Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Aber manchmal muss man im Leben einen weiten Umweg gehen, damit man zum Ziel kommt. Nur dann weiß man es zu schätzen.«

      »Sind wir schon am Ziel?«, fragte Johanna.

      »Sagen wir, wir biegen um die Kurve und laufen in die Zielgerade ein. Ist das gut dargestellt – ohne dir zu nahe zu treten?«

      »Das hast du schön gesagt, Ruppi«, flüsterte Johanna leise.

      Sie fuhren weiter und fanden am Ufer des Bergsees einen idyllischen Platz. Dort hielten sie an. Sie stiegen aus. Rupold griff nach Johannas Hand. Sie gingen durch das hohe Gras des schmalen Uferstreifens bis zum Wasser. Der Vollmond spiegelte sich im See, dessen Wellen sich sanft im Wind kräuselten und silbern schimmerten.

      Sie setzten sich.

      »Ja, so habe ich es mir immer vorgestellt, Ruppi. Ist das nicht herrlich hier?«

      »Ja, das ist es! Wunderschön! Und du bist bei mir!«

      »Meinst du, wir schaffen einen zweiten Anfang?«

      »Ist dir bange?«

      »Ja, Rupold, mir ist sehr bange davor! Nicht, dass ich vor einem Neubeginn Angst habe. Ich fürchte mich davor, weil ich nicht wieder vor einem Scherbenhaufen stehen will. So etwas einmal zu erleben war schlimm, ein zweites Mal möchte ich es nicht noch einmal mitmachen.«

      »Dann willst du es nicht wagen?«

      Rupolds Stimme klang ängstlich und verunsichert.

      »Nicht wagen? Das ist vielleicht zu hart gesagt.«

      Johanna schaute im Mondlicht auf ihre Armbanduhr.

      »Es sind kaum sechs Stunden her, dass wir uns trafen. Ich gebe zu, ich finde es sehr schön. Und ich freue mich darüber. Sonst wäre ich sicherlich nicht mitgekommen und hätte deinem Vorschlag nicht zu gestimmt.«

      »Höre ich da irgendwo ein unterschwelliges Aber mitschwingen?«

      »Ja, so ist es wohl! Werte das bitte nicht als Misstrauen, Ruppi! Es hat wenig mit dir zu tun. Ich habe irgendwie das Vertrauen verloren, damit meine ich das Vertrauen allgemein, die Zuversicht, die Unbekümmertheit. Laut diesem Computer sind wir das ideale Paar. Wenn man es genau nimmt, dann hätten wir uns nicht so auseinanderleben dürfen oder? Warum ist es dann geschehen?«

      »Wie man es nimmt, Hanna. Wir haben die Frageliste erst nach unserer Trennung ausgefüllt. Erst dann wurde uns beiden bewusst, was wir vermissten. Aus dem Mangel heraus und der Sehnsucht haben wir nach dem Ideal gesucht.«

      Rupold lachte.

      »Hanna, ich muss dir etwas gestehen. Wenn ich damals gewusst hätte, dass du dich ebenfalls bei dieser Partneragentur angemeldet hattest, dann wäre ich nie Mitglied geworden.«

      Hanna fing an zu lachen und Rupold stimmte ein. Hanna stimmte ihm zu, dass sie es auch nicht getan hätte.

      »Die Vorstellung ist einfach komisch!«

      »Ja, aber jetzt sind wir hier! Gut, dass wir es nicht wussten, Hanna.«

      »Ja! Und trotzdem war es die einzige Möglichkeit, dass wir wieder miteinander redeten. Freiwillig hätte ich es sicherlich nicht getan.«

      »Ich hatte mir vorgenommen, um dich zu werben, Hanna. Aber so wie es gekommen ist, ist es mir lieber. Ich denke, du hättest es mir sehr schwer gemacht.«

      »Das hätte ich sicherlich! Ich war nach unserer Trennung nicht glücklich. Die Euphorie über die Freiheit war bald vorüber und ich fiel in ein tiefes Loch. Ich will dich nicht dafür verantwortlich machen. Ich wollte die Trennung. Ich war fest davon überzeugt, dass all meine Probleme sich in Luft auflösen, wenn ich erst einmal von dir getrennt wäre. Aber die Probleme lösten sich nicht in Luft auf. Früher war ich einsam, weil du mal wieder Überstunden machtest. Ich fühlte mich versetzt, nicht beachtet. Als ich dann allein lebte, stellte ich fest, dass sich an dem Zustand kaum etwas änderte. Nur, ich konnte dir nicht mehr die Schuld geben. Die Abende waren jetzt noch länger und zogen sich wie Gummi. Ich hatte ja nicht einmal mehr die Gelegenheit, auf dich zu warten. Das Kochen machte mir keinen Spaß mehr. Es ist einfach blöd, allein zu essen, für sich allein den Tisch zu decken. Auch wenn du bei der Arbeit warst, so habe ich doch den Tisch für zwei gedeckt und es blieb alles stehen, bis du kamst. Ich lebte meistens nur von Fertiggerichten. Der Pizzahändler um die Ecke war mein stetiger Lieferant.«

      »Ich verstehe dich genau! Mir ging es ähnlich, auch wenn es anders war. Du warst fort und in der Küche stand kein vorbereitetes Essen mehr, wenn ich von der Arbeit heimkam. Also wurde der Dosenöffner mein liebstes Werkzeug. Irgendwann konnte ich das Dosenzeugs und die Tiefkühlkost nicht mehr sehen. Ich kaufte mir ein Kochbuch und versuchte mein Glück. Das ging natürlich gründlich daneben. Denn ich wollte natürlich zu viel auf einmal. Damals war ich noch nicht so weit, wie ich heute bin. Ich meine, ich hatte mich noch nicht zu einigen Erkenntnissen durchgerungen. Also belegte ich einen Kochkurs.«

      »Was du nicht sagst? Du bist richtig zu einem Kurs gegangen? Hätte ich dir gar nicht zugetraut.«

      »Ja, so war es!«

      »Was waren da für Leute?«

      »Oh, ich habe mich nicht zu einen Grundkurs angemeldet, sondern für einen Kurs, der nannte sich – ›Dinner for Two‹. Da wurden Essen gekocht für romantische Stunden bei Kerzenlicht – für zwei! Ich stellte mir immer vor, wie ich dich damit überraschen könnte.«

      »Und jetzt bist du ein Sternekoch?«

      Rupold fing an zu lachen.

      »Bewahre! Mir wurde bestätigt, dass ich dazu völlig untalentiert sei. Also konzentrierte ich mich auf kalte Platten. Das bekomme ich ganz gut hin, so richtig mit Dekorationen aus Petersilie und Tomaten, Radieschen und sonst so Verschiedenem.«

      »Wow, ich bin beeindruckt!«

      »Danke! Dabei hast du noch nicht einmal einen Tisch gesehen, den ich dekoriert habe!«

      »Du scheinst ja ungeahnte Talente zu haben, Ruppi?«

      »Ja, die habe ich auch erst entdeckt, nachdem du fort warst. Ich habe mir überlegt, was falsch gelaufen ist. Und ich habe mir eine Liste gemacht, was ich ändern wollte. Dazu dachte ich, könnten auch Abende gehören, an denen ich koche. Ich habe mir auch gedacht, dass wir uns mit der Hausarbeit abwechseln könnten. Ich wollte dir einen Brief schreiben. Im Entwurf liegt er in meiner neuen Wohnung.«

      »Was steht drin?«

      »Nun, dass wir uns wochenweise mit der Hausarbeit abwechseln.«

      »Das ist wieder Rupold, wie ich ihn kenne. Alles wird geplant, durchorganisiert.«

      »Nein, Hanna! So nicht! Ich will dich, unser Leben nicht in einen Zeitplan pressen. Verstehe das bitte nicht falsch! Der Plan sollte nur meinerseits eine Verpflichtung sein, regelmäßig mehr alltägliche Aufgaben zu übernehmen. Erinnerst du dich, damals? Wir wollten eine richtige partnerschaftliche Ehe führen. Wir wollten alles gemeinsam machen.«

      »Und wie ich mich erinnere!

      Besonders an die verkohlten Früh­stücks­eier, die du gemacht hast, Ruppi!«

      »Ja, die ganze Küche war voll Qualm! Die Nachbarn kamen, weil sie dachten, es brennt bei uns. Danach hast du mich nie mehr Spiegel­eier machen lassen, Hanna. Und irgendwann kam es auch so, dass wir irgendwie in das alte Rollenbild gefallen sind. Das da heißt, die Frau macht den Haushalt und der Mann verdient das Geld.«

      »Stimmt! Wir sind in ein altes Mus­ter gefallen.«

      »Obwohl du auch deine Arbeit hattest, Hanna! Aber wenn du dann alleine daheim warst und mal wieder auf mich gewartet hattest, dann bist du vielleicht auch in deiner Rolle gefangen gewesen. Ich will dir keinen Vorwurf machen, Hanna. Ich habe nur viel darüber nachgedacht. Eigentlich können wir beide nichts dafür. Wir leben in einer Zeit, in der Ehepaare ein neues Rollenverständnis finden müssen. Wir wollten es leben, sind aber irgendwie vom Kurs abgekommen.«

      »Ja, es ist eine schwierige Zeit, Ruppi! Das hast du klar erkannt.


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