Ascension-Saga: 9. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.und tätschelte seine Schulter. “Du wirst überleben.” Er würde eine Weile gelähmt sein, da ich aber nicht wusste, wie lange die Betäubung anhielt, ging ich schnell weiter.
Göttin, wie gut es sich anfühlte endlich etwas auszurichten, mich zu wehren, anstatt brav herumzusitzen. In die Offensive zu gehen, statt defensiv zu warten. Zum Glück hatten sie mich in einen weniger bewachten Zellenblock verlegt. Jeden Tag war ich woanders hingebracht worden, als ob sie mich nur mit Mühe verstecken konnten. Als ob nach mir gesucht wurde.
Nun, die Königin war jetzt aus dem Käfig und der gesamte Planet würde davon erfahren. Ich würde diesen Möchtegern-König anlocken. Und sollte es nach all diesen Jahren wirklich Mykel sein, dann würde er bluten.
Ein Alarm ertönte und nach den vielen Tagen in fast völliger Stille taten meine Ohren weh. Ich konnte zwar mit drei Garden fertig werden, aber gegen Kameras konnte ich nichts ausrichten. Die Wände hatten Augen und sie sahen alles. Sie hatten gesehen, wie ich den Garden außer Gefecht gesetzt hatte. Ich ignorierte das schrille Geräusch. Ich musste aus diesem Gefängnisbereich verschwinden und Wachleute finden, die wirklich loyal und keine Gefolgsleute meiner Feinde waren.
Die dritte Wachstation war schließlich besetzt, den Uniformen nach zu urteilen von Mitgliedern der Optimus-Einheit. Zwei Frauen und ein Mann, und alle drei blickte auf, als ich das Schloss an der Tür sprengte und durch ihre Station gelaufen kam. Allen dreien klappte vor Schreck die Kinnlade runter.
“Sie sind die Königin.” Eine der Frauen stand verwundert auf und ihr Stuhl schrammte vor lauter Eile über den Boden. Sie war jünger als meine Zwillinge. Offensichtlich wusste sie nicht, dass ich hier war, was mich zu der Einsicht brachte, dass ich ein Geheimnis gewesen sein musste.
Ich nickte. “Das bin ich. Ich verlange mit Captain Travin Turaya von der royalen Garde zu sprechen, auf einem gesicherten Kanal. Danach werdet ihr mich persönlich zu ihm bringen.”
Sie alle starrten mich an und rührten sich nicht.
“Sofort.”
Ich war nicht sicher, ob es meine königliche Autorität oder die Ionenpistole war, mit der ich auf sie zielte, aber sie machten sich an die Arbeit. Es spielte keine Rolle. Sie führten meinen Befehl aus.
Ich lächelte. Die Königin war zurück.
1
Destiny
Morson. Morson. Wo zum Teufel steckte er?
Nix durchsuchte den Raum von der anderen Seite und bewegte sich wie ein Schatten an der Wand entlang. Unbemerkt von den Gästen. Keine Ahnung, wie das überhaupt möglich war. Er war ein eins-fünfundneunzig großer Hüne aus purer Muskelkraft und rohem Sexappeal; die ganzen Verräter im Raum mussten wohl zu beschäftigt sein den Mord an meiner Mutter zu diskutieren.
Die meisten Leute hier waren auf die eine oder andere Art mächtig. Priester. Lords. Ladys. Ich war noch nicht lange auf Alera und selbst ich konnte das sehen. Mitglieder der Optimus-Einheit waren dabei. Das war wie der Fuchs, der den Hühnerstall bewachte. Die Optimus-Einheit funktionierte wie FBI und Justizsystem in einem. Meiner Meinung nach war dies nicht gerade die cleverste Lösung. Im Sozialkundeunterricht hatten wir die Gewaltenteilung durchgenommen und hier schienen sie noch nie davon gehört zu haben.
Ich scannte ihre Gesichter und suchte nach dem Mann, den ich zuvor flüchtig auf dem Monitor gesehen hatte. Morson. Die einzige Person, die es dem Urteil meiner Schwester Trinity nach wert war, gerettet zu werden.
Das Ticken der Bombe hallte in meinem Fledermausgehör wider, trotz der Tatsache, dass sie über hundert Schritte entfernt und in einem anderen Raum war. Scheinbar hatte sich meine seltsame Superkraft ganz auf das Geräusch eingestellt; eine konstante Erinnerung daran, dass uns die Zeit davonlief.
Tick-tack. Tick-tack. Schlimmer als ein Metronom und unendlich nervtötender.
Stirb-stirb. Stirb-stirb. Das war es, was ich hörte. Das Geräusch brachte mein Blut in Wallung und bescherte mir Kopfschmerzen. Irgendjemand wollte alle in diesem Gebäude umbringen. Jeden vernichten, der über den Vorfall damals mit meiner Mutter Bescheid wusste. Wer auch immer es war, er war nachtragend. Siebenundzwanzig Jahre. Siebenundzwanzig!
Die Leute waren wie die Fliegen gestorben. Einer nach dem anderen, irgendein Psycho wollte sie alle umbringen. Zum Glück hatten Trinity, Faith und ich überlebt. Und Mutter auch, denn ihr Turm leuchtete weiter. Und jetzt plante dieser Wichser—oh ja, er war ein totaler Wichser—den Rest mit einer Bombe zu beseitigen. Der Countdown tickte und ich sah aus, als würde ich mich auf einer Cocktailparty unter die Leute mischen.
Das Risiko störte mich nicht. Nein. Aber mich störte, dass Nix immer noch im Gebäude war. Mein Tod? Nicht das Ende der Welt. Wenn ihm aber etwas passieren sollte, dann würde ich mir das niemals verzeihen.
Das sollte Liebe sein? Herzzerreißende Angst?
Ich dachte zurück an die Momente, in denen ich mir vorstellte, wie Mutter irgendwo in Ketten gelegt vor sich hin rottete, oder wenn meine Schwestern als Kinder einen Unfall hatten.
Oh ja. Herzzerreißende Angst. Sorge. Hilflosigkeit.
Liebe war zum Kotzen. Warum jagten wir ihr nur ein Leben lang hinterher?
“Morson, schön dich zu sehen. Ich wusste, dass du mich nicht enttäuschen würdest.”
Ich riss den Kopf in Richtung dieser Stimme und erspähte meine Beute, Morson, als er gerade mit einer älteren Dame sprach, die ebenfalls die Uniform der Optimus-Einheit trug. Ich hatte keine Ahnung, wer sie war, und es war scheißegal. Bald würde sie tot sein. Genau wie Morson, sollte ich ihn nicht hier rausholen.
Woher aber würde Nix wissen, dass ich ihn gefunden hatte? Er war auf der anderen Seite dieses riesigen Raumes und dutzende Leute waren zwischen uns.
“Es ist eine ganze Weile her,” entgegnete Morson. “Gerne würde ich hören wie die nächsten Schritte aussehen, um den Thron zu übernehmen.”
Hätte Trinity ihn nicht zu einem von den Guten erklärt, dann hätte ich mich wohl kaum zusammenreißen können. Aber dieses Meeting sagte schon alles. Derjenige, der den König auf dem Gewissen hatte und Mutter ermorden wollte, machte weiter. Ich hatte keine Zeit, um herauszufinden wer diese Frau war. Eindeutig kannte sie Morson. Aber warum ermittelte er verdeckt und wie lange schon? Bestimmt nicht seit dem Angriff auf unsere Mutter.
Ich schaute ihn mir noch einmal an.
Nein. Zu jung. Er war etwa in Leos Alter. Als Trinitys Vater getötet wurde, war er wahrscheinlich noch ein Kind. Trotzdem könnte er schon seit Jahren an der Sache dran sein.
Armer Kerl. Ich würde es nicht schaffen. Ich war zu ungeduldig und ich wusste es. Zu risikofreudig. Manchmal waren es auch dumme Risiken. Wie im Büro der Oberpriesterin auf Nixs Schwanz zu reiten, während sie sich hinter der Tür mit einem Profikiller unterhielt.
Gott, was für ein herrlicher Schwanz das war.
Ich suchte Nix. Fand ihn. Unsere Blicke trafen sich und ich senkte das Kinn, damit er näher kam. Diese Augen. So tief. Wunderschön. Und auf mich gerichtet.
Das war die Antwort. Dieser Blick. Das machte den ganzen Herzschmerz wieder wett.
Morsons Gesprächspartnerin verschränkte die Arme vor der Brust und ihr stiefeliger Fuß tippelte offensichtlich genervt auf dem Boden herum.
“Ich hätte geduldig auf einen weiteren Versuch gewartet, aber siebenundzwanzig Jahre?” sagte die Frau; sie sprach mir aus der Seele. “Ich frage mich, ob der König tatsächlich tot ist. So einen Stunt hinzulegen wäre ganz typisch für ihn, allerdings war er nie für seine Geduld bekannt.”
Das ließ mich aufhorchen. Der König könnte noch leben? Das bedeutete … Heilige Scheiße! Wenn er damals hinter dem Putschversuch gesteckt hatte, warum hatte er dann so