Sechs Krimis: Ferienkiller. Alfred Bekker

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Sechs Krimis: Ferienkiller - Alfred Bekker


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wurden sein und wenn der Tote mit der Hand auf den Boden kam...“

      „Es gibt tatsächlich Fingerabdrücke, aber die sind leider verschmiert“, erklärte Max. „Wir haben sie trotzdem mit Bykows gespeicherten Fingerabdrücken verglichen und drei Übereinstimmungen gefunden. Der niedrigste Standard für eine sichere Identifizierung sind sechs Übereinstimmungen, manche Gutachter sind da aber durchaus auch noch anspruchsvoller.“

      „Ich dachte immer, Fingerabdruck ist gleich Fingerabdruck!“, warf unser Kollege Tommy Kronberg ein.

      Ich zog ein Fazit. „Mit anderen Worten, es könnte Bykow sein – muss aber nicht.“

      „So ist es“, nickte Max. „Wir suchen jetzt nach Verwandten, mit deren DNA wir das Blut aus der Galerie vergleichen könnten. Seine Schwester lebt ebenfalls in Deutschland. Nur weiß niemand, wo sie gegenwärtig steckt.“

      „Das wird sich ja wohl herausfinden lassen“, meinte Jürgen.

      „Der Tathergang lässt sich nach bisherigem Erkenntnisstand so rekonstruieren: Jemand klingelt Bykow in aller Frühe aus dem Bett. Bykow öffnet diesem Herrn X. Wahrscheinlich, weil er ihn kennt und nicht als Gefahr einschätzt. Alarmanlage und Videoüberwachung sind noch ausgeschaltet. Bykow wird dazu gezwungen, in der Wohnung und in der Galerie die Safes zu öffnen. Unten in der Galerie versucht er sich zu wehren und wird erschossen. Vielleicht hatte der Killer auch von Anfang an vor, Bykow umzubringen. Auf jeden Fall scheint der Abtransport von größeren Gegenständen geplant gewesen zu sein, sonst hätte nicht wenig später ein Transporter vor der Tür gehalten, in den dann alles hinein geladen wurde, was dem Killer und seinen Komplizen wichtig erschien – einschließlich der Leiche.“

      „Ich wette, dass neben einer ganzen Menge Beweismaterial auch die Kisten mit den Ikonen dabei waren, die in Bykows Wohnung ja nicht aufgefunden werden konnten“, schloss Jürgen. „Aber irgendetwas muss die Täter dann bei ihrer Aufräumaktion gestört haben, sonst hätten sie diese so sauber zu Ende geführt wie sie alles andere beendet haben!“

      „Und wenn sie wollten, dass wir den Blutfleck finden?“, fragte ich. Ich zuckte mit den Schultern. „War nur so ein Gedanke.“

      „Sie meinen Bykow hat seinen Tod inszenieren wollen?“, fragte Kriminaldirektor Bock.

      Niemand schien diesen Gedanken besonders weiterführend zu finden, denn keiner der anwesenden Beamten ging darauf ein.

      Mir war klar, dass ich den Stein der Weisen selbst noch nicht gefunden hatte – aber mein Instinkt sagte mir, das mit der Rekonstruktion des Tathergangs, wie Max sie uns vorgetragen hatte, irgendetwas nicht stimmte.

      Ich wusste nur nicht, was mich so daran störte.

      Kriminaldirektor Bock ergriff das Wort. „Ehe ich es vergesse, dieser Marenkov wird heute gegen zehn bei uns hier im Präsidium eintreffen“, sagte er. „Ich dachte mir, dass Sie ihn vielleicht etwas unter Ihre Fittiche nehmen, Harry. Ich bin überzeugt davon, dass Sie und Rudi gut mit ihm zusammenarbeiten. Übrigens erwartet man das auch von uns. Man beobachtet das Ganze auf höchster Ebene mit Argusaugen.“

      „Ja, Chef“, nickte ich.

      „Aber was hat dieses geplatzte Treffen gestern mit Dommacher zu bedeuten?“, hakte Rudi nach.

      „Das habe ich ihn bei dem Telefonat, das wir heute morgen führten, auch gefragt“, berichtete unser Chef. „Es stellte sich heraus, dass Marenkov bereits vor drei Tagen unter anderem Namen in Berlin angekommen ist. Er traut offenbar seinen Gegnern aus der Kunstmafia alles zu. Marenkov hat Dommacher aus der Ferne beobachtet, ihn aber nicht angesprochen, weil sich jemand in der Nähe aufhielt, der ihm verdächtig erschien und daher wollte er kein Risiko eingehen. Aber Sie können sich da ja von ihm selbst schildern lassen.“

      „Oder von Dommacher – sobald er auftaucht!“, warf Tommy Kronberg ein.

      „Wir müssen noch über die Morde an Kai-Uwe Thränhart und Edda Frey sprechen“, erinnerte uns Max Herter.

      Kriminaldirektor Bock nickte ihm zu. „Bitte!“

      „Die verwendete Waffe ist noch nicht aktenkundig und die sichergestellten Projektile hatten das Kaliber .44. Aufschlussreich ist die Tränengasgranate. Sie entspricht einem Typ, der in Russland verwendet wird – hier bei uns allerdings völlig unüblich ist.“

      20

      Anderthalb Stunden später traf Marenkov im Präsidium ein. Er hatte zunächst ein halbstündliches Gespräch mit Kriminaldirektor Bock. Anschließend führte Max Herter ihn in das Dienstzimmer, das Rudi und ich uns teilten.

      Marenkov trug einen doppelreihigen Anzug, aber die Krawatte hing ihm wie ein Strick um den Hals. Ich hatte gleich das Gefühl, dass dieser Business-Look nicht seine bevorzugte Kleidung war.

      Wir stellten uns kurz vor.

      „Nennen Sie mich Valerij“, sagte Marenkov mit einem kräftigen Händedruck. „Ich hoffe, dass wir gut zusammenarbeiten.“

      „An uns wird es sicher nicht liegen – und an dem Kaffee, den die Sekretärin unseres Chefs kocht, sicher auch nicht!“, versicherte Rudi.

      Marenkov hob die Hände.

      „Danke für Ihre Offenheit!“, sagte er akzentschwer. „Kriminaldirektor Bock hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, wie weit Sie in der Sache sind.“

      „Was wissen Sie über Bykow?“, fragte ich.

      Marenkov schien im ersten Moment etwas überrascht über eine so konkrete Frage zu sein.

      „Dass er einer der wichtigsten Kontaktpersonen der Kunstmafia gewesen sein muss.“

      „Es soll hier in Berlin jemanden geben, der von allen nur ‚Impressario’ genannt wird und der die Fäden zieht. Haben Sie davon auch gehört?“

      Marenkov lächelte verhalten.

      „Ehrlich gesagt, hatte ich bisher Bykow in Verdacht, dieser Mann zu sein – oder zumindest sehr eng mit ihm in Verbindung zu stehen. Aber inzwischen glaube ich das nicht mehr.“

      Ich hob die Augenbrauen. „Wie lautet denn Ihre Theorie dazu?“

      Marenkov zuckte mit den Schultern. „Ich denke, dass die etablierten Zweige des organisierten Verbrechens auch den Kunsthandel in ihrer Gewalt haben und längst als wunderbare Möglichkeit der Geldwäsche für sich entdeckten. Wenn Sie die Finanzen von Leuten wie Bykow überprüfen, verwette ich meinen Schlips dafür, dass Sie auf dieselben dubiosen Firmennamen in Liechtenstein, auf den Cayman-Inseln und in ein paar anderen Steueroasen stoßen, die Sie bereits aus Ihren Ermittlungen gegen Drogenringe kennen! Dort sollten Sie meiner Ansicht nach die Drahtzieher suchen.“ Er grinste breit und wirkte etwas gezwungen. „Aber wer bin ich, dass ich Ihnen sage, was Sie zu tun haben!

      „Ich nehme an, dass Sie bereits darüber aufgeklärt wurden, welche Befugnisse Sie hier haben“, sagte ich.

      Marenkov grinste. „Oder besser gesagt, welche Befugnisse ich hier nicht habe“, schnitt er mir das Wort. „Ich weiß, dass ich in diesem Land keinerlei Polizeibefugnisse besitze und beratend tätig bin und Sie brauchen auch keine Sorge zu haben, dass ich Ihnen und Ihrem Partner dauernd auf den Fersen klebe...“

      „Keine Sorge“, sagte ich.

      „Friedrich braucht Sie später unbedingt für seine Ermittlungen in Sachen Konten und Geldströme!“, ergänzte Max Herter.

      „Ich stehe zur Verfügung“, versprach Marenkov.

      „Wir werden uns heute um Maximilian Gallesco kümmern“, kündigte ich an. „Haben Sie den Namen mal gehört?“

      Marenkov überlegte kurz. Dann nickte er. „Ich glaube, das war ein Anwalt, der für Bykow tätig war. Aber nur kurzfristig.“

      „Sie sind aber gut informiert!“

      Marenkov bleckte die Zähne. „Darum bin ich noch am Leben!“


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