Kaiser Maximilian I. & die Frauen. Sigrid-Maria Größing

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Kaiser Maximilian I. & die Frauen - Sigrid-Maria Größing


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Zusammentreffen mit Eleonore zog sich Friedrich, wann immer es möglich war, vor seiner Braut zurück, er vermied es, mit ihr allein zu sein, und hasste das Spektakel, das man um sie machte. Denn überall auf ihrem Weg nach Rom, wo die Hochzeit stattfinden sollte, glaubten sich die Städte an Festen für die Braut überbieten zu müssen, was Eleonore aus ganzem Herzen genoss. Die warmherzige Art der Italiener erinnerte sie an ihre ferne Heimat: der Gesang, das Temperament der Menschen, die glühenden Blicke der Männer und das köstliche Essen. Fast übersah die junge Braut die Wortlosigkeit und das mürrische Wesen ihres Bräutigams, mit dem sie sich ohnedies nicht unterhalten konnte, da einer die Sprache des anderen nicht verstand.

      Zusammen mit der kirchlichen Trauung sollte in Rom die Kaiserkrönung stattfinden. Es sollte die letzte Krönung eines deutschen Königs in Rom werden, da Friedrichs Sohn Maximilian aufgrund politischer Schwierigkeiten nicht nach Rom ziehen konnte, um sich dort vom Papst krönen zu lassen. Er krönte sich selbst oder besser gesagt ließ er sich von seinem Getreuen Matthäus Lang, dem späteren Erzbischof von Salzburg, in Trient zum Kaiser krönen. Auch seinem Enkel Karl V. wurde die Kaiserkrone nicht in Rom aufs Haupt gesetzt, sondern in Bologna, da nach dem verheerenden »Sacco di Roma« im Jahre 1527 die Stimmung in der Stadt keineswegs zu einer ruhigen Krönung beigetragen hätte.

      Es war ein großer Tag für alle, die im März 1452 mit Friedrich nach Rom gekommen waren. Feierlich schritt Papst Nikolaus V. die Stufen der Peterskirche hinunter, um den König zum Eintreten in das Gotteshaus aufzufordern. Laute Gesänge begleiteten den Weg der beiden Würdenträger, bis sich Nikolaus endlich auf seinem Thron vor dem Altar niederließ, umgeben von Kardinälen und Bischöfen. Eleonore und Friedrich hatten außerhalb des Altarraumes Platz genommen, beide wurden vor dem Mauritiusaltar vom Bischof von Ostia zwischen dem rechten Arm und dem Schulterblatt gesalbt, zuerst der König, dann seine Braut.

      Nach diesem Akt führte man das Paar vor den Petersaltar. Mönche zogen dem König ein weißes Kleid über und warteten, bis der Papst ihm ein Schwert übergab, das Friedrich dreimal aus der Scheide zog und schwenkte. Darauf nahm ihm der Papst die Waffe aus der Hand und gürtete sie ihm um, worauf er ihm den Reichsapfel und das Szepter reichte. Alle hielten den Atem an, als der Papst nun aus den Händen von Friedrichs Bruder Albrecht die Krone des Reiches nahm und dem König aufs Haupt setzte. Die Reichsinsignien hatte Friedrich eigens aus Nürnberg nach Rom bringen lassen und sich außerdem noch extra Insignien anfertigen lassen, denn man wusste nie, was auf so einem langen, beschwerlichen Weg alles passieren konnte.

      Unmittelbar nach der Krönung des Kaisers schritt der Papst auf Eleonore zu und krönte auch sie. Daraufhin erhob sich das Kaiserpaar und küsste dem Papst Hände und Füße. Nach dem Segen verließen Eleonore und Friedrich getrennt den Petersdom, die Kaiserin zog sich in ihre Gemächer zurück, während der Kaiser zu dem traditionellen Rundritt durch Rom aufbrach, wobei er dem Papst in die Steigbügel half und dessen Pferd einige Minuten lang am Zügel führte. War er auch vor einigen Minuten zum Kaiser gekrönt worden, so zeigte diese Geste dem Volk ganz deutlich, dass die Macht des Papstes immer noch über die weltliche des Kaisers triumphierte.

      Doch nun nach der Krönung herrschte höchste Einigkeit, Nikolaus V. überreichte Friedrich III. in der Engelsburg die goldene Rose von Jericho, während der Kaiser als Dankesgeste 300 Adelige zu Rittern schlug.

      Anschließend begaben sich beide auf den Weg zum Lateran, auf dem es zu einer brenzligen Situation kam, als die Massen des Volkes sich an den frisch gekrönten Kaiser herandrängten, um ihn in seinem goldfunkelnden Ornat möglichst aus der Nähe bewundern zu können. Friedrich fühlte sich bedroht, es kam zu einem gefährlichen Handgemenge zwischen seinen Leuten und den Römern, sodass sich Friedrich nur retten konnte, indem er seinem Pferd die Sporen gab und durch die Menge sprengte.

      So viel über die Kaiserkrönung berichtet wurde, so wenig wurde über die Eheschließung bekannt. Friedrich hatte die Feier höchst wenig berührt, er gab sein Jawort, und damit war der Fall für ihn erledigt. Wahrscheinlich fürchtete er nichts mehr als die Hochzeitsnacht, denn nur so ist es zu erklären, dass das frisch getraute Ehepaar auch nach der Hochzeit in getrennten Palästen wohnte. Friedrich ging Eleonore nach wie vor aus dem Weg, und auch die junge Frau wird wohl keinen gesteigerten Wert auf die Gesellschaft des griesgrämigen Sonderlings gelegt haben.

      Das nächste Ziel von Eleonores langer Reise war Neapel, wo ihr Onkel herrschte. König Alfons I. waren Gerüchte zu Ohren gekommen, dass der deutsche Kaiser sich noch immer nicht dazu hatte entschließen können, die Ehe mit seiner entzückenden Gemahlin zu vollziehen. Kurz entschlossen, versuchte er den seltsamen Ehemann ins Gebet zu nehmen. Aber auch ihm war es nicht möglich, die Bedenken Friedrichs zu zerstreuen, womöglich einen »welschen Bastard« mit dem überschäumenden Temperament der Italiener zu zeugen. Der Himmel sollte ihn vor so einem Sohn bewahren!

      König Alfons gab nicht auf, er ließ rauschende Feste zu Ehren der hohen Gäste veranstalten, Turniere und Jagden wechselten einander ab, aber nichts konnte den Kaiser beeinflussen. Auch der süffige Wein, der kredenzt wurde, löste nicht Friedrichs Verkrampftheit. Erst nach einem lange Gespräch mit Eleonores Onkel erklärte sich der Kaiser schließlich bereit, am 16. April 1452 das öffentliche Beilager mit Eleonore zu halten, wozu ein breites Bett auf einem großen Platz aufgestellt wurde, das Friedrich und Eleonore in Anwesenheit des Königs und des gesamten Hofstaates gemeinsam bestiegen, dann zog Friedrich kurz die Decke über ihre Köpfe, gab Eleonore einen flüchtigen Kuss – und die Ehe galt als vollzogen.

      Niemand weiß, was die junge Braut in dieser unwürdigen Situation empfand, denn nach wie vor mied Friedrich sie auf Schritt und Tritt. Ihre Hofdamen und auch ihr Oheim, niemand konnte den Kaiser verstehen, den man mit Wohlgerüchen, Parfums und Räucherkerzen in das Gemach seiner schönen Frau zu locken versuchte. Aber alle Bemühungen waren umsonst, ja Friedrich wurde beinahe wütend, wenn in seiner Nähe plötzlich schmelzende Liebeslieder erklangen. Er bezichtigte schließlich die Amme Eleonores der Zauberei und Hexerei. Als die Situation für beide beinahe unerträglich geworden war, bestellte Friedrich Eleonore in seine Gemächer, wahrscheinlich, um sie – wie schon so oft – zu maßregeln. Aber Gott Amor muss einen besonders präparierten Pfeil zurechtgelegt haben, denn plötzlich schmolz der Panzer, der Friedrichs Herz umgab. Nicht nur die Kammerzofen atmeten erleichtert auf, auch der Vertraute Friedrichs, der spätere Papst Enea Silvio Piccolomini (Papst Pius II.), berichtete pikante Details über diese verspätete Hochzeitsnacht.

      Das Paar setzte seine Reise nach Norden getrennt fort, obwohl beide den Weg über Venedig wählten. In der Lagunenstadt war man von der entzückenden Kaiserin begeistert, man veranstaltete Bälle und andere Lustbarkeiten für sie. Als sie von der baldigen Abreise Eleonores erfuhren, schenkten ihr die Stadtväter einen kostbaren Ring im Wert von 1750 Dukaten, der sie immer an die schönen, unbeschwerten Tage erinnern sollte.

      Auch Friedrich zog über Venedig, denn hier hatte er als junger Mann, als er inkognito in Richtung Orient reiste, um kostbare Edelsteine einzukaufen, so manches günstige Stück erworben. Obwohl der Kaiser krankhaft geizig und von Geldsorgen bedrückt war, verfügte er schon sehr bald über eine wertvolle Edelsteinsammlung, die er wie seinen Augapfel hütete, wobei er die Preziosen nicht in Schmuckschatullen legte, sondern sie an seinen oft schäbigen Gewändern anbringen ließ. Nach seinem Tod suchte sein Sohn Maximilian lange vergebens die wertvollen Steine, die man schließlich hinter verschiedenen Wandvertäfelungen fand.

      Auch sonst kaufte Friedrich in Venedig ein, was man in Mitteleuropa nur vom Hörensagen kannte: Damast und schillernden Atlas, Teppiche und scharfe Damaszenerklingen, freilich alles im Geheimen. Seine Diener mussten die Dinge besorgen, denn Friedrich fürchtete wie immer betrogen zu werden.

      Viele dieser exotischen Kostbarkeiten, für die Friedrich ganz gegen seine Gewohnheit viel Geld ausgab, waren für Eleonore bestimmt, dennoch mied er seine junge Frau. Als beide in Venedig vereint waren, konnte er sich nicht entschließen, das Bett mit seiner Frau zu teilen. Allein der Gedanke, er würde als Kaiser in Venedig einen Sohn zeugen, versetzte ihn in Panik. Als daher Eleonore guter Hoffnung zu sein glaubte, ließ der Kaiser in aller Eile die Pferde satteln, um Venedig so schnell wie möglich zu verlassen. Mitten in einem schweren Gewitter überschritt der Kaiser mit seiner Gemahlin die Grenze – ein böses Omen für das künftige Leben der Kaiserin. Als man schließlich die Burg in Wiener Neustadt erreichte, die


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