Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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kein Wort hervor. Sie ging die wenigen Schritte zurück zur Bank und setzte sich. Sie schwieg, streichelte Bellos Fell und ließ ihn wieder von der Leine. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie etwas sagen konnte. In ihrem Kopf drehte sich alles. Die Erkenntnis, dass sich hinter Bobby, Rupold verbarg, hatte sie getroffen. Sie fühlte sich, als würde sie jeden Augenblick zusammenbrechen. Am liebsten hätte sie sofort die Flucht ergriffen. Doch ihrer Beine zitterten. Die Angst, in sich zusammenzusacken und am Ende dann in seinen Armen zu landen, war mehr als ein Alptraum.

      »Dann bist du Bobby?«, sagte sie nach einer ganzen Weile leise.

      »Ja, ich habe das Pseudonym Bobby! Und wir haben, laut Computerauswertung, achtundneunzig Prozent Übereinstimmung!«

      »Das weiß ich! Das musst du mir nicht sagen!«

      »Immer noch so kratzbürstig!«, lächelte Rupold sie an.

      »Ich … ich kann es nicht fassen! Wenn ich das auch nur geahnt hätte, dass du dahintersteckst, dann hätte ich dir nie geschrieben.«

      »Das glaube ich dir aufs Wort! Aber wir haben uns gemailt. Und ich hatte mich sehr darauf gefreut, mich mit Jane zu treffen. Jetzt sind wir hier! Machen wir etwas daraus!«

      »Schon wieder machst du mir Vorschriften!«

      »Nein, es war nur ein Vorschlag! Es war wohl Schicksal, dass wir uns hier als ›Jane‹ und ›Bobby‹ begegnet sind.«

      »Das war wohl ein schlechter Scherz des Schicksals. Was hat es sich da erlaubt? Es ist nicht zu fassen! Von all den Millionen und Millionen Single-Männern musst du hier auftauchen. Warum? Es muss ein Irrtum im Computerprogramm sein!«

      Johanna warf die Arme zum Himmel.

      »Warum? Warum, frage ich!« stöhnte sie.

      »Vielleicht, weil wir eine zweite Chance bekommen haben! Bitte glaube mir, ich bin genauso überrascht wie du!«

      Er lächelte sie an.

      »Aber ich hadere nicht mit diesem Schicksalsschlag. Jetzt wird mir einiges klar.«

      »Was wird dir klar? Was hast du jetzt mit deinem messerscharfen Verstand wieder analysiert?«

      »Ich habe nichts analysiert, Johanna? Oder soll ich besser ›Jane‹ sagen?«

      »Jane ist in Ordnung.«

      »Gut, dann sage du ›Bobby‹ zu mir! Vielleicht ist es uns so möglich, unbefangener zu reden.«

      Bobby bückte sich und griff nach seinem Rucksack.

      »Anna hat uns eine leckere Brotzeit eingepackt, weil ich dich auf der Berghütte zum Essen einladen wollte. Ich dachte mir, bei einem guten Essen, redet es sich leichter. Aber du bist nicht dort gewesen, sondern hier! Gute Idee, dass wir uns hier treffen sollten. Auf der Terrasse der Berghütte sind so viele Leute.«

      Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern packte den Rucksack aus. Er legte die Sachen zwischen sie auf die Bank. Es gab Brote mit Wurst und mit Käse, Äpfel, Schokolade, Müsliriegel und zwei Thermoskannen, eine mit Tee und eine mit Kaffee, sowie eine Flasche mit Wasser.

      »Bitte greife zu!«

      »Danke!«

      Johanna nahm einen Müsliriegel und knabberte daran herum.

      »Du hast also auch keine guten Erfahrungen mit den vorgeschlagenen Bekanntschaften gemacht, Johanna? Pardon, Jane!«

      »Nein!«

      »Ich auch nicht!«

      »Das hast du schon geschrieben!«

      »Ja, das stimmt! Ich habe mich sogar mit einigen Kandidatinnen verabredet, aber Dates dauerten nie lange. Ich wurde mit keiner warm, wie man sagt. Dabei musste ich immer an dich denken!« Er seufzte. »Du musst es nicht glauben, aber so war es. Langsam wurde mir bewusst, was ich verloren hatte – an dir!«

      »Oh, eine ganz neue Erkenntnis!«

      »Ja, verspotte mich ruhig! Ich habe es nicht besser verdient.«

      Er lächelte.

      »Dann dachte ich, ich schreibe dir ab. Jetzt weiß ich, dass es so sein musste, es war eben Schicksal. Und dann kam deine Mail. Da knisterte etwas in mir. Außerdem war ich ein wenig neugierig, wie diese Jane ist.«

      »Bei dem hohen Prozentsatz an Übereinstimmungen ist das kein Wunder.«

      »Wahrscheinlich habe ich unbewusst nach dir gesucht. Ich will dir etwas gestehen, Jane – Johanna! Ich wollte mich abmelden und dann erneut um dich werben. Denn ich habe festgestellt, dass es für mich nur eine Frau gibt – das bist Du!«

      Rupold hätte ihr gerne seine Liebe gestanden. Aber er hatte Angst, dass sie es für eine billige Anmache halten könnte. Sie muss spüren, dass sie mir immer noch so viel bedeutet, dachte er. Wenn sie das erkannt hat, dann sage ich ihr die schönsten Worte, die ein Mensch einem andern Menschen sagen kann: Ich liebe dich!

      Johanna sah ihn an.

      »Diese Erkenntnis kommt etwas spät!«

      »Ich weiß! Doch wie sagt man: ›Lieber spät als nie!‹ Jedenfalls hatte ich die letzten Wochen und Monate viel über uns nachgedacht.«

      Johanna nahm ein Brot mit Käse und fing an zu essen.

      »Wir haben wohl einiges völlig falsch gemacht, Johanna! Ich sage Johanna, weil es dabei um Johanna geht und nicht um Jane.«

      »Bobby oder Rupold, es bringt nichts, lassen wir die Vergangenheit ruhen! Als wir beschlossen, uns zu trennen, vereinbarten wir, dass wir uns nicht streiten wollten. Wir stellten sachlich fest, dass wir uns auseinandergelebt hatten. Es war so und es ist so! Wir waren eben zu jung, damals! Und irgendwann passten unsere Lebensträume nicht mehr zusammen und die Liebe starb. Sie wurde einfach immer weniger und weniger, dann verschwand sie.«

      Johanna seufzte.

      »Johanna, du seufzt? Klingt, als wärst du traurig darüber?«

      Sie warf ihm einen Blick zu.

      »Lassen wir das«, sagte sie leise.

      »Du kannst es gerne lassen, ich nicht. Als wir beschlossen, getrennt zu leben, haben wir nicht über unsere Gefühle geredet. Wir stellten nur fest, wie es ist und trafen die Entscheidung. Ich hatte jetzt wahrlich genug Zeit, darüber nachzudenken. Und ich sage dir, ich bedauere sehr, dass uns unsere Liebe abhanden gekommen ist. Du bist für mich die große Liebe gewesen. Du bist für mich meine Traumfrau gewesen und bist es immer noch. Im Grunde habe ich dich gesucht, nur dich. Deshalb gaben mir die andern Kandidatinnen auch nichts. Sie lösten in mir nichts aus. Es kam nichts in Gang in mir.«

      Er lächelte.

      »Sieh mal, Johanna! Ich hätte mich längst bei dieser Internetpartneragentur abmelden können, einfach kündigen – Schluss damit. Aber da war noch deine Meldung. Jetzt bin ich davon überzeugt, dass es nicht nur die hohe Prozentzahl an unserer Übereinstimmung war, sondern etwas anderes, was mich davon abhielt. Es war etwas, was sich der sachlichen Welt entzieht. Nenne es Schicksal, nenne es Vorsehung, nenne es Magie oder nenne es Liebe, der ich nachtrauerte und die mich auf den Weg gebracht hat. Und der Weg führte mich hierher nach Waldkogel, zu dieser Bank, auf der du auf einen Bobby gewartet hast. Sicher ist das rational nicht zu verstehen. Ich gebe auch gerne zu, dass ich immer alles rational und pragmatisch angegangen bin in meinen Leben, jedenfalls in den letzten Jahren. Ich habe aber inzwischen erkannt, dass es noch etwas anderes gibt. Es ist eine Kraft, stärker als jede physikalische Einheit. Diese Kraft kann man in keinem Labor nachweisen, sie nicht sehen. Sie ist auch nicht gasförmig, aber sie ist da und füllt doch Räume aus. Ihre Gefäße sind die Herzen. Und die Kraft heißt Liebe.«

      Johanna schüttelte verwirrt den Kopf, als wollte sie zu sich kommen.

      »So habe ich dich noch nie reden gehört! Hast du das Fach gewechselt? Bist du jetzt unter die Philosophen gegangen?«

      »Johanna, gewechselt habe ich vieles. Ich habe einiges grundsätzlich in meinem Leben ausgewechselt,


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