Sechs Krimis: Ferienkiller. Alfred Bekker

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Sechs Krimis: Ferienkiller - Alfred Bekker


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Dommacher. Er hob die Schultern. „Hundertprozentige Sicherheit gäbe nur ein Höhenkurvenabgleich dieses Anrufs mit der Originalstimme Marenkovs und selbstverständlich gibt es geschickte Stimmenimitatoren, aber...“ Er schüttelte entschieden den Kopf. „Das wäre doch absurd!“

      „Der Anruf könnte auch aus Audioschnipseln irgendwelcher Aufnahmen zusammen geschnitten worden sein“, wandte Max ein. „Das untersuchen gerade unsere Experten. Schließlich wäre es auch absurd, anzunehmen, dass Marenkov längst in der Stadt ist und Agent Dommacher zum Narren hält!“

      Kriminaldirektor Bock atmete tief durch. „Man kann auch mit gutem Willen noch nicht sagen, dass wir Licht in die Sache gebracht hätten, aber die nötige Geduld gehört eben auch zu unserem Job. Ich schlage vor, Sie machen jetzt Feierabend und morgen früh sehen wir weiter.“

      „Dann müssten auch schon einige Laborberichte vorliegen!“, war Jürgen recht zuversichtlich.

      „Hoffen wir’s“, murmelte Rudi. „Sonst drehen wir uns weiter im Kreis.“

      17

      Wir gingen am Abend noch zusammen mit dem Kollegen Dommacher zu unserem Lieblingsitaliener. Schließlich hatten wir alle einen Riesenhunger.

      Rudi und ich nahmen eine Pizza, Meinhart Dommacher hingegen nur einen Salat. „Ja, Sie als Ermittler im Außendienst haben Bewegung genug, um wie Scheunendrescher essen zu können, aber bei mir sieht das anders aus!“, sagte er und fasste sich dabei an den Bauch.

      „Wo sind Sie für Ihre Zeit hier in Berlin untergebracht?“, fragte ich.

      „Im Hotel. Ist mehr eine Pension als ein Hotel, aber es liegt immerhin im Spesenrahmen, den man mir zugesteht!“

      Eine Weile aßen wir einfach nur und keiner redete einen Ton. Der Tag war schließlich hart genug gewesen. Wenigstens am Abend muss man hin und wieder seine Gedanken sortieren, wenn man am Tag mit knapper Not der Laserzielerfassung eines skrupellosen Killers entkam.

      Es ärgerte mich noch immer, dass mir der Kerl mit der Tränengasgranate entwischt war. Aber wenn man es genau nahm, konnte ich mir noch nicht einmal hundertprozentig sicher sein, dass es sich tatsächlich um einen Kerl handelte.

      Ich versuchte mich zu erinnern und vergegenwärtigte mir noch einmal jenen Augenblick, als ich in das mit Tränengas verräucherte Zimmer stürmte.

      Da war nichts weiter als ein Schatten.

      Der vage Umriss eines Menschen.

      Mehr ließ sich aus den Bildern, die sich in mir eingebrannt hatten, einfach nicht herausholen, so sehr ich das auch versuchte.

      Rudi brach schließlich das Schweigen, indem er Dommacher noch mal auf sein fehlgeschlagenes Rendezvous mit Marenkov ansprach. „Seien Sie ehrlich Meinhart, was denken Sie, was steckt wirklich dahinter?“

      „Ich habe nicht die leiseste Ahnung“, gestand er. „Aber ich mache mir Sorgen.“

      „Weshalb?“

      „Marenkov wäre nun wirklich nicht der erste Ermittlungsbeamte, der seine Nase zu tief in Dinge gesteckt hat, von denen ein paar ehrenwerte Herrschaften der Ansicht sind, dass man sich da heraushalten sollte.“

      18

      Es war schon fast Mitternacht, als Kollege Meinhart Dommacher das Foyer seines Hotels betrat.

      Den Wagen hatte er auf einem nahen Parkplatz abgestellt.

      Der Portier begrüßte Dommacher und gab ihm seinen Schlüssel.

      „Guten Abend.“

      Dommacher nickte nur und unterdrückte ein Gähnen.

      Er ging die Freitreppe ins Obergeschoss empor und hatte wenig später Zimmer Nummer 14 erreicht.

      Die 14 lag neben der 12. Dommacher musste jedes Mal darüber schmunzeln, dass man die 13 in der Nummerierung der Zimmer als Unglückszahl einfach ausgelassen hatte.

      Er öffnete die Tür. Innen war es dunkel.

      Dommacher machte Licht.

      Das Zimmer war nichts Besonderes. Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl, ein Kleiderschrank und ein klobiger Drehsessel aus Leder, von dem Dommacher den Eindruck hatte, dass der Hotelbesitzer nur nicht den Mut gehabt hatte, ihn auf den Müll zu werden.

      Der Sessel drehte sich.

      Ein Mann saß darin. In der Rechten hielt er eine Automatik mit Schalldämpfer, deren Lauf auf Dommachers Bauch zielte. Ein kaltes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Er schlug die Beine übereinander. Die Lederstiefel passten exakt zu seiner Jacke.

      Dommacher erstarrte zur Salzsäule.

      Im ersten Moment hatte er nach seiner Dienstwaffe greifen wollen, aber er hielt sich zurück.

      Seine Chance lag bei null.

      Dommacher schluckte. „Was wollen Sie?“

      Der Mann in Leder grinste schief.

      „Erst eine kleine Unterhaltung, Herr Dommacher. Wie unangenehm die wird, liegt ganz bei Ihnen... Und anschließend lege ich Sie schlafen. Deswegen sind Sie doch ohnehin hier, oder?“

      19

      Am nächsten Morgen fanden wir uns pünktlich zur Besprechung in Kriminaldirektor Bocks Büro ein. Nur Meinhart Dommacher war nicht anwesend. Kriminaldirektor Bock begann nach anfänglichem Zögern die Besprechung ohne den Spezialisten.

      Zunächst referierte unser Kollege Friedrich L. Richards über Wladimir Bykows wirtschaftliche Verflechtungen. „In der Wohnung wurden ja keinerlei Kontoauszüge oder dergleichen gefunden“, sagte unser Experte für Betriebswirtschaft, dessen Spezialität das Aufspüren verborgener Geldströme war. „Ich hatte also wenige Anhaltspunkte, um überhaupt etwas über Bykows wirtschaftliche Verhältnisse herauszufinden. In Zusammenarbeit mit der Steuerbehörde habe ich immerhin die Geschäftskonten der Galerie und die wichtigsten Privatkonten überprüfen können.“

      „Mit welchem Ergebnis?“, hakte Kriminaldirektor Bock nach.

      „Seit Bykows Ermordung – oder seinem Verschwinden, ganz wie man will – wurde auf die Konten nicht mehr zugegriffen.“

      „Das würde ja die Mordthese unterstreichen“, ergänzte Jürgen.

      Friedrich nickte. „Das Interessante sind die Zahlungen, die innerhalb der letzten Jahre von diesen Konten abgingen. Bykow stand mit einer Reihe von Briefkastenfirmen in Liechtenstein und auf den Cayman-Islands in Verbindung, die als Tarnfirmen der Kunstmafia gelten. Außerdem hatte er sehr starke Verbindungen nach St. Petersburg. Aber gegenwärtig komme ich da noch nicht weiter.“

      „Es gibt dafür etwas Neues aus den Labors“, berichtete Max Herter. „Was den Blutfleck in Bykows Galerie angeht, sind wir inzwischen sicher, dass derjenige, dem dieses Blut gehörte, erschossen wurde. Die Blutreste in dem Loch, das vermutlich von einem Projektil in die Wand gestanzt wurde, sind mit der DNA des Blutflecks identisch. Außerdem haben wir Schmauchspuren gefunden und wissen ziemlich genau, wo der Täter stand.“ Max projizierte einen Grundriss der Galerie mit dem Beamer seines Laptops an die Wand. Die ermittelte Position des Schützen war markiert worden. „Das Opfer wurde aus nächster Nähe erschossen. Der Treffer ging durch den Kopf. Es wurden in dem Einschussloch nämlich geringfügige Spuren von Hirnmasse gesichert. Leider haben wir weder eine Kugel noch eine Leiche und genau genommen können wir daher noch immer nicht sicher sein, ob es wirklich Bykow war, der getötet wurde. Schließlich haben wir kein genetisches Vergleichsmaterial.“ Max deutete auf einen bestimmten Punkt auf den Grundriss, der besonders gekennzeichnet war. „Hier war die Blutlache. Die Kollegen gehen davon aus, dass dort der Kopf des Toten eine Weile gelegen hat. Und zwar auf der Seite. Dadurch haben wir einen vollständigen Ohrabdruck.“

      „Zu dem uns


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