Der Raum, in dem alles geschah. John Bolton

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Der Raum, in dem alles geschah - John Bolton


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einfach, Haley habe einen bedauerlichen Fehler gemacht. Antonow war ein einsamer Mann, da die Menschen in Washington nun Angst hatten, im Gespräch mit Russen gesehen zu werden, also lud ich ihn zu einem Treffen ins Weiße Haus ein. Trump war angetan, als ich ihm später davon berichtete, denn jetzt konnten wir anfangen, über das von ihm gewünschte Treffen mit Putin zu sprechen. Ich informierte Pompeo auch über Haley und die Ereignisse des Tages in Bezug auf Russland, und ich konnte am Telefon spüren, dass er vor Bestürzung den Kopf schüttelte.

      Ungeachtet der Ruhe in Moskau wütete die US-Presse am Montag über die angekündigten Sanktionen gegen Russland. Trump gab Sanders die Pressemitteilung, dass wir Russland mit Sanktionen hart getroffen hätten und über weitere Maßnahmen nachdächten, in der Hoffnung, dadurch den von Haleys Kommentaren verursachten Schaden zu beheben. Ich sprach mit John Sullivan, der die Geschäfte des Außenministers aufgenommen hatte. Er stimmte mir zu, dass das Außenministerium in gewisser Weise verantwortlich sei, da es in den Tagen von Tillerson und Haley im Wesentlichen keine Kommunikation zwischen dem Außenministerium und unserer UN-Mission in New York gegeben habe. Haley war wie ein freies Elektron, und daran hatte sie sich offenbar gewöhnt, da sie direkt mit Trump kommunizierte. Ich erzählte Sullivan von den Schreiduellen zwischen Al Haig und Jeane Kirkpatrick in den frühen Tagen der Reagan-Regierung, und Sullivan lachte: »Wenigstens haben die miteinander geredet.«

      Am Dienstag war die Presse noch immer in Aufruhr. Haley rief mich um 9.45 Uhr an, weil sie Angst hatte, dass man sie jetzt im Regen stehen lassen würde: »Das lasse ich mir nicht bieten. Ich will mich nicht dafür verantworten müssen.« Sie bestritt, dass sie und die US-Mission über die Rücknahme vom Samstag informiert worden waren. Ich sagte, ich werde das weitergehend prüfen, obwohl ihre eigenen Mitarbeiter am Sonntag zugegeben hatten, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Ich ließ Waddell noch einmal beim Finanzministerium nachfragen, das langsam keine Lust mehr hatte, sich die Schuld zuschieben zu lassen. Man betonte dort, dass am Freitag allen, einschließlich dem Vertreter der UN-Botschafterin, deutlich gemacht worden sei, dass, wie auch immer Trumps Entscheidung ausfallen würde, bis Montagmorgen, kurz vor Öffnung der US-Märkte, keine Bekanntgabe erfolgen würde. Ich fand das sehr bezeichnend. Das Finanzministerium bestätigte auch, dass es am Samstag, wie auch die Mitarbeiter des NSC, nochmals alle zur Bestätigung angerufen hatte. Und überhaupt, warum sollte unsere UN-Botschafterin die Ankündigung machen? Waddell sprach erneut mit Haleys Berater Jon Lerner, der sagte: »Sie hätte es nicht tun sollen … es war ein Versprecher.« In der Zwischenzeit nörgelte Trump darüber, dass die Presse es so darstellte, als vollzöge er eine politische Kehrtwende, weil er befürchtete, dass dies ihn in Bezug auf Russland schwach erscheinen ließ.

      Das Lauffeuer war jedoch im Begriff, an einer anderen Front auszubrechen, als Larry Kudlow die Presse über die Diskussionen zwischen Trump und Abe informierte. Sanders wollte, dass ich mich Kudlow anschloss, aber ich entschied mich dagegen, aus dem gleichen Grund, aus dem ich es ablehnte, an den Talkshows am Sonntag teilzunehmen: Ich sah keinen Sinn darin, gleich in meiner ersten Arbeitswoche ein TV-Star zu sein. In der Live-Berichterstattung über Kudlows Briefing, in der die unvermeidliche Frage nach den Sanktionen gegen Russland gestellt wurde, sagte Kudlow, dass es kurzzeitig einige Verwirrung gegeben habe, und legte dann die Punkte dar, die Trump Sanders an Bord der Air Force One diktiert hatte. Haley feuerte sofort eine Botschaft an Dana Perino von Fox ab: »Bei allem Respekt, ich bin nicht verwirrt«, und, bumm, ging der Krieg wieder los, zumindest für eine Weile. Haley holte aus dem Vorfall einen guten Buchtitel heraus. Aber, bei allem Respekt: Haley war nicht verwirrt. Sie hatte einfach nur unrecht.

      Nachdem Trump und Abe am Mittwochmorgen Golf gespielt hatten, gab es ein Arbeitsessen, hauptsächlich zu Handelsfragen, das erst um 15 Uhr begann. Die beiden Staatschefs hielten eine gemeinsame Pressekonferenz ab, und ein Abendessen zwischen den beiden Delegationen begann um 19.15 Uhr – viel Essen in kurzer Zeit. Ich flog mit dem Flugzeug der First Lady zurück nach Washington und betrachtete diesen Gipfel als einen echten Erfolg in wesentlichen Fragen wie Nordkorea.

      Ich konzentrierte mich jetzt jedoch auf den Iran und die Gelegenheit, die sich durch die nächste Entscheidung über die Aufhebung der Sanktionen am 12. Mai bot, die Frage des Rückzugs zu erzwingen. Pompeo hatte mich am Dienstagabend in Florida angerufen, um zu besprechen, wie es mit dem iranischen Atomabkommen weitergehen sollte. Es war schwer zu sagen, ob er nach seinem schwierigen Bestätigungsverfahren immer noch aufgekratzt war, was völlig verständlich wäre, oder ob er von Leuten im Außenministerium beeinflusst wurde, die zunehmend aufgeregt darüber waren, dass wir uns vielleicht endlich zurückziehen würden. Nach einem schwierigen, manchmal gereizten Hin und Her über die unvermeidliche Kritik von Seiten der Hochgesinnten, die ein Rückzugsbeschluss auslösen würde, sagte Pompeo, er werde im Außenministerium gründlich darüber nachdenken lassen, was aus unserem Ausstieg folgen würde, etwas, wogegen man sich bisher hartnäckig gewehrt hatte. Ich befürchtete, dass Pompeos offensichtliche Nervosität darüber, den Atomdeal mit dem Iran platzen zu lassen, zu einer noch größeren Verzögerung führen könnte. Da ich wusste, dass die Bürokratie des Außenministeriums diese Unentschlossenheit aufgreifen würde, um den Untergang eines weiteren geheiligten internationalen Abkommens zu verhindern, könnte ein Zögern auf der politischen Ebene der Regierung tödlich sein.

      Trump blieb für den Rest der Woche in Florida; ich war zurück in Washington und konzentrierte mich auf den Iran. Ich war seit langem der Meinung, dass die nukleare Bedrohung durch den Iran zwar operativ nicht so weit fortgeschritten war wie jene, die von Nordkorea ausging, dass sie aber genauso gefährlich war, möglicherweise sogar noch gefährlicher wegen der revolutionären theologischen Obsessionen, die seine Führer motivieren. Teherans Nuklearprogramm (ebenso wie seine Arbeit an chemischen und biologischen Waffen) und seine Kapazitäten im Bereich ballistischer Raketen machten es sowohl zu einer regionalen als auch zu einer globalen Bedrohung. Im ohnehin angespannten Nahen Osten inspirierten Irans Fortschritte im Nuklearbereich andere – die Türkei, Ägypten, Saudi-Arabien – dazu, Schritte zu unternehmen, die letztlich darauf hinausliefen, eigene Atomwaffenkapazitäten zu besitzen, was ein Beweis für das Proliferationsphänomen war. Der Iran hatte auch die zweifelhafte Ehre, weltweite Zentralbank des internationalen Terrorismus zu sein, mit einer aktiven Bilanz insbesondere im Nahen Osten bei der Unterstützung terroristischer Gruppen mit Waffen und Finanzmitteln, und durch den Einsatz seiner eigenen konventionellen militärischen Kapazitäten im Ausland, um seine strategischen Ziele voranzutreiben. Und nach vierzig Jahren schien der Eifer der Islamischen Revolution im Iran bei seinen politischen und militärischen Führern nicht nachzulassen.

      Ich traf mich mit dem Briten Mark Sedwill, dann mit meinem deutschen Amtskollegen Jan Hecker und telefonierte ausführlich mit dem Franzosen Philippe Étienne. Ich wiederholte zwar mehrfach, dass keine endgültige Entscheidung getroffen worden sei, versuchte aber auch auf jede erdenkliche Weise zu erklären, dass es keinen Weg gebe, das Abkommen »in Ordnung zu bringen«, wie es das Außenministerium seit mehr als einem Jahr forderte. Für alle drei meiner Amtskollegen und ihre Regierungen war dies eine schwer verdauliche Botschaft. Deshalb wiederholte ich sie immer wieder, in dem Wissen oder zumindest in der Hoffnung, dass Trump sich innerhalb weniger Wochen aus dem Abkommen zurückziehen würde. Die Nachricht würde ein Donnerschlag sein, und ich wollte sicher sein, dass ich alles Mögliche tat, damit unsere engsten Verbündeten nicht überrascht wurden. Angesichts der bevorstehenden Besuche von Macron und Merkel im Weißen Haus gab es reichlich Gelegenheit für eine umfassende Diskussion dieser Fragen, aber sie mussten im Voraus wissen, dass Trump diesmal wirklich aussteigen wollte. Wahrscheinlich.

      Ich erwartete, dass Pompeo trotz seiner Unbeständigkeit, als ich in Mar-a-Lago war, dem Außenministerium etwas Disziplin beibringen würde, aber er war bei Rand Paul auf ein Problem gestoßen, was seine Bestätigung anging. Paul erklärte schließlich seine Unterstützung für Pompeo, als Gegenleistung dafür, dass Pompeo sagte, dass erstens der Irak-Krieg 2003 ein Fehler gewesen sei und dass zweitens, zumindest laut einem Tweet von Paul, ein Regimewechsel eine schlechte Idee sei, und dass wir uns so bald wie möglich aus Afghanistan zurückziehen sollten. Ich hatte Mitleid mit Pompeo, denn ich war mir sicher, dass dies nicht seine wahren Ansichten waren. Ich war nie damit konfrontiert gewesen, meine Ansichten widerrufen zu müssen, um eine Stimme oder gar von Trump den NSC-Job zu bekommen, also musste ich nie die Entscheidung treffen, vor der Pompeo stand. John Sullivan vom Außenministerium erzählte mir wenig später von seinem Höflichkeitsbesuch


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