Der Raum, in dem alles geschah. John Bolton
Читать онлайн книгу.Oval Office zurück und hatten das Gefühl, dass alles wie geplant verlaufen war und dass die Rede gut aufgenommen werden würde. Einige Minuten nach halb drei hielt ich ein Treffen mit Reportern im Besprechungszimmer des Weißen Hauses ab, bei dem ich offizielle Erklärungen abgab; Kameras waren jedoch nicht gestattet, damit auf den Medienfotos der Präsident bei seiner Rede zu sehen war. Dann waren wir fertig.
Es hatte einen Monat gedauert, den Atomdeal mit dem Iran zu schreddern, was verdeutlichte, wie einfach es war, wenn erst jemand die Dinge in die Hand nahm. Ich tat mein Bestes, um unsere Verbündeten Großbritannien, Deutschland und Frankreich mit dem Geschehenen vertraut zu machen, denn sie schienen auf einen möglichen Ausstieg der USA überhaupt nicht eingestellt gewesen zu sein. Es blieb noch viel zu tun, um den Iran in die Knie zu zwingen, oder um das Regime zu stürzen, ungeachtet der von Trump erklärten gegenteiligen Strategie, aber wir hatten einen guten Start hingelegt.
Nach dem Ausstieg wurde noch einige Monate lang daran gearbeitet, Trumps Entscheidung zur Wiedereinführung der Wirtschaftssanktionen weiterzuverfolgen und andere Schritte zu unternehmen, um den Druck auf Teheran zu erhöhen. Im Grunde bestand der ursprüngliche Plan darin, alle früheren Sanktionen, die durch Obamas Atomdeal ausgesetzt worden waren, wieder in Kraft zu setzen und dann Anpassungen vorzunehmen, um Schlupflöcher zu schließen, die Maßnahmen zur Umsetzung zu verstärken und die Kampagne in »maximalen Druck« auf den Iran umzuwandeln.79 Am 26. Juli war der Zeitpunkt gekommen, eine eingeschränkte Sitzung des Hauptausschusses abzuhalten, um zu sehen, wie wir vorankamen. Diese fand um zwei Uhr nachmittags im Sit Room statt. Der interessanteste Teil der Sitzung waren Mattis’ Bemühungen, die allgemeine Bedeutung des Iran für die internationale Gefahrenmatrix, der die USA gegenüberstehen, herunterzuspielen. Er sagte, Russland, China und Nordkorea seien größere Bedrohungen, obwohl seine Gründe vage waren, und ich war erfreut zu sehen, dass ihn Pompeo und Mnuchin beide zurückdrängten, da der Iran zu den vier größten Bedrohungen gehörte, die in der Nationalen Sicherheitsstrategie genannt waren, welche Trump vor meiner Amtszeit genehmigt hatte. Aber das Gespenst von Mattis’ Protesten dagegen, den Iran ernst zu nehmen, würde uns bis Ende 2018, als er das Weiße Haus verließ, und noch darüber hinaus verfolgen. Dieses Treffen war so bedeutsam, dass die Presse davon erfuhr und am nächsten Tag auch darüber berichtet wurde.80 In der Zwischenzeit stürzte die iranische Währung ab.
Mitte August 2018, und dann noch einmal im Januar 2019, reiste ich nach Israel, um mich mit Netanjahu und anderen wichtigen israelischen Amtsträgern zu einer Reihe von Themen zu treffen, vor allem aber zum Thema Iran. Dieses war für Israel von existenzieller Bedeutung, und Netanjahu war zum führenden Strategen für die Eindämmung der iranischen Atomwaffen- und Raketenprogramme geworden. Ihm war auch klar, dass ein Regimewechsel bei weitem der wahrscheinlichste Weg war, das Verhalten Irans dauerhaft zu ändern. Auch wenn dies nicht die erklärte Politik der Trump-Regierung war, so konnte dies sicherlich noch geschehen, wenn die Auswirkungen der Sanktionen einsetzten. Zudem bestand unter den Ölförderstaaten im Nahen Osten schon seit Jahren stillschweigend Einigkeit über die gemeinsame Bedrohung, die der Iran für sie und Israel darstellte, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Dieser Iran-Konsens ermöglichte gleichzeitig auch einen neuen Vorstoß zur Lösung des Israel-Palästina-Konflikts, was Amerika strategisch sehr zugute kommen konnte. Ob wir aus diesen neuen Ausrichtungen operativ das Beste herausholen konnten, war natürlich eine andere Frage.
Anfang September förderten Angriffe auf die US-Botschaft in Bagdad und das US-Konsulat in Basra, die meines Erachtens zweifellos von schiitischen Milizen auf Geheiß des Iran verübt worden waren, neue Spannungen innerhalb der Regierung zutage, da sich viele im Außen- und Verteidigungsministerium energischen Reaktionen entgegenstellten.81 Die mangelnde Bereitschaft zu Vergeltungsmaßnahmen, die die Kosten für die Angreifer in die Höhe treiben und sie in Zukunft hoffentlich abschrecken sollten, spiegelte die Überbleibsel der Politik der Obama-Ära wider. Selbst zwanzig Monate nach Beginn von Trumps Präsidentschaft waren die neuen Ernennungen und die neuen Strategien noch nicht in Kraft. Hätten wir uns noch am Anfang des Jahres 2017 befunden, wäre das Problem vielleicht verständlich gewesen, aber es war schlichtes Fehlverhalten, dass die bürokratische Trägheit in solch entscheidenden strategischen Bereichen fortbestand. Die Debatte darüber, wie man auf diese Art von Angriffen reagieren sollte, dauerte während meiner gesamten Amtszeit an. Dies war auf Verschleppungstaktiken und Trumps impulsiven Wunsch zurückzuführen, Amerikas Truppenpräsenz in der Region zu verringern, was uns einheitlich in eine eher passive Richtung führte. Bei allem, was Trump an der Obama-Regierung hasste, war es ziemlich ironisch, dass seine eigenwilligen Ansichten die bestehenden Tendenzen der Politik einfach nur verstärkten, und das alles zum Nachteil der US-Interessen im Nahen Osten im weiteren Sinne.
Ich war auch beunruhigt über die mangelnde Bereitschaft des Finanzministeriums, die Beteiligung des Iran am globalen Finanznachrichtensystem SWIFT zu unterdrücken. Unter den Republikanern im Kongress bestand ein beträchtliches Interesse daran, die weitere Verbindung des Iran zu diesem System zu unterbinden, aber Mnuchin und das Finanzministerium lehnten dies ab. Sie hatten verständliche Bedenken, aber sie drängten beständig darauf, die bestehende Politik nicht zu ändern, was das charakteristische Merkmal der bürokratischen Trägheit war. Die wirkliche Antwort bestand darin, den Iran immer stärker unter Druck zu setzen und daran zu arbeiten, mehr Wege für eine umfassende Überwachung des Irans zu finden, und nicht darin, dem Iran einen Freibrief zu erteilen, um einfach mit Überwachungsmechanismen fortzufahren, die mit ein wenig Aufwand ersetzt und vielleicht sogar verbessert werden könnten.82 Die Mitarbeiter des NSC und ich drängten weiter darauf, weitgehend hinter den Kulissen, und hatten im Laufe des Jahres auch Erfolg, aber im darauffolgenden Jahr traten noch schwierigere Hindernisse für unsere Iran-Politik in Erscheinung.
64 Abe hatte zuvor argumentiert, dass es »im Falle von Nordkorea nicht funktionieren wird, der Diplomatie Vorrang einzuräumen und die Bedeutung des Dialogs zu betonen« und dass »jetzt die Zeit gekommen ist, den äußersten Druck auf den Norden auszuüben«. Er schrieb ausdrücklich: »Ich unterstütze nachdrücklich die Position der Vereinigten Staaten, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen«, wobei er die bekannte Formulierung verwendete, die militärische Gewalt als die nicht erwähnte Option einschließt. Siehe Shinzo Abe: »Solidarity Against the North Korean Threat«, https://www.nytimes.com/2017/09/17/opinion/north-korea-shinzo-abe-japan.html
65 Siehe »Treasury Designates Russian Oligarch, Officials, and Entities in Response to Worldwide Malign Activity«, https://home.treasury.gov/news/press-releases/sm0338
66 Viele politische Kommentatoren teilten meine Skepsis. Siehe z.B. Derek Grossman: »China’s Reluctance on Sanctions Enforcement in North Korea«, https://www.rand.org/blog/2018/01/chinas-reluctance-on-sanctions-enforcement-in-north.html
67 »Trump calls Iran deal ›insane‹ in meeting with France’s Macron«, https://www.cnbc.com/video/2018/04/24/trump-calls-iran-deal-insane-in-meeting-with-frances-macron.html
68 Macron enthüllte dies der Presse einige Tage später auf eigene Faust. Siehe https://www.efe.com/efe/english/world/macron-believes-trump-will-scrap-iran-nuclear-deal/50000262-3596907
69 Siehe Peter Baker und Julie Hirschfeld Davis: »Trump Signals Openness to a ›New Deal‹ to Constrain Iran«, https://www.nytimes.com/2018/04/24/world/europe/trump-macron-iran-climate.html?searchResultPosition=22
70 Macron verwendete genau diesen Satz noch einmal in der gemeinsamen Pressekonferenz im Anschluss an das bilaterale Treffen. Siehe »Remarks by President Trump and President Macron of France in Joint Press Conference«, 24. April 2018, https://www.whitehouse.gov/briefings-statements/remarks-president-trump-president-macron-france-joint-press-conference/