Kaiser Maximilian I. & die Frauen. Sigrid-Maria Größing
Читать онлайн книгу.durchschaubar, denn Karl der Kühne hatte rigoros seine Rechte als Herzog von Burgund durchgesetzt. Nach seinem Tod folgte ihm seine Tochter Maria nach, der die niederländischen Stände größte Schwierigkeiten machten und sie zwangen, das »Große Privileg«, durch das deren Rechte erweitert wurden, zu unterzeichnen.
Schon in den ersten Ehejahren verwickelte der französische König Ludwig XI. Maximilian immer wieder in neue Kämpfe, da Frankreich nach wie vor am Erwerb einzelner burgundischer Provinzen interessiert war. Der junge Habsburger kam dabei in arge Bedrängnis, wie durch ein Wunder siegte er aber in der Schlacht bei Guinegate.
Maximilian hätte trotz der Wirren und der Bedrohung durch den französischen König ein halbwegs geregeltes Familienleben mit den beiden Kindern Philipp und Margarete führen können, hätte nicht der Tod Regie geführt. Seine geliebte Gemahlin Maria von Burgund kam bei einem Jagdunfall im Jahre 1482 ums Leben, nachdem ihr kleiner Sohn Karl kurz nach der Geburt gestorben war.
Mit dem Tod Marias veränderte sich das Leben Maximilians von Grund auf. Obwohl er in den Niederlanden zum Ritter geschlagen und zunächst allseits akzeptiert worden war, begannen Aufstände gegen den jungen Habsburger, der 1486 in Frankfurt zum erwählten römischen König und in Aachen gekrönt worden war. Die Revolten bewirkten, dass man Maximilians Gefolgsleute entweder umbrachte oder vertrieb. Ihn selbst steckte man 1488 in Brügge ins Gefängnis, und wäre nicht sein Vater aus seiner Lethargie erwacht und hätte sich mit einem Heer in Richtung Flandern begeben, wäre die Sache für Maximilian äußerst prekär geworden. Seine Kinder wurden ihm weggenommen und unter die Vormundschaft der niederländischen Stände gestellt, wobei man Margarete mit dem minderjährigen Dauphin von Frankreich verlobte und das dreijährige Kind nach Amboise an den französischen Königshof schickte.
Maximilian, der ahnte, dass seine Zukunft nicht in den Niederlanden liegen würde, verließ das Land, in dem er seine große Liebe gefunden, aber nach kurzer Zeit wieder verloren hatte.
Sein zukünftiges Leben war facettenreich, denn die Kämpfe gegen die französischen Könige ebbten nicht ab, nach Ludwig XI. kamen Karl VIII. und dessen Nachfolger Ludwig XII. Alle drei waren keine Freunde des deutschen Königs. Karl VIII. nahm ihm gar seine neue Braut Anne de Bretagne weg, mit der Maximilian zwar die Ehe »per procurationem« eingegangen war, sie aber noch nicht vollzogen hatte, da er zu dieser Zeit gezwungen war, im Osten gegen die Türken zu kämpfen. Karl VIII. ließ seine Ehe mit Margarete vom Papst annullieren und heiratete in aller Eile Anne. Auch sein Nachfolger Ludwig XII. machte Maximilian immer wieder Schwierigkeiten. Dieser schloss daher Bündnisse mit wechselnden Partnern, wobei die Vereinbarungen das Papier nicht wert waren, auf denen sie standen. Die Konstellationen wechselten je nach Bedarf, mit Venedig, gegen Venedig, mit Frankreich, gegen Frankreich, mit dem Papst, gegen den Papst … schließlich wusste niemand mehr, wer mit wem verbündet war.
Auch innenpolitisch war die Lage instabil, da die Kurfürsten schon unter Kaiser Friedrich III., der 1493 in Linz starb, versuchten, ihr eigenes Süppchen zu kochen. Maximilian musste dies akzeptieren, da er ständig auswärts in Kämpfe verwickelt war. Nur selten erwarb er Gebiete friedlich, wie Tirol, die Vorlande oder Teile der Schweiz, indem Herzog Sigmund von Tirol auf die Regentschaft in diesen Ländern verzichtete. Die Schweizer Gebiete stellten sich jedoch als Danaer-Geschenk heraus.
Die größten Landgewinne erzielte Maximilian allerdings durch wohldurchdachte Heiraten. Sein einziger Sohn Philipp der Schöne vermählte sich mit Juana, der Tochter der Katholischen Könige von Spanien, wobei es das Schicksal nach dem Tod von deren Bruder und Schwestern wollte, dass ausgerechnet sie zusätzlich zum vereinigten Königreich Spanien die neu eroberten Gebiete in allen Teilen der neuen Welt erbte. Unter Karl V., dem Enkel Maximilians, kam die Universalmonarchie schließlich unter habsburgische Herrschaft, die sich wenig später in die Casa de Austria im Westen und das Haus Habsburg im Osten aufspaltete.
Eine zweite Erfolgsgeschichte spielte sich im Osten ab. Durch die Doppelhochzeit von Wien im Jahre 1515 zwischen Maximilians Enkelkindern und den Kindern des ungarischen Königs fielen Ungarn und Böhmen kampflos an die Familie, wobei auch hier der Tod als Königsmacher fungierte.
Mit den dazugewonnenen Gebieten kamen schwierige Aufgaben auf die Habsburger zu, denn die Türken pochten schon 1480 an die Tore des Reiches, sie fielen in Kärnten und der Steiermark ein. Maximilian befand sich in einer schwierigen Lage, denn die deutschen Fürsten weigerten sich, ihm ein Reichsheer zu Hilfe zu schicken. Es sollte noch Jahrhunderte dauern, bis man in weiten Teilen Europas erkannte, welche Gefahr die Osmanen darstellten.
Maximilian begann unendlich vieles, seine Pläne waren weitreichend und ungewöhnlich modern. So berief er 1495 einen Reichstag nach Worms ein, wo er im Rahmen einer Reichsreform eine Steuer, den »gemeinen Pfennig«, einführte und auf Druck der Reichsstände den »ewigen Landfrieden« propagierte, was in Zusammenhang mit dem Fehdeverbot stand. Das Reich sollte in Reichskreise eingeteilt werden, und um die einfachen Menschen vor der Willkür der Gerichte zu schützen, gründete Maximilian das Reichskammergericht. Da aber die Richter denkbar schlecht bezahlt wurden, fällten sie nach wie vor Urteile, die ihnen von den jeweiligen Brötchengebern vorgeschlagen wurden, sie waren Handlanger der »Suppenessergerichte«, wie man die parteiischen Gerichte bezeichnete.
Es war kein Wunder, dass Maximilian keine eigentliche Residenz besaß, war er doch sein Leben lang unterwegs. Man kannte den König und späteren Kaiser überall im Reich, wobei er in einzelnen Städten besonders gern zu Gast war: in Augsburg, wo man ihn schon als »Bürgermeister« bezeichnete, und Memmingen, das er seine »Ruh und Schlafzell« nannte. Auch in Innsbruck fühlte er sich wohl, hier feierte er prunkvoll seine zweite Hochzeit mit Bianca Maria Sforza von Mailand, ein Fest ohne Herz, wie sich später herausstellen sollte.
Der Kaiser war ein Meister der Propaganda, die er selbst in Auftrag gab. Er verfolgte die Absicht, dass jedermann ihn kennen sollte. Daher ließ er sein Konterfei überall vervielfältigen und verteilen, wodurch er ungewöhnlich populär wurde. Seine Freundschaft und enge Verbundenheit mit den Künstlern seiner Zeit trug ein Übriges dazu bei, dass die Maler und Bildhauer seine Person verewigten. Denn sie waren es, die Maximilian über alles schätzte. 1512 lernte er Albrecht Dürer kennen, dem er sämtliche Steuern erließ und ihm eine Leibrente von 100 Gulden pro Jahr aussetzte, obwohl er nicht wusste, woher er das Geld dafür nehmen sollte.
Als Dank dafür konzipierte der Meister für den Kaiser die »Ehrenpforte« oder den »Triumphzug«, wobei Dürer die Verherrlichung des Hauses Habsburg, das durch Maximilian zu europäischer Bedeutung aufgestiegen war, im Auge hatte.
Maximilian scheiterte letztlich in den meisten seiner Vorhaben, da er nicht imstande war, das Geld, das ihm durch seine zweite Heirat reichlich zugeflossen war, zu halten. Es zerrann ihm zwischen den Fingern. Freilich unterstützte er Gelehrte wie Conrad Celtis, der ein »Collegium poetarum et mathematicorum« gründete, das der Wiener Universität angeschlossen werden sollte, er feuerte die Dichter der Zeit an, an seiner Biografie Theuerdank und dem Weiskunig mitzuschreiben, an der er selber arbeitete. Heute weiß man, dass Marx Treitzsaurwein von Ehrentreitz Teile des Weiskunig verfasste, während der Kaiser weitgehend Autor des Theuerdank war. Illustriert wurden die Werke von Hans Burgkmair. Da in dem Fragment Freydal hauptsächlich Ritterszenen vorkommen, in denen der Hauptheld Maximilian gleicht, tauchte der Verdacht auf, dass Maximilian den Auftrag zu diesem Werk gegeben hatte, um als heldenhafter Ritter in die Geschichte einzugehen.
Der Kaiser reiste natürlich nicht allein. Wo immer es ging, begleiteten seine Musiker Maximilian, manchmal unter schwierigen Bedingungen, denn am Ende war der Kaiser aufgrund seiner Schulden nicht überall willkommen. Auf seiner letzten Reise versperrten die Stadtväter von Innsbruck die Tore, sodass der todkranke Kaiser weiterziehen musste.
Obwohl Maximilian ab und zu gute Kontakte zu den Päpsten der Zeit unterhielt, musste er seinen Plan, sich in Rom zum Kaiser krönen zu lassen, im Laufe der Jahre fallen lassen. Immer wieder kam etwas dazwischen, wenn er einen Romzug ins Auge gefasst hatte. Zuletzt verweigerten ihm die Venezianer den Durchzug, sodass er auf die Idee kam, sich 1508 in Trient von seinem Freund, dem Bischof von Gurk und später Salzburg, Matthäus Lang, zum erwählten römischen Kaiser krönen zu lassen.
Zum Zeitpunkt der Kaiserkrönung war Maximilian kein junger Mann mehr. Waren seine Gedanken, Ideen, Wünsche