen, wusste ich, dass es Edward war. Ich spürte es. Langsam drehte ich mich herum und sah gerade noch, wie er die Treppe heruntergelaufen kam. Die letzten Stufen nahm er mit einem großen Schritt und blieb dann unvermittelt stehen. Seine Finger lagen noch auf dem goldenen Handlauf und er sah mich an, als versuche er herauszufinden, ob er zu mir kommen durfte.

      Ganz der Junge, der mit Pferden spricht, dachte ich und es entlockte mir ein Lächeln. Er las meine Körpersprache, um sicherzugehen, dass ich für diese Begegnung bereit war.

       Nein, bin ich nicht.

      Trotzdem setzte ich wie ferngesteuert einen Fuß vor den anderen in Edwards Richtung. Edward. Nicht Tristan. Keine


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