Ellenbogenfreiheit. Daniel C. Dennett

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Ellenbogenfreiheit - Daniel C. Dennett


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schreckliche Dinge in unserer Erfahrung, und wenn wir fürchten, daß wir keinen freien Willen haben, dann ist es immer deswegen, weil wir fürchten, daß etwas, das einem dieser schrecklichen Dinge in relevanter Hinsicht ähnelt, unser Schicksal ist. Nur deshalb, weil wir diese mißliche Lage genau kennen und befürchten, daß etwas ähnliches unser Los sein könnte, kümmern wir uns überhaupt um den freien Willen.

      Ich werde eine Liste dieser Schreckgespenster vorlegen und sie kurz analysieren. Jedes von ihnen spielt eine Rolle in der traditionellen Diskussion über den freien Willen. Keines davon ist in allen Varianten leicht zu verjagen, aber wenn wir die Ängste untersuchen, dann mag das dazu führen, daß ein paar davon verschwinden. Das heißt (wie Mutter immer sagte): Wenn wir ihnen mutig in die Augen sehen (und unsere Augen nie auch nur ein bißchen abwenden und nie so geschäftig werden und Theorien erfinden), dann können wir feststellen, daß manche von ihnen bloß Erdichtungen unserer Phantasie sind. Wenn wir uns an die Schreckgespenster am Anfang zurückerinnern, dann werden wir in der Lage sein, ihre Schatten in den Untersuchungen weiterer Fragen in den folgenden Kapiteln auszumachen.

      Die ersten der Schreckgespenster sind in ganz wörtlichem Sinn Butzemänner – Butzemenschen, wenn Sie darauf bestehen –, denn sie werden als Handelnde aufgefaßt, die mit uns in der Kontrolle über unsere Körper wetteifern, die mit uns konkurrieren, die Interessen haben, welche den unseren zuwiderlaufen oder wenigstens unabhängig von ihnen sind. Diese gräßlichen Gesellen werden von den Philosophen oft als Miesmacher benützt und auf die Bühne geholt, wann immer die Angst nachläßt, wann immer die Dringlichkeit des behandelten Themas zweifelhaft wird. Wenn Verwickeltheit auf Verwickeltheit folgt, beginnt der Leser zu gähnen und unruhig zu werden, aber er wird schnell wiederbelebt mit einer andeutungsweisen Analogie: „Das aber wäre so, als ob Sie sich in den Klauen von … befänden“.

      Der unsichtbare Gefängniswärter: Gefängnisse sind schrecklich. Gefängnisse sollten gemieden werden. Jemand, der das nicht versteht, gehört nicht zu uns. Wenn Gefängnisse also etwas Schlechtes sind, womit kontrastieren sie dann? Wenn man nicht im Gefängnis ist, ist man frei (in einem wichtigen Sinne), und jeder von uns kann sich dankbar klarmachen, wie froh wir sind, nicht im Gefängnis zu sein. „Aha!“ sagt der Angstmacher. „Was macht Sie so sicher, daß Sie nicht im Gefängnis sind?“ Manchmal ist es offensichtlich, daß man im Gefängnis ist; aber manchmal ist es das nicht. Ein durchtriebener Gefängniswärter mag die stählernen Stäbe in den Fensterrahmen verstecken und Pseudo-Türen an den Wänden anbringen (wenn man eine öffnen würde, sähe man die Steinwand dahinter). Es könnte einige Zeit dauern, bis der Gefangene merkt, daß er im Gefängnis ist.

      Der ruchlose Neurochirurg: Wie würden Sie es finden, wenn jemand Sie festbände und Elektroden in ihr Gehirn einsetzte und dann jeden Ihrer Gedanken und jede Ihrer Handlungen kontrollierte, indem er Knöpfe auf der dazugehörigen Bedienungstastatur drückt? Nehmen wir zum Beispiel die ganz typische Heraufbeschwörung dieses Bösewichts durch Fischer (1982): Der ominöse Dr. Black, der im Gehirn des armen Jones die Dinge so arrangiert, daß Black „die Aktivitäten von Jones kontrollieren (kann). Jones weiß unterdessen nichts davon“. Zuerst können wir fragen, – wie wir es immer tun sollten – warum wird dieser andere rivalisierende Handelnde eingeführt? Wozu Dr. Black ins Spiel bringen? Könnte das Beispiel nicht genausogut funktionieren, wenn etwa Jones einen Gehirntumor hätte, der seltsame Ergebnisse produzierte? Was Fischers Vision schrecklicher macht, ist, daß Jones’ Kontrolle seiner eigenen Aktivitäten von einem anderen Handelnden, Dr. Black, an sich gerissen wurde.

      Ein Tumor könnte im Gehirn von jemandem dies und das verursachen, und es wäre wirklich furchtbar, einen entkräftenden Gehirntumor zu haben, aber es würde einen schrecklich gewitzten Tumor verlangen, wenn er jemandes Gehirn kontrollieren sollte.

      Varianten des ruchlosen Neurochirurgen sind der häßliche Hypnotiseur und der gebieterische Puppenspieler. Wir alle kennen auftretende Hypnotiseure, (wir glauben sie jedenfalls zu kennen;) und besonders schauerlich ist, daß sie anders als der ruchlose Neurochirurg vielleicht keine physikalische Spur ihres Einflusses hinterlassen. Erinnern wir uns, daß von Jones angenommen wurde, daß er nichts von Dr. Blacks Intervention merkt – ein wichtiger Punkt, zu dem wir in späteren Kapiteln zurückkommen. Aber noch heimtückischer sind Hypnotiseure, die ihre Opfer vor einem Publikum zur Schau stellen: Sie zeigen Sie als Opfer, um Sie vor Leuten lächerlich zu machen, die in einer wünschenswerteren Lage sind. Es „hilft“, wenn Sie sich ihr Gelächter vorstellen, wenn ihnen Ihre Misere vorgeführt wird. Der gebieterische Puppenspieler ist ein wenig anders, denn man kann ihn sich so vorstellen, daß er Ihre groben Bewegungen trotz Ihrer Anstrengungen und Wünsche kontrolliert. In den Klauen des gebieterischen Puppenspielers können Sie vergebens kämpfen, wie der Hund der Stoiker, und Sie können wenigstens hoffen, Ihre Verweigerung aus Gewissensgründen dem Publikum zu zeigen, indem Sie sich in ein Stirnrunzeln oder Wimmern flüchten, eine Tröstung, die den Opfern des Hypnotiseurs offenkundig unmöglich ist.

      Wir haben noch nie eine wirkliche menschliche Puppe gesehen, aber wir alle wissen von der Sklaverei und wissen, daß es eine schreckliche Situation ist, wenn man sich überhaupt irgendetwas Schreckliches vorstellen kann. Was würden Sie lieber sein wollen: der Zombie von Dr. Svengali oder die bemitleidenswerte menschliche Puppe? Wären Sie lieber ein Sklave oder ein Gefangener? Dies sind alles etwas unterschiedliche Schicksale, jedes auf seine Weise furchtbar, aber es gibt noch andere Bösewichte, die man fürchten muß.

      Das kosmische Kind, dessen Puppen wir sind: Nozick schreibt: „Ohne freien Willen scheinen wir eingeschränkt zu sein, bloßes Spielzeug äußerer Kräfte“ (Nozick 1981, S. 291). Wie unwürdig,


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