Ascension-Saga: 9. Grace Goodwin
Читать онлайн книгу.ja. Als Kinder sind wir durch die Gärten der Zitadelle getobt. Er war nur wenige Jahre jünger als ich. Schon immer ein egoistischer Mistkerl. Ein Fiesling. Ich habe nie verstanden, was die Königin an ihm gefunden hat.”
Mit meinen Füßen auf den Boden geschweißt und meinem Hirn auf Hochtouren drehte ich mich zu Nix um, meinem Partner und dem einzigen Mann im Universum, der mir im Moment etwas bedeutete. Also Morson war auch wichtig, aber nicht auf dieselbe Art und Weise. Ohne Scheiß. Aber sobald er sicher aus diesem Gebäude raus war, konnte er machen, was er wollte und Nix würde immer noch mir gehören.
Nixs Blick bohrte sich in meinen und er kam näher. Er war aufgewühlt. In seinen Augen erblickte ich dieselbe Angst, die ich Momente zuvor verspürt hatte. Er wollte mich nicht hier haben. Nur meinetwegen war er in diesem Raum. Weil ich ihn darum gebeten hatte. Weil er mich ausreichend respektierte, um mir das zu geben, was ich brauchte, auch wenn es mich in Gefahr brachte. Obwohl, wenn er von der Bombe gewusst hätte, dann hätte er mich wahrscheinlich ans Bett gekettet.
Mir war nicht klar gewesen, was es ihn gekostet hatte. Bis jetzt. Was meine rücksichtslose, wilde Art meine Eltern und meine Schwestern gekostet hatte. Gefahr war für mich bedeutungslos. Schmerz war bedeutungslos. Der Tod? Nun, ich bevorzugte ein nicht allzu voreiliges Ableben, aber selbst das hatte keine wahre Bedeutung für mich. Bis jetzt. Jetzt hatte ich es verstanden.
Verdammt in alle Ewigkeit! Ich hatte mich verliebt. Hals über Kopf. Und ich würde alles tun, um ihn zu beschützen, um ihn glücklich zu machen, ihn zu lieben. Diesen umwerfenden, mürrischen Typen, der sich wie ein Raubtier auf der Pirsch durch den Raum bewegte.
“Schlechtes Timing, Des.” Ich sprach zu mir selbst, während ich mich auf Morson zubewegte und gleichzeitig Nix mit einer Kopfbewegung signalisierte, dass ich unser Ziel gefunden hatte. Er ließ nicht einen Moment die Augen von mir, schlug jedoch eine andere Richtung ein und steuerte auf den nächsten Ausgang zu, der gut zwanzig Schritte entfernt war. Und Morson war groß. Sollte er nicht kooperieren wollen, dann würde ich es verdammt schwer haben, ihn hier rauszubekommen, bevor die Bombe hochging.
Tick-tack. Tick-tack.
“Verzeihung?”
Morson blickte verwundert auf mich herab, als ich meine kleine Hand unter seinen Ellbogen schob und ihn an mich heranzog. Ich heuchelte seiner Gesprächspartnerin ein strahlendes Lächeln vor. Sie hatte recht interessante Infos preisgegeben.
“Würden sie uns kurz entschuldigen?” sprach ich mit meiner Trinity-Diplomatenstimme. “Ich muss mit Morson eine …”—Ich fuhr mit der Fingerspitze über seine Uniform und über seine Brust. Ich konnte praktisch hören, wie Nix aufheulte—“… eine sehr persönliche Angelegenheit besprechen.” Ich zerrte an ihm und meine Wangen schmerzten, weil ich so grotesk breit lächelte. “Könnte ich einen Moment ihrer Zeit haben, ehe das Meeting anfängt?”
Er blinzelte und riss halb misstrauisch, halb überrascht die Augen auf. Er warf er der Dame einen respektvollen, vielsagenden Blick zu und das schien auszureichen, um sie zu besänftigen.
Wenn er tatsächlich verdeckte Ermittlungen betrieb, dann war er verdammt gut. Das musste ich ihm lassen. Hervorragend sogar. Dieser eine Blick hatte bewirkt, dass die Dame keinen Verdacht schöpfte, und zwar trotz der Tatsache, dass gerade etwas Unerwartetes und Seltsames vor sich ging. Hauptsächlich war ich das. Vielleicht wollte er ihr gerade ein paar Infos entlocken und ich hatte sie unterbrochen. Nun, entweder das Gequatsche wäre jetzt vorbei oder er würde draufgehen.
Ihr Kopf ging zur Seite, wie eine Kobra, die zum Biss ansetzte, aber sie nickte. “Selbstverständlich.”
Morson ließ sich von mir wegführen und ich machte fünf Schritte Richtung Ausgang, bis er mich stoppte. Eiskalt.
Zum Teufel mit meiner Körpergröße. Warum konnte ich nicht zwei Meter groß und hundertzwanzig Kilo schwer sein? Dann könnte ich ihn nämlich einfach über die Schulter werfen und abhauen. Es wäre nicht gerade unauffällig, aber es würde wenigstens funktionieren.
“Wer bist du und was willst du von mir?” Er redete zwar leise, um nicht aufzufallen, aber er gab sich streng und unkooperativ. Ich blickte kurz über meine Schulter. Nix näherte sich uns, aber er war nicht nahe genug, um mir zur Hilfe zu kommen. Noch nicht.
Ich wandte mich wieder um und sah Morsons Blick über mein Gesicht schweifen, den Ausdruck in seinen Augen hätte ich fast schon als Verlangen gedeutet, hätte nicht die charakteristische Beule in seiner Hose gefehlt. Diese Aleraner mit ihren schlafenden Schwänzen. Das machte es sehr viel schwerer sie zu verarschen oder zu verführen. Falsche Schmeicheleien und flirten würde mich nirgendwo hinbringen, außer über Nixs Knie für eine heiße, zehenkringelnde Runde Haue auf den Arsch.
Ich langte hoch und schlang meine Hand um seinen Hals, dann um seinen Hinterkopf und zog ihn runter, sodass meine Lippen gegen sein Ohr pressten. Er ließ die gewagte Berührung zu, aber es fühlte sich falsch an. Falscher Mann. Falscher Geruch. Das falsche Gesicht so nahe an meinem.
Egal. Das war der einzige Weg, um mit ihm zu reden, ohne dass jemand mithören würde.
“Mein Name ist Destiny und dieses Gebäude wird in weniger als einer Minute in die Luft fliegen. Sie müssen mit mir kommen. Sofort.” Ich packte ihn einmal mehr am Arm und zog ihn Richtung der Tür.
Er rührte sich nicht. Keinen verfluchten Zentimeter.
“Eine interessante Behauptung von einer hübschen Frau,” konterte er wenig überzeugt. “Woher soll ich wissen, dass das stimmt? Du könntest mich genauso gut in einen Hinterhalt locken.”
“Jetzt mach nicht einen auf Vollidiot,” konterte ich und wedelte mit der Hand durch die Luft. “Raus hier oder wir fliegen in die Luft.”
Als er mich nur blöd anstarrte, musste ich tief durchatmen, um meine innere Giftspritze zu beruhigen. Ich versuchte, meinen eigenen Fluchtinstinkt irgendwie in den Griff zu kriegen. Tick-tack. Tick-tack. Ich konnte die Bombe so deutlich hören wie ihn.
“Na schön,” schimpfte ich wie ein genervter Teenager. “Bleib hier und flieg in die Luft. Ich werde meiner Schwester ausrichten, dass ich es versucht habe. Sie hat mir nämlich gesagt, dass du einer von den Guten bist und dass ich dich retten soll.”
Er zog eine dunkle Augenbraue hoch. “Schwester?”
“Trinity.” Ich klopfte ihm auf die Schulter und beeilte mich Richtung Ausgang. “Nicht besonders helle, oder?”
Ich erreichte eine große, dicke Tür. Sie waren aus einem Alien-Metall gegossen und erinnerten mich an die Tresortüren im Keller der Priesterfestung. Ich hatte meine Handfläche am Griff, als er plötzlich neben mir auftauchte. “Wer bist du wirklich?”
Nix tauchte zu meiner Rechten auf und ersparte mir die Antwort darauf. Ich hasste es, wenn ich mich wiederholen musste. Besonders, da ich es Morson bereits verklickert hatte und er einfach nur einen auf stur machte. Vielleicht war er vorsichtig. Ich konnte ihm sein Verhalten nicht wirklich übelnehmen, im Augenblick blieb uns jedoch keine Zeit. Nix legte den Arm um meine Taille und ich schmiegte mich an ihn. Nur einen Moment lang.
Das reichte. Ich war zu Hause.
“Uns bleiben nur noch Sekunden, Des,” flüsterte er und seine Finger verkrampften sich. Seine Worte waren ruhig, aber er war alles andere als das. “Schnell.”
Morson blickte über meinen Kopf hinweg zu Nix und flüsterte. “Ist sie wirklich die dritte Prinzessin?”
Ich zerrte am Türgriff. Er rührte sich nicht. Houston, wir haben ein Problem. “Scheiße Nix, sie ist abgeschlossen.”
Ich zog die Hände weg und Nix nahm meinen Platz ein, er drückte gegen die Tür und machte sich mit seinem gesamten Körpergewicht am Griff zu schaffen.
“Schau auf mein Komm-Gerät,” befahl Nix.
Das tat ich, ich zog das Gerät aus seiner Tasche und blickte auf den kleinen Bildschirm. “Zweiunddreißig. Einunddreißig. Dreißig.”
Nix presste