Kaiser Maximilian I. & die Frauen. Sigrid-Maria Größing
Читать онлайн книгу.Jenseits vorzubereiten. Und wie hätte er dies besser tun können als als Papst? Als dieser Plan publik wurde, stieß er auf helle Empörung der Kirchenfürsten, denn eine Verbindung von weltlicher und geistlicher Macht war geradezu ein Frevel! Auch Papst Julius II. sparte nicht mit gehässigen Anwürfen, ja er bezeichnete den Kaiser gar als »Barbaren«.
Maximilian wurde im Vergleich zu seinen Zeitgenossen uralt. Wahrscheinlich hatte er selbst nicht geglaubt, dass er das 60. Lebensjahr erreichen würde, denn er führte schon vier Jahre vor seinem Tod eine Sargkiste mit sich. Er hatte genaue Anweisungen niedergeschrieben, wie man nach seinem Tod mit ihm verfahren sollte. Die Pläne für sein Grabmal hatten Künstler schon gestaltet, allerdings dauerte die Ausführung in der Klosterkirche von Innsbruck, wo sich die »Schwarzen Manda« und sein Kenotaph heute befinden, so lange, dass der Kaiser die Fertigstellung nicht mehr erlebte.
Maximilian starb am 12. Januar 1519 in Wels, vermutlich an Darmkrebs. Er hatte verfügt, dass sein Leichnam gegeißelt werden sollte, außerdem sollte man ihm die Zähne ausbrechen. Im Ornat des St.-Georgs-Ordens wurde er unter den Altarstufen der St. Georgskapelle in Wiener Neustadt beigesetzt. Sein Herz brachte man in einer goldenen Kapsel nach Brügge. Im Sarkophag Marias von Burgund fand es die letzte Ruhe.
Die portugiesische Mutter
Eleonore
Für den achtjährigen Maximilian bedeutete es einen der schwersten Schicksalsschläge seiner Kindheit, als seine geliebte Mutter auf dem Totenbett lag. Mit ihrem Tod schien die Sonne in seinem jungen Leben untergegangen zu sein, denn die Mutter war sein Ein und Alles gewesen, sie war es, die schützend ihre Hand über das Kind hielt, wenn der allzu strenge Vater von seinem kleinen Sohn mehr Disziplin und Lerneifer forderte. Rundherum hatte sie Freude und Frohsinn verbreitet, obwohl sie an der Seite ihres einsilbigen, meist missmutigen Ehemanns nichts zu lachen hatte.
Noch am Ende seines langen Lebens gedachte Maximilian der Frau, die ihm das Leben geschenkt hatte und die ihm, obwohl ihr vom Schicksal nicht vergönnt gewesen war, alt zu werden, ihr gewinnend umgängliches Wesen und ihre Lust am Leben vererbt hatte.
Eleonore von Portugal war ein bildhübsches junges Mädchen gewesen, verwöhnt, bewundert und geliebt – ein Mädchen, von dem die europäischen Prinzen träumten, obwohl Eleonore noch kaum den Kinderschuhen entwachsen war. Sie war im Luxus aufgewachsen, der portugiesische Königshof galt als einer der reichsten Europas. Der Gewürzhandel, den die Portugiesen in aller Welt betrieben, hatte über das Königshaus einen Goldregen niedergehen lassen, auf den man in ganz Europa begierig schaute.
Eleonore war nach dem frühen Verlust ihrer Eltern zunächst unter der Obhut ihres Oheims aufgewachsen, der sich rührend und liebevoll um die Nichte kümmerte. Ihr Vater, Eduard der Bekenner, war im Kampf gefallen, wonach die Mutter, die sich in Portugal nie wohlgefühlt hatte, eines Tages spurlos verschwand, ohne sich um das Wohl und Wehe ihrer kleinen Tochter zu kümmern.
Nachdem ihr Bruder Alphons 1449 die Herrschaft in Portugal angetreten hatte, übersiedelte Eleonore an seinen Hof, wo das halbe Kind schon bald umschwärmter Mittelpunkt war. Zahllose Kavaliere machten ihr verliebte Augen, waren charmant und ritterlich und erwiesen ihr jede nur mögliche Aufmerksamkeit. Sie konnte haben, was ihr Herz begehrte. Zu ihrem Lebensglück fehlte nur noch der entsprechende Ehemann. Diesen durfte sie selbst auswählen – ein für die Zeit ungewöhnliches Zugeständnis. Denn das Los adeliger Mädchen war keineswegs beneidenswert, meist wurden sie noch als Kind mit dem meistbietenden, im Alter oft völlig unpassenden Prinzen verlobt, dem sie schließlich nach einigen Jahren ins Brautbett folgen mussten: tragische Schicksale, die häufig mit einem frühen Tod der Bräute im Kindbett endeten.
Eleonore sollte nicht das gleiche Schicksal teilen, sie war in der glücklichen Lage, selbst entscheiden zu können. Und sie traf eine Wahl, die sie viele Jahre hindurch bereuen sollte. Als sie nämlich erfuhr, dass der Habsburger Friedrich III. drauf und dran war, um ihre Hand anzuhalten, hörte sie aus der Werbung nur den verlockenden Klang seines künftigen Titels »deutscher Kaiser« heraus und fragte nicht weiter nach, wer der zukünftige Bräutigam war, wie er aussah, wie alt er war … Begeistert soll sie ausgerufen haben, dass sie »den« wollte und sonst keinen! Die junge Eleonore hatte in ihrer spontanen Art ihr Schicksal festgelegt, wohl aus einer augenblicklichen Laune heraus, denn hätte sie gewusst, was eine Ehe mit einem eingefleischten Junggesellen bedeutete, hätte sie sich nie und nimmer für Friedrich entschieden. Aber eine große Karriere war ihr an der Seite dieses Mannes sicher, Friedrich war bereits römisch-deutscher König und konnte, da er sehr gute Beziehungen zum Papst in Rom hatte, aller Voraussicht nach deutscher Kaiser werden. Und sie, Eleonore, würde an seiner Seite als Kaiserin die bedeutendste Frau Europas sein. Was für eine Zukunft!
Aus den Unterrichtsstunden, die ihr zuteil geworden waren, kannte sie die Größe und Bedeutung des Gebietes, über die der römisch-deutsche König herrschte. Sie musste zwar in die Ferne ziehen und ihr Vaterland aufgeben, aber für das erst zwölfjährige Mädchen hatte all dies einen besonders abenteuerlichen Reiz. Was war dagegen der französische Dauphin, der ebenfalls durch einen Boten seinen Wunsch hatte übermitteln lassen, die Prinzessin zu ehelichen? Was hätte er ihr, wenn er später zum König von Frankreich gekrönt würde, bieten können? Luxus? Den war sie gewöhnt, er umgab sie auf Schritt und Tritt, der von kostbaren Teppichen gedämpft wurde. Seidentapisserien bedeckten die Wände, wohlig konnte man sich in weichen Kissen räkeln und köstliche Süßigkeiten genießen. Auch in Frankreich, so hatte man ihr berichtet, sollte es dies alles geben, denn auch die französischen Adeligen verstanden zu leben und sorgten mit Turnieren und anderen Lustbarkeiten für Abwechslung. All das war der Prinzessin bekannt, kein Geheimnis würde das Leben am französischen Königshof bereithalten.
Wie oft mag Eleonore später, als sie in dem düsteren, kalten Palast in Wiener Neustadt ihre Tage verrinnen sah, an der Seite ihres langweiligen, eigenbrötlerischen Mannes, an die Entscheidung gedacht haben, die sie als halbes Kind so leichtfertig getroffen hatte? Wie oft hatte sie wohl unter bitteren Tränen bereut, den fröhlichen französischen Hof abgelehnt zu haben, wenn sie in einsamen Nächten wach lag und die Stunden zählte?
Was hatte sie von Friedrich gewusst, als sie seinen Brautwerbern ihr Jawort gab? Man hatte sie weder darüber aufgeklärt, dass ihrem zukünftigen Bräutigam Charme und Humor völlig fehlten, noch über dessen Alter; Friedrich war immerhin schon 32, als er sich gezwungen sah, Ausschau nach einer Ehefrau zu halten. Denn seine Position als deutscher König war keineswegs so gefestigt, dass er noch lange zuwarten konnte. Sein Bruder Albrecht, der als Zweitgeborener keinen Anspruch auf den Thron stellen konnte, versuchte bei jeder Gelegenheit, ihm durch List und Tücke das Leben schwer zu machen.
Mit Anfang dreißig war Friedrich ein alter Mann, als er auf Freiersfüßen ging. In seiner ewig misstrauischen Art hatte er bis dahin wenig Erfahrung mit dem schönen Geschlecht gesammelt, obwohl ihm aufgrund seiner Position einige attraktive Mädchen schöne Augen gemacht hatten. Aber er ließ keine nahe an sich heran, keiner gelang es, den Hagestolz aus der Reserve zu locken. Im Gegenteil: Er verurteilte alles, was mit lockerem Spiel und charmanter Werbung verbunden war, er missbilligte jedweden Annäherungsversuch und wandte sich entsetzt ab, wenn eine Frau mehr von ihrem Körper zeigte, als es die Schicklichkeit erlaubte. Schon als junger Mann galt Friedrich als äußerst prüde, und man munkelte, dass er gar nicht wissen wollte, was man mit einem jungen Mädchen alles machen konnte.
Sein Bruder Albrecht war aus anderem Holz geschnitzt! Er war ein Kerl aus Fleisch und Blut, der die Frauen nahm, wo er sie fand, der sich mit Essen vollstopfte und mit Wein volllaufen ließ, der das Geld mit vollen Händen unters Volk warf, um es sich mit brutalen Mitteln wieder zurückzuholen. Die Leute nahmen ihm sein ausschweifendes Leben nicht übel, im Gegenteil: Albrecht war immer greifbar, im Gegensatz zu seinem ältlichen Bruder, er mischte sich unters Volk, er war ein Herrscher zum Anfassen. Er hätte regieren sollen, nicht der verschlossene Spintisierer Friedrich – so dachten nicht nur die Anhänger Albrechts, so empfand er auch selbst und unternahm alles, um seinem Bruder das Leben schwer zu machen. Was für ein Glück bedeutete es für Friedrich, als den ungeliebten Bruder aus heiterem Himmel der Tod holte.
Friedrich war kein Kämpfertyp. Ihn interessierte nicht, was die Leute über ihn flüsterten; er vergrub sich in alchimistische Versuche, ließ sich