Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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an. Den Rest habe ich schon erzählt. Der einzige Fortschritt, den ich gemacht habe, ist, dass ich mich entschlossen habe, nach Waldkogel zu fahren. Es ist schwer, wieder allein zu leben. Ich muss das alleine Leben erst wieder lernen. Ich habe mich zu sehr angepasst. Ich wollte mit aller Gewalt glücklich sein.«

      Anna war erschüttert. Ihr Herz war voller Mitleid.

      »Und du und dein Rupold, habt ihr es nicht noch einmal probiert?«

      »Nein! Es hätte auch wenig Sinn gemacht, denke ich. Vielleicht hätten wir uns danach nicht mehr in die Augen sehen können und hätten einen Rosenkrieg geführt. Das wollten wir nicht. So können wir unsere endgültige Trennung sachlich und mit Anstand abwickeln, wenn es irgendwann so weit ist.«

      »Seht ihr euch gelegentlich?«

      »Nein, wir gehen uns aus dem Weg! Es ist besser so!«

      »Hier in den Bergen spricht man von einen schweren ›Packerl‹, wenn jemand so eine Last auf dem Herzen hat. Du hast wirklich eine sehr schwere Last zu tragen, Johanna. Du hast das Vertrauen in die Liebe verloren. Das ist wohl das Schlimmste, was einem Menschen widerfahren kann.«

      »Möglich!«

      Sie dachte einen Augenblick nach.

      »Ja, es stimmt. Ich habe Angst, ich könnte mich wieder irren. Man sagt doch – ›die gerät immer an den Falschen‹. Das hast du doch auch schon gehört.«

      »Ja, ich kenne den Spruch! Das ist dumm. So sollst du nicht denken, Johanna. Schau dich doch an! Du bist eine junge, eine sehr schöne junge Frau. Richtig fesch, wie wir hier in den Bergen sagen.«

      Anna lächelte Johanna an.

      »Irgendwo dort draußen gibt es auch für dich einen feschen Burschen.«

      »Meinst du wirklich?«

      »Ja! Absolut! Das liegt nur an dir! Soll ich dir mal etwas sagen?«

      »Sicher, du meinst, ich mache etwas falsch, stimmt es?«

      »›Falsch‹ ist ein zu strenges Wort! Du solltest versuchen, mit dir selbst glücklich zu sein. Sei stolz auf dich! Sei zufrieden mit dir! Menschen können Fehler machen! Ich kann nicht beurteilen, ob du einen Fehler gemacht hast. Aber es hat keinen Sinn, wenn du dir immer und immer wieder deswegen Vorwürfe machst. Damit stehst du deinem neuen Glück im Wege. Niemand hat eine Garantie für das Glück. Liebe ist ein Geschenk, das man täglich schenken soll und es als Geschenk auch täglich annehmen muss. Wenn du alle Geschenke mit Skepsis anschaust, dann wird daraus nichts. Ich will dir ein Beispiel geben. Jemand überreicht dir ein Paket. Es ist ein Geschenk. Es ist in buntes Papier eingepackt und hat eine große Schleife. Jetzt gibt es zwei Gedanken. Der erste Gedanke ist, was wird Wunderbares darin sein? Herrlich, ein Geschenk für mich! Du freust dich und machst das Präsent auf. Du siehst, was darin ist und freust dich wirklich. Die zweite Möglichkeit ist, dass du denkst: mal sehen, was darin ist. Wenn es mir nicht gefällt, dann lasse ich mir den Kassenzettel geben und tausche es um. Mit diesen Hintergedanken wirst du dir das schöne Geschenk nie richtig ansehen. Du wirst dir keine Zeit nehmen, es genau zu betrachten. Dessen Schönheit wirst du dabei nicht erfassen. Du riskierst nur einen flüchtigen Blick. Verstehst du?«

      »Ja, Anna! Ich verstehe! Genauso ist es! Du willst mir sagen, ich soll mir diesen Bobby genau ansehen?«

      »Nicht nur diesen Bobby! Du sollst dein Herz nicht verschließen. Es kann niemand hinein, wenn du nicht wirklich deine Tür öffnest. Du hast die Tür zwar offen. Da steht auch ein Schild daran, das besagt, bitte eintreten. Aber du hast auf der Schwelle eine Schnur gespannt. Bevor du sie löst, musterst du jeden. Und bei der kleinsten Kleinigkeit schickst du ihn zurück. Du stehst hinter der Schnur und suchst nach Fehlern.«

      Anna lachte.

      »Am liebsten hättest du ein Gerät, das dir alles zeigt, damit du ja kein Risiko eingehst, wie diese Scanner am Flughafen. Höre auf, die Messlatte so hoch anzulegen. Es bringt nichts! Lege dir selbst keine Steine in den Weg! Und wenn du unbedingt Steine verarbeiten willst, dann baue etwas Schönes daraus. Aus jedem Stein kann man ein schönes Haus bauen. Es kommt nur auf die Architektin an.«

      »Nun, vielleicht finde ich hier in den Bergen die Steine für ein schönes Haus der Liebe. Steine gibt es genug!«, seufzte Johanna.

      »Jede Menge haben wir hier davon! Aber nimm die Steine vom ›Engelssteig‹, nicht von dem Geröll beim ›Höllentor‹. Du weißt, was ich dir damit sagen will?«

      »Ja, ich habe die Geschichte über die beiden Berge auf der Internetseite vom Fremdenverkehrsamt gelesen. Ich finde sie ganz lustig! Wenn etwas Schlimmes geschieht, dann soll vorher eine schwarze Wolke über dem Gipfel des ›Höllentors‹ hängen, weil der Teufel aus seinem Tor auf dem Gipfel getreten ist. Aber die Engel auf dem ›Engelssteig‹ beschützen das Tal und Waldkogel. Als Kind hätte mir die Vorstellung, dass die Engel jede Nacht auf einer unsichtbaren Leiter hinauf in den Himmel steigen, bestimmt gefallen. Ich hatte als Kind eine Zeit, da sammelte ich alles, was mit Engeln zusammenhing, Engelsfiguren aller Art, Engelsbilder, Geschichten. Da hätte ich mir vorgestellt, wie die Engel, mit schwerem Rucksack auf dem Rücken, zwischen den Flügeln, hinauf in den Himmel stiegen.«

      »Du kannst jeden hier in Waldkogel fragen. Fast jeder hat Erfahrungen gemacht. Es sind keine unsinnigen Geschichten, Johanna. Ich weiß, dass es schwer zu glauben ist. Du kannst aber selbst mit den Engeln reden. Schau hinauf zum Gipfel des ›Engelssteig‹ und erzähle den Engeln, wie der Traummann sein soll, den du dir wünschst. Sie haben den Überblick, die Engel. Und sie werden mit Sicherheit deinen Wunsch hinauf in den Himmel tragen.«

      Johanna lächelte Anna an.

      »Ich glaube nicht mehr an Märchen, weder an Märchen aus dem Märchenbuch, noch an Engel.«

      »Und nicht an die Liebe«, ergänzte Anna. »Dann bitte die Engel, dass du wieder an die Liebe glauben kannst, dass du wieder fähig sein wirst, Liebe zu empfinden, sie zu spüren, wenn sie dir geschenkt wird. Das ist doch etwas, womit sogar du die Wirkung der Engel vom ›Engelssteig‹ prüfen kannst.«

      »Ja, das ist machbar! Das wäre ein Test! Darauf könnte ich mich einlassen!«, schmunzelte Johanna. »Ich werde darüber nachdenken!«

      Sie lächelte Anna an.

      »Danke, dass du dir so viel Zeit genommen hast!«

      »Gern geschehen!«

      Johanna trank ihren letzten Rest Kaffee aus. Dann stand sie auf, lächelte Anna noch einmal zu und ging in ihre Kammer. Dort legte sie sich aufs Bett, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und dachte nach.

      *

      »War das alles, oder haben Sie noch einen Wunsch?«

      »Danke, ich glaube, das war alles. Sollte ich noch etwas an Ausrüstung brauchen, dann schaue ich noch mal vorbei!«

      Der Mann stand vor dem großen Spiegel und schaute sein Spiegelbild an. Er schmunzelte.

      »Fühlst dich verkleidet, wie?«, sprach ihn ein Mann an, der ihn beobachtetet hatte.

      »Ziemlich ungewohnt! Ich komme mir vor, als hätte man mich in ein Karnevalskostüm gesteckt. Kniebundhosen, Kniestrümpfe, Wanderschuhe, Lederweste, eine atmungsaktive Jacke, Rucksack und, und, und … Na ja, es muss wohl sein.«

      »Bist zum ersten Mal in den Bergen?«

      »Ja, das kann man so sagen!«

      »Ich komme schon seit Jahren her! Wo hast du dein Quartier?«

      »Ich will rauf zu Berghütte!«

      »Ah, zum Toni und der Anna! Gute Adresse!«

      »Ja! Da muss ich doch den Milchpfad hinauffahren und dann ein Stück wandern, richtig?«

      »Ja, des ist ein Weg! Ich will auch zur Berghütte. Aber ich nehme den Weg durch den Wald, am Forsthaus vorbei. Ich laufe ein Stück den alten ›Pilgerweg‹ entlang und dann biege ich zum ›Erkerchen‹ ein. Von dort aus kann man die Berghütte sehen. Der Weg ist zwar länger,


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