Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Zeit. Lady Simpson war seit gut einer Viertelstunde überfällig.

      Parker machte sich nicht gerade Sorgen, doch er wunderte sich ein wenig. Er kannte die Pünktlichkeit sei-ner Herrin, in deren Diensten er seit einigen Monaten stand. Es hatte sich bisher um sehr aufregende Monate gehandelt. Gemeinsam mit Mylady und Kathy Porter war er von einem Abenteuer ins andere getaumelt. Seit seiner Trennung von Mike Rander, seinem früheren Herrn, war Parkers Leben nur noch aufregender gewor-den.

      Und genau das hatte Mike Rander ihm prophezeit.

      Der junge Anwalt hatte sein Leben als Globetrotter aufgeben müssen. Mike Rander kümmerte sich wieder um seine Anwaltskanzlei und hatte seinen Butler an Lady Simpson weitervermittelt. Parker hatte diesen Tausch nie bedauert, denn an einem Leben in ruhigeren Bahnen war er keineswegs interessiert.

      Er stand jetzt also neben seinem Wagen und wartete auf die Rückkehr von Agatha Simpson und Kathy Porter.

      »Hallo, Sie …!«

      Ein Junge von etwa vierzehn Jahren schlenderte auf den Butler zu und schwenkte einen Brief.

      »Meinst du mich, mein Junge?« Parkers Stimme klang distanziert wie immer.

      »Heißen Sie zufällig Parker?« erkundigte sich der Vierzehnjährige und blieb etwa zwei Meter vor dem Butler stehen, fluchtbereit und ihn listig abschätzend.

      »In der Tat, mein Junge«, gab Parker gemessen zurück. »Sollte dieser Brief für meine Wenigkeit bestimmt sein?«

      »Brechen Sie sich bloß keine Verzierung ab«, erwiderte sein Gegenüber spöttisch. »Wieviel ist Ihnen der Wisch hier wert?«

      »Das hängt davon ab, wer ihn übermitteln läßt.«

      »Irgend so eine Type drüben im Park.«

      Parker langte in eine seiner zahlreichen Westentaschen und präsentierte dem Jungen einige Schilling, wo-rauf dieser einen leichten Lachanfall erlitt.

      »Davon hab’ ich schon das Doppelte von dem Auftraggeber bekommen«, sagte er dann verächtlich.

      Parker erhöhte sein Angebot. Er wußte bereits, daß es um ernste Dinge ging.

      »In Ordnung, Sie können den Brief haben«, sagte der hoffnungsvolle Sprößling, »falls Sie noch mal ver-doppeln.«

      »Ich möchte fast annehmen, daß du eines Tages Bankier werden wirst«, stellte Parker fest und kam dem Wunsch des Jungen nach, worauf er endlich den Brief erhielt.

      Bevor er dem Elfjährigen irgendwelche Fragen stellen konnte, war er bereits in den Randsträuchern des angrenzenden Parks verschwunden. Josuah Parker öffnete den Umschlag und zog einen Notizzettel hervor, auf dem in sehr dürren Worten stand, man habe Lady Simpson und Kathy Porter gekidnappt. Man warnte ihn, die Polizei zu verständigen und kündigte an, ihn im Laufe des Tages im Haus von Mylady Agatha anzu-rufen.

      Damit war genau das eingetroffen, was der Butler eigentlich schon befürchtet hatte. Der immense Reich-tum seiner Herrin hatte ja eines Tages zwangsläufig gewisse Leute anziehen müssen, die eine Teilhaberschaft verlangten.

      *

      Die Fahrt dauerte fast eine Stunde und endete vor dem Tor eines ehemaligen Feldflugplatzes der Royal Air Force.

      Dieser Platz machte einen völlig verrotteten Eindruck.

      Der ehemalige Tower hatte keine einzige heile Fensterscheibe mehr, die Unterkunftsbaracken standen vor dem Zusammenbruch. Unkraut aller Art überwucherte die betonierten Verbindungsstraßen und die einstige Rollbahn. Um den Platz herum erhob sich ein Wald, weit und breit war kein Haus zu sehen.

      »Wollen Sie es etwa wagen, mich hier festzuhalten?« entrüstete sich Lady Agatha grollend, während der untersetzte Boxer ausstieg und das Tor öffnete.

      »Aber nein«, erwiderte der Albino vom Steuer her und kicherte, was sich irgendwie ein wenig irr anhörte. »Wir wissen doch, was wir Ihnen schuldig sind. Madam, Sie werden sich noch wundern.«

      Der Ford rollte an, passierte das Tor und wartete, bis der Boxer das Tor wieder geschlossen hatte und ein-gestiegen war. Dann ging es in schneller Fahrt über eine der brüchigen Betonstraßen auf einen bunkerähnli-chen Erdhügel zu.

      Lady Agatha wußte, auf welchem Flugplatz sie sich befanden, was sie ein wenig beruhigte. Sie befanden sich etwa dreißig Meilen nordwestlich von London, irgendwo in der Gegend von St. Albans.

      Der Ford hielt an, Agatha Simpson und Kathy Porter stiegen aus.

      Die attraktive Gesellschafterin von Mylady wirkte scheu und ängstlich wie ein verstörtes Reh. Innerlich schien sie vor Angst fast zu beben. Schüchtern schaute sie sich um.

      Der sportliche, gut aussehende junge Mann ging bereits zu dem Erdhügel hinüber und öffnete eine Tür, die mit Eisenblech beschlagen war. Die Tür war offensichtlich vorbehandelt worden. Sie öffnete sich leicht, weil gut geölt, und gab den Blick frei in einen Betonbunker.

      »Komfort wird später nachgeliefert«, sagte der Albino spöttisch und deutete in die ungastliche Unter-kunft. »Los, Madam! Worauf warten Sie noch?«

      Kathy Porter, die innerlich keineswegs vor Angst bebte, schätzte die Chancen für eine blitzschnelle Be-freiungsaktion ab. Sie war in gewissen Künsten der Selbstverteidigung mehr als beschlagen. Zu diesen Küns-ten gehörte auch der Gebrauch der Handkanten und Füße.

      Sie kam zu dem Schluß, daß die drei Männer einfach zu clever waren. Sie hielten auf Abstand und schie-nen den beiden Frauen nicht über den Weg zu trauen. Vielleicht hatte es sich schon bis zu ihnen herumge-sprochen, wie aktiv zum Beispiel eine Agatha Simpson werden konnte.

      Lady Agathas Gedanken hatten sich in ähnlichen Bahnen bewegt. Auch sie hatte sich gefragt, ob es sinn-voll war, ihren Pompadour samt dem darin befindlichen »Glücksbringer« zu aktivieren. Bei dem »Glücks-bringer« handelte es sich immerhin um ein solides Hufeisen.

      Auch die passionierte Detektivin kam zu dem Schluß, vorerst ruhig zu bleiben. Ganz instinkiv mochte sie den Albino nicht. Dieser Mann schien unberechenbar zu sein, rachsüchtig und nachtragend. Es war wohl angebracht, ihn vorerst in Sicherheit zu wiegen.

      Lady Agatha marschierte deshalb auf ihren stämmigen Beinen zur Tür des Betonbunkers und erlitt dann plötzlich einen bedauernswerten Herzanfall, der sehr überzeugend wirkte.

      Sie blieb plötzlich stehen, faßte nach der linken Hälfte ihres mächtig wogenden Busens und produzierte dazu Laute, die an die eines leicht erkälteten Hirsches erinnerten. Dann verdrehte sie ein wenig die Augen und schielte dabei gekonnt zu den drei Kidnappern hinüber. Sie wollte sich vergewissern, wie ihr Anfall wirkte.

      Der junge, sportlich aussehende Mann sprang auf sie zu. Der ehemalige Boxer blieb wie erstarrt stehen, und der Albino kickste beeindruckt auf. Lady Agatha hatte ihm beim Zusammenbrechen ihren linken Ellbo-gen nachdrücklich in die Magengrube gerammt.

      Dann lag die Sechzigjährige dekorativ am Boden und genoß den Aufruhr, den sie verursacht hatte.

      *

      Josuah Parker verhielt sich erstaunlich.

      Er war nicht auf dem schnellsten Weg zurück in das Stadthaus von Mylady gefahren, um dort auf den an-gekündigten Telefonanruf der Kidnapper zu warten. Nein, Parker befand sich in der City von London und schien nichts Besseres zu tun zu haben, als dem Stadtteil Soho einen Besuch abzustatten.

      Der Butler ließ seinen Wagen in einer kleinen Seitenstraße stehen und bemühte sich nach einem kurzen Fußmarsch in die Lokalitäten einer kleinen Pizzeria.

      Der Wirt, ein überraschend magerer, kleiner Italiener, entdeckte den Butler, wieselte um die lange Barthe-ke herum und rannte temperamentvoll seinem Gast entgegen.

      »Mister Parker«, stieß er begeistert hervor, »Sie hier in meinem kleinen Lokal! Das ich das noch erleben darf. Sie sind mein Gast, mein Ehrengast. Küche und Keller stehen zu Ihrer Verfügung.«

      »Mit einer Auskunft wäre mir eigentlich mehr gedient«, antwortete Parker zurückhaltend.


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