Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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      Rosemarie errötete. Sie schaute unter sich.

      »Wenn Sie das so wollen, dann …«, sie brach den Satz ab und nickte.

      Pfarrer Zandler schaute ihr nach, wie sie ins Haus ging. Einen besonders glücklichen Eindruck macht sie nicht, dachte er.

      Eine kurze Weile später saßen sie im Garten und tranken Kaffee.

      »So, dann tust mal erzählen! Ich weiß wenig über dich.«

      Sie errötete wieder.

      »Da gibt es nicht viel zu erzählen, Herr Pfarrer. Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt und habe eine Ausbildung als Hauswirtschaftlerin. Ich habe sogar die Meisterprüfung gemacht.«

      »Tüchtig! Dann scheinst ja Freude an deinem Beruf zu haben.«

      »Ja, das habe ich.«

      »Und sonst? Wo bist her? Hast Familie, Geschwister?«

      Pfarrer Zandler bemerkte, dass Rosemarie schnell in ein Stück Kuchen biss. Er erkannte, dass sie sich mit der Antwort Zeit lassen wollte.

      »Jeder hat doch Familie! Ich stamme aus einer großen Familie, bin die Jüngste. Mehr gibt es darüber nicht zu sagen.«

      Den letzten Satz fügte sie leise hinzu. Pfarrer Zandler drang nicht weiter in sie. Er hatte erkannt, dass Rosemarie Rankl nicht gerne über ihr Privatleben sprach. Da liegt vielleicht der Hase begraben, dachte er. Das Madl hat einen stillen Kummer, deshalb schaut es so traurig aus. Ich muss ihr etwas Zeit geben. Sie muss sich hier erst einmal einleben und Vertrauen zu mir fassen. Vielleicht schüttet sie dann ihr Herz aus.

      Pfarrer Zandler wechselte das Thema. Er sprach vom Alltag im Pfarrhaus.

      »Ich bin sehr viel unterwegs. An den Berghängen gibt es viele Aussiedlerhöfe und Almen. Die muss ich besuchen. Und jetzt ist mal wieder Zeit dazu. Ich werde also nicht oft zum Mittagessen hier sein. Abends essen wir kalt. Wir essen in der Küche pünktlich zum abendlichen Angelusläuten, wenn ich da bin. Wenn ich später komme, dann brauchst nicht auf mich zu warten, Rosel.«

      Sie nickte.

      »Gibt es sonst noch etwas?«

      »Naa! Ein Telefon steht im Flur. Auf dem Block daneben kannst du mir die Anrufe notieren. Die Helene hat das Kaffeekränzchen für die Frauen aus Waldkogel abgesagt, solange sie in Kur ist. Außerdem ist es Hochsommer, dann kommen sowieso nicht viele Frauen. Da ist auf den Höfen und Almen viel Arbeit und die meisten Höfe vermieten auch noch Fremdenzimmer. Im Winter kommen mehr Frauen zu den wöchentlichen Treffen.«

      Rosemarie nickte.

      »Du wirst viel freie Zeit haben«, bemerkte der Geistliche. »Musst net ständig im Pfarrhaus bleiben. Schau dir ein bisserl die Gegend an. Es ist schön hier in Waldkogel.«

      »Ja, Waldkogel sieht sehr freundlich aus.«

      Das Gespräch kam nicht richtig in Gang. Das lag sicherlich nicht an Pfarrer Zandler, der sich redlich bemühte, freundlich zu sein. Die junge Frau verschanzte sich hinter einer Mauer. Ihm schien es so, als wäre sie erleichtert, als das gemeinsame Kaffeetrinken zu Ende war und sie den Tisch abräumen konnte. Pfarrer Zandler machte danach einen langen Spaziergang. Er musste nachdenken. Das gelang ihm am besten, wenn er spazieren ging.

      Vielleicht ist sie nur schüchtern, überlegte er. Sie hat vielleicht etwas Lampenfieber. Ich gebe ihr einige Tage Zeit, entschloss er sich.

      Die Tage vergingen. Rosemarie Rankl versorgte ihn und das Pfarrhaus ohne Pannen. Sie kochte gut, war höflich und freundlich am Telefon und zu den Waldkogelern, die ins Pfarrhaus kamen. Pfarrer Zandler beobachtete sie genau. Rosemarie war sehr still. Nie begann sie von sich aus ein Gespräch. Sie huschte leise auf Hausschuhen durch das Pfarrhaus, fast geräuschlos. Es kam dem Geistlichen vor, als wäre die junge Frau am liebsten unsichtbar.

      Pfarrer Zandler beobachtete das einige Tage. Dann passte er am Morgen Toni vor der Schule ab, als er Sebastian und Franziska dort absetzte.

      »Grüß Gott, Herr Pfarrer!«

      »Grüß Gott, Toni! Hast einen Moment Zeit?«

      »Für Sie doch immer, Herr Pfarrer!«

      »Des freut mich! Ich muss mit dir ungestört über eine Idee reden. Lass uns ein Stück in die Felder gehen.«

      Toni hielt dem Geistlichen die Tür des Geländewagens auf.

      Toni fuhr aus Waldkogel hinaus und bog in den ersten Feldweg ein. Dort stellte er das Auto an die Seite. Sie stiegen aus.

      »So, hier sind wir ungestört!«, bemerkte Toni.

      Er wunderte sich, dass der Geistliche nicht mit ihm ins Pfarrhaus gehen wollte.

      »Toni, ich würde euch gern jemand für ein bis zwei Wochen auf die Berghütte schicken. Aber es muss so aussehen, als bräuchtet ihr Hilfe.«

      Toni sah den Geistlichen fragend an, unterbrach ihn aber nicht.

      »Es geht um Rosemarie Rankl, die Vertretung der Träutlein.«

      »Ich habe schon von der Rosel gehört. Ganz Waldkogel spricht über sie. Sie soll eine stille, sehr zurückhaltende junge Frau sein. Meine Mutter hat sie am Sonntag im Got­tesdienst gesehen. Sie meint, dass sie ein bisserl blass ist und so große traurige Augen hat.«

      »Des hat deine Mutter gut erkannt. Die Meta ist als Wirtin auch eine gute Menschenkennerin. Ich mache mir ein bisserl Sorgen um die Rosel, so wird die Rosemarie gerufen. Des Madl ist so ernst. Sie ist so still und verschlossen. Und blass ist sie! Da dachte ich mir, ich leihe sie euch auf die Berghütte aus. Dann ist sie unter Leuten und die Anna hat eine Hilfe in der Küche. Was hältst du davon?«

      »Wenn wir Ihnen damit einen Gefallen tun können, Herr Pfarrer, dann gern.«

      »Ja, ihr würdet mir einen großen Gefallen tun. Ich hoffe, die Rosel bekommt ein bisserl Farbe ins Gesicht und sieht danach nimmer so ernst aus. Es wird ihr auch gut tun, unter Leuten zu sein. Sie meidet zwar Menschen, zieht sich immer gleich zurück, aber auf der Berghütte kann sie nicht ausweichen. Ich habe mir viel Gedanken um des junge Madl gemacht. Sie ist nicht so, wie ein Madl in dem Alter sein soll. Sie hält ihre Jugend unter Verschluss. Sie kommt mir von der Art her älter als meine Helene Träutlein vor, sogar viel älter. Du, Toni, mit dem Madl stimmt etwas nicht. Verstehst du?«

      »Ja, ich verstehe! Sie haben des Madl ins Herz geschlossen. Sie vermuten, dass es einen Kummer hat. Jetzt wollen Sie sie zu uns auf die Berghütte schicken, damit sie ihr Herz öffnet.«

      »Oder die Ruhe und Kraft der Berge in ihr Herz eindringen. Hier verlässt sie nie das Pfarrhaus. Sie macht ihre Arbeit, da gibt es nix daran auszusetzen. Aber sie geht net raus! Ich hab’ ihr gesagt, dass sie sich mal die nähere Umgebung ansehen soll, zum Beispiel den Bergsee. Der Graf Tassilo hat sie auf das Schloss eingeladen, sie lehnte die Einladung höflich ab.«

      Toni überlegte.

      »Ich fahre jetzt noch nach Kirchwalden. Aber in ungefähr zwei Stunden bin ich zurück. Ich könnte sie gleich mit hinaufnehmen. Sie könnten sagen, ich hätte so viel zu tun und die Anna wäre erschöpft und bräuchte Hilfe.« Toni grinste. »Wenn meine Anna mich so hören würde, wäre sie ganz schön ärgerlich.«

      »Die Anna hätte die nächsten Wochen mehr Zeit, sich um die Kinder zu kümmern, so kann man es auch auslegen«, schlug Pfarrer Zandler vor.

      »Des ist eine gute Idee! Dann bin ich in zwei Stunden bei Ihnen im Pfarrhaus und nehme die Rosel mit.«

      »Des ist ein Wort, Toni! Dann fährst mich schnell zum Pfarrhaus zurück. Ich rede mit dem Madl.«

      Toni fuhr Pfarrer Zandler zurück zum Marktplatz. Er ging aber nicht gleich ins Pfarrhaus, sondern erst in den Trachten- und Andenkenladen Boller. Dort kaufte er einen einfachen, aber geräumigen Rucksack.

      »Soll ich ihn als Geschenk einpacken, Herr Pfarrer?«

      »Naa, des geht so!«, schnitt der Geistliche Veronika Boller das Wort ab.


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