G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner
Читать онлайн книгу.Der Mann steht immer noch vor seiner Schmiede, die fleckige braune Schürze vor dem dicken Leib, den Hammer in der rechten Hand und den Mund offen.
Der Mann starrt ihm nach und regt sich nicht. Aus den Augenwinkeln sieht Kenneth Cord die Frau drüben vor der Bäckerei. Die Lady hat ein etwa neunjähriges Kind an der Hand und sieht zu ihm hin, genau wie der Schmied.
»Teufel«, sagt Kenneth halblaut und sieht an sich herab. »Fehlt mir was, habe ich eine zerrissene Hose, sieht mein Hemd hinten heraus, oder was ist sonst? Was haben die Leute, warum sehen sie mir nach?«
Es ist alles in Ordnung. Und doch starren ihm diese Leute nach. Aber vielleicht irrt er sich auch?
Kenneth geht los, blickt einen Moment zum Schild empor, auf dem Charles Morgan steht. Morgans Store in einem Nest, das aus sieben Häusern besteht. Tabak, denkt Kenneth, endlich wieder Tabak haben und dann fragen, wo ich hier überhaupt bin. Der Teufel soll sie holen. Diese Gauner, wenn ich die erwische, ich schlage ihnen so auf das Maul, dass ihre Zähne im Bauch Klavier spielen. Klauen mir mein Geld und lassen mich 20 Meilen zu Fuß rennen, ehe ich mein Pferd finde. Wenigstens zehn Dollar haben sie mir gelassen.
Er tritt durch die Tür in den halbdunklen Store, wo es nach Petroleum, getrockneten Pflaumen, Gewürzen, Stoffen und auch nach Leder riecht.
Hinter dem Tresen steht ein Mädchen, keine zwölf Jahre alt, mit langen Zöpfen und einer Stupsnase, auf der ein paar Sommersprossen sind.
»Hallo«, sagt Kenneth freundlich. »Nun, mein Kind, wie heißt dieser schöne Platz?«
Das Mädchen blickt ihn an und lächelt auch.
»Durham, Mister«, erwidert sie. »Dies ist Durham in Montana, Sir. Sie sind fremd, nicht wahr?«
»Das will ich meinen«, antwortet Kenneth und sieht in einem Verschlag ganz hinten, in dessen Wand ein Fenster ist, zwei Männer sich bewegen. Sie blicken zu ihm hin, aber was sie reden, das hört er nur als Gemurmel. »So, Durham in Montana. Und welche größere Stadt haben wir in der Nähe? Ich meine, wo ist hier ein Sheriff?«
»In Missoula, Sir«, erwidert sie. »Das ist dreißig Meilen von hier entfernt. Dort haben wir den Sheriff. Dies ist das Missoula-County, Sir.«
»Aha, na schön, dann weiß ich Bescheid«, sagt Kenneth und sieht, wie der eine Mann kurz aus der Tür des Verschlages blickt, um dann wieder zu verschwinden. »Habt ihr Wells und Fargo-Tabak zu verkaufen?«
»Aber gewiss, Mister. Wie viel darf es denn sein?«
»Fünf Unzen.«
Sie nickt und steigt auf eine Leiter, um den Tabak aus dem Regal zu nehmen.
»Verpflegung brauchte ich auch ein wenig«, sagt Kenneth, hört hinten die Tür klappen und sieht einen kleinen, schmalbrüstigen Mann mit einer randlosen Brille, einem Kneifer, den er halb auf die Nase gerutscht trägt, langsam hinter dem Tresen herankommen. Der andere ist nun gegangen. Der kleine Mann lächelt, streckt die Hände aus, hebt das Mädchen herunter und sagt mit einer sehr hohen Stimme: »Schönen Tag haben wir heute, was Fremder? Nun, geh schon zu Mutter nach oben und hilf ihr bei der Wäsche, Tochter. Ich habe genug mit Mr Farlow geredet.«
»Aber Dad, Ma wird schon fertig …«
»Gehst du wohl?«, sagt er beinahe zornig. »Gehorche, wenn ich dir etwas sage, Tochter. Marsch, zu Mutter, du brauchst mir heute nicht mehr zu helfen. Wirst du wohl?«
Sie zuckt zusammen und verschwindet hastig aus dem Store.
»Ein Kreuz, wenn sie älter werden«, sagt der kleine Mann jammernd und sieht Kenneth an. »Solange sie klein sind, da ist alles einfach, aber wenn sie erst größer werden … Nun, Sie kennen das sicher, Mister, wie?«
»Ich habe keine Frau, Mr Morgan«, erwidert Kenneth achselzuckend. »Aber es kann schon sein, dass Sie recht haben. Ihre Tochter sagte mir, es wären dreißig Meilen bis Missoula, ist das wahr?«
»Ja, sicher doch«, gibt Morgan zurück und reibt sich die Hände, als fröre er. »Das ist der County-Sitz, Mister. Was darf es denn außer dem Tabak noch sein, Verpflegung? Für Sie, Mister, oder …«
»Nun, für mich, für wen sonst?«, murmelt Kenneth Cord. »Ich bin nicht grade reich, jemand hat mir … Mr Morgan, sind hier vielleicht in den letzten Tagen fünf Männer durchgekommen?«
Morgan, der kleine Kerl mit dem Kneifer, zuckt zusammen und sieht ihn kurz an, dann dreht er sich um und hantiert am Regal.
»Fünf Männer, Mister? Nein, ich habe keine gesehen. Warum?«
»Nun, ich will etwas von ihnen«, sagt Kenneth, dem es nicht liegt, über sein Pech zu sprechen, weil man höchstens darüber lachen würde. »Vielleicht kennt der Sheriff in Missoula sie. Morgan, geben Sie mir Rauchfleisch, ein halbes Brot und noch etwas Schmalz. Ich muss heute noch ein ganzes Stück reiten.«
Morgan bedient ihn umständlich, stößt einen Stapel Kartons um und schimpft leise vor sich hin, als er sie wieder aufstellt.
»Entschuldigung, Mister, manchmal hat man seinen schlechten Tag, was?«, sagt Morgan heiser. »Kommen Sie von weit, Mister?«
»Ziemlich, Morgan, aus Washington herüber. Ich dachte, weiter nach Osten zu müsste es Arbeit geben. Ich bin Pferdemann, Fänger für Wildpferde.«
Morgan hustet bellend, hält sich die Hand vor den Mund und verschluckt sich beim Husten.
»Pferdefänger?«, fragt er dann krächzend. »Da müssen Sie schon weiter nach Süden reiten. Dort sind genug Ranches, die Pferde züchten.«
»Auch ein paar große Ranches? Kleine stellen um diese Zeit noch keine Leute ein, man wartet immer auf die Trockenheit, die die Pferde zu den Tränken locken, erst dann beginnt man mit dem Fang. Im Augenblick kann ich nur auf einer großen Ranch Arbeit finden, denke ich. Liegt eine größere Ranch im Süden?«
»Ja, da gibt es zwei, gar nicht so weit von hier im Süden. Die Colbrane-Ranch und die von Roy Tiffin. Der fängt auch Pferde, er beschäftigt immer einen Haufen Leute.«
»Und wo liegt die Ranch, Morgan?«
»Am Rock Creek, etwa neunzig Meilen von hier, Sir. Eine schöne große Ranch mit den prächtigsten Pferden in dieser Gegend. Araber-Aufzucht, Mister. Es sind wundervolle Tiere.«
»Ah, dann werde ich sie mir ansehen«, erwidert Kenneth. »Danke, Morgan, das ist alles. Was bin ich schuldig?«
»Drei Dollar und vierundzwanzig Cent«, gibt Morgan zurück. »Soll ich nicht einwickeln?«
»Das stecke ich schon in meine Satteltasche. Also, einen schönen Tag noch.«
»Auch so, Mister, auch so. Und gute Reise, Mister.«
Kenneth geht nach draußen und hört es links von sich klicken.
Und dann sieht er den Mann auch schon!
Es ist der Schmied, der links von ihm hinter der Hausecke herausgetreten ist und die beiden Läufe einer Schrotflinte auf ihn gerichtet hält.
»Streck die Arme hoch, Bursche!«, sagt der Schmied fauchend und zielt mitten auf Kenneths Bauch. »Schnell, hoch mit ihnen, sonst bist du ein Sieb!«
»Was soll das?«, fragt Kenneth Cord verblüfft. »Mister, ist das kein Irrtum?«
»Nimm die Hände hoch!«
Die Tür rechts neben ihm, die weit offen war, knarrt leicht.
Hinter ihr tritt der zweite Mann heraus und hat einen Revolver in der Faust. Er ist drei Schritte hinter Kenneth, eine tödliche Entfernung, wenn er abdrückt. Der Mann trägt eine mit Mehlstaub gepuderte Schürze vor dem Bauch und sieht nicht gerade friedlich aus.
»Leute, das ist …«, beginnt Kenneth.
»Keinen Trick. Streck sie hoch, sonst saust du in die Hölle!«, knurrt der mit der Mehlschürze. »Hoch mit den Händen, ich drücke sonst ab.«
Der