Little Women. Vier Schwestern halten zusammen. Louisa May Alcott

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Little Women. Vier Schwestern halten zusammen - Louisa May Alcott


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darauf waren sie bereit, und die Prozession machte sich auf den Weg. Zum Glück war es noch früh, und sie nahmen die kleinen Gassen, sodass kaum jemand sie zu Gesicht bekam und sich niemand über das seltsame Trüppchen lustig machte.

      Es war eine armselige, kahle Behausung mit zerbrochenen Fensterscheiben, einer toten Feuerstelle, zerlumpten Bettlaken, einer kranken Mutter, einem greinenden Baby und einer Horde blasser, hungriger Kinder, die sich unter einer einzigen Decke frierend aneinanderdrängten. Wie rissen sie die großen Augen auf und lächelten mit blauen Lippen, als die Mädchen eintraten!

      »Ach, mein Gott!«, rief die arme Frau auf Deutsch. »Da kommen gute Engel zu uns!« Sie weinte vor Freude.

      »Das sind lustige Engel mit Hüten und Handschuhen«, sagte Jo, was alle zum Lachen brachte.

      Kurz darauf sah es wirklich so aus, als seien gute Geister am Werk gewesen. Hannah, die das Holz getragen hatte, entzündete ein Feuer und stopfte die zerbrochenen Scheiben mit alten Hüten und ihrem eigenen Umhang. Mrs. March versorgte die Mutter mit Tee und Mehlsuppe und versprach ihr weitere Hilfe, während sie das Baby so behutsam anzog, als wäre es ihr eigenes. In der Zwischenzeit deckten die Mädchen den Tisch, setzten die Kinder ans Feuer und fütterten sie wie hungrige Vögelchen. Sie lachten, plauderten und bemühten sich, das gebrochene Englisch der Familie zu verstehen.

      »Das schmeckt gut!« und »Die Engelkinder!«, riefen die armen Dinger, während sie aßen und sich am lodernden Feuer die blau gefrorenen Hände wärmten.

      Die Mädchen waren noch nie Engelkinder genannt worden und freuten sich darüber, besonders Jo, die seit ihrer Geburt für ein »Raubein« gehalten wurde. Es war ein überaus fröhliches Frühstück, auch wenn sie nichts davon abbekamen. Als sie die Familie schließlich getröstet zurückließen, gab es in der ganzen Stadt wohl keine vergnügteren Leute als diese vier hungrigen Mädchen, die ihr Frühstück verschenkt hatten und sich am Weihnachtstag mit Brot und Milch zufriedengaben.

      »So fühlt es sich an, wenn man seine Nachbarn mehr liebt als sich selbst, und es gefällt mir«, sagte Meg, als sie ihre Geschenke aufbauten, während die Mutter oben Kleidungsstücke für die armen Hummels zusammensuchte.

      Es war kein besonders prachtvolles Arrangement, aber es steckte viel Liebe in den wenigen kleinen Päckchen, und die hohe Vase mit den roten Rosen, weißen Chrysanthemen und einigen Gräsern mitten auf dem Tisch ließ das ganze Arrangement recht elegant aussehen.

      »Sie kommt! Fang an zu spielen, Beth! Mach die Tür auf, Amy! Unsere Marmee soll hochleben!«, rief Jo, die durchs Zimmer sprang, während Meg die Mutter zum Ehrenplatz führte.

      Beth spielte ihren fröhlichsten Marsch, Amy riss die Tür auf und Meg gab eine würdevolle Begleiterin ab. Mrs. March war überrascht und gerührt zugleich. Lächelnd und mit feuchten Augen betrachtete sie ihre Geschenke und las die dazugehörigen kleinen Zettel. Die Hausschuhe wurden sofort angezogen, ein neues Taschentuch mit Amys Eau de Cologne parfümiert und eingesteckt, die Rose am Ausschnitt befestigt und die hübschen Handschuhe für »perfekt« erklärt.

      Es wurde auf jene schlichte, liebevolle Weise, die Familienfeste wie dieses zu wunderbaren Ereignissen machen und noch lange danach zu süßen Erinnerungen, viel gelacht, geküsst und geplaudert, bevor sich alle an die Arbeit begaben.

      Die morgendlichen Wohltaten und Feierlichkeiten hatten so viel Zeit in Anspruch genommen, dass der Rest des Tages mit Vorbereitungen für das Fest am Abend verging. Da sie noch zu jung waren, um häufiger ins Theater zu gehen, und sie sich größere Ausgaben für private Vorstellungen nicht leisten konnten, ließen die Mädchen – Not macht erfinderisch – ihrer Fantasie freien Lauf und fertigten selbst an, was sie benötigten. Einige ihrer Basteleien waren ausgesprochen einfallsreich: Gitarren aus Pappe; antike Lampen aus altmodischen Butterschalen, die mit Stanniol überzogen wurden; entzückende Roben aus alten Stoffen mit glitzernden Blechstreifen aus einer Gurkenfabrik; Rüstungen, die mit Sternen aus dem gleichen Material bedeckt waren und aus Deckeln geöffneter Konservendosen zusammengefügt waren.

      Der Schauplatz so mancher unbefangener Veranstaltung war der Dachboden. Da Herren keinen Zutritt hatten, übernahm Jo nach Herzenslust die Männerrollen und war besonders stolz auf ein Paar rote Rindslederstiefel, die ihr eine Freundin geschenkt hatte, welche eine Dame kannte, die wiederum einen Schauspieler kannte. Diese Stiefel, ein altes Florett und ein Wams mit Schlitzärmeln, das irgendein Künstler für ein Gemälde verwendet hatte, waren Jos größte Schätze und tauchten bei jeder Gelegenheit auf.

      Die geringe Größe des Ensembles machte es erforderlich, dass die beiden Hauptdarstellerinnen jeweils mehrere Parts übernahmen, und man muss allein die harte Arbeit anerkennen, die es erforderte, drei oder vier verschiedene Rollen auswendig zu lernen, in fliegender Hast die Kostüme zu wechseln und daneben das Bühnengeschehen zu leiten. Es war eine ausgezeichnete Gedächtnisübung und ein kurzweiliges Vergnügen, das viele Stunden in Anspruch nahm, die ansonsten untätig, einsam oder in weniger vorteilhafter Gesellschaft verbracht worden wären.

      Am Weihnachtsabend drängte ein Dutzend Mädchen auf das Feldbett, das den ersten Rang darstellte. In gespannter Erwartung saßen sie vor den blau-gelben Chintzvorhängen. Dahinter gab es allerhand Geraschel und Getuschel, ein Fädchen Lampenrauch und hin und wieder ein Kichern von Amy, die häufig hysterisch wurde, wenn sie aufgeregt war. Dann ertönte eine Glocke, der Vorhang flog auf und die Tragische Oper begann.

      »Ein düsterer Wald«, wie es auf dem einzigen Theaterzettel hieß, wurde mithilfe einiger Topfpflanzen, eines grünen Stücks Filz auf dem Boden und einer Höhle im Hintergrund angedeutet. Das Dach der Höhle bestand aus einer Wäschespinne, die Wände aus Kommoden, und im Innern befand sich ein heiß glühender Ofen mit einem schwarzen Kessel darauf, über den eine alte Hexe gebeugt war. Die Bühne war dunkel, und der Feuerschein des Ofens hatte eine tolle Wirkung, besonders als die Hexe den Deckel abnahm und echter Dampf aufstieg.

      Man ließ dem Publikum einen Augenblick Zeit, damit sich die erste Aufregung legte, dann betrat Jo als Bösewicht Hugo die Bühne, mit einem klirrenden Schwert an der Seite, Schlapphut und schwarzem Bart, einem geheimnisvollen Umhang und den besagten Stiefeln. Nachdem er einige Male in großer Erregung auf und ab gewandert war, schlug Hugo sich an die Stirn und begann mit Inbrunst von seinem Hass auf Roderigo zu singen, von seiner Liebe für Zara und seinem freudigen Entschluss, Ersteren zu töten und Letztere für sich zu gewinnen. Hugos grobes Gebaren, unterstrichen durch gelegentliche Ausrufe, wenn ihn die Gefühle übermannten, war sehr beeindruckend, und das Publikum applaudierte, sobald er eine Atempause einlegte. Mit der Verbeugung eines an Beifall Gewöhnten schlich Hugo zu der Höhle und befahl der Hexe Hagar mit einem fordernden »Heda, Weib! Seid mir zu Diensten!« herauszukommen.

      Es folgte Megs Auftritt als Hexe, mit grauen Pferdehaaren um den Kopf, einer schwarz-roten Robe, einem Wanderstab und einem Umhang mit mystischen Zeichen darauf. Hugo forderte einen Zaubertrank, der ihm Zaras Anbetung sicherte, und einen weiteren, um Roderigo zu vernichten. Mit herrlich dramatischer Melodik versprach ihm die Hexe beides und machte sich daran, mit einem Zauberspruch den Geist herbeizurufen, der den Liebestrank bringen sollte.

       Herbei, herbei aus deinem Haus,

       Geist der Lüfte, komm heraus!

       Geboren von Rosen, genährt mit Tauen,

       kannst du mir Tränke und Zauber brauen?

       Bring ihn geschwind nun zu mir her,

       den duftigen Trank, den ich begehr.

       Mach ihn süß und stark und leise,

       Geist, nun höre meine Weise!

      Eine sanfte Melodie ertönte, dann erschien im hinteren Teil der Höhle Amy als kleine Gestalt in wolkenweißem Gewand mit glitzernden Flügeln, goldenem Haar und einem Blumenkranz auf dem Kopf. Einen Zauberstab schwingend, sang sie ein schönes Lied:

      


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