Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Stefan wählerisch war, was seine Frauenbekanntschaften anging, wußte der Vater. Aber jedem Mann lief eines Tages gerade die über den Weg, von der er immer geträumt hatte, und warum sollte es bei seinem Sohn anders sein?

      »Jedenfalls fahre ich morgen mittag«, entschied er. »Du kannst dir ja überlegen, ob du mitkommen willst.«

      Isolde antwortete nichts darauf. Sie saß in ihrem Sessel und blätterte weiter in einer Zeitschrift. Allerdings war sie nicht so recht konzentriert. Seit sie von ihrem Mann erfahren hatte, was der mit Harald Schönauer abgemacht hatte, dachte Isolde Kreuzer nur daran, wie sich diese Verbindung wohl auf ihr gesellschaftliches Leben auswirken würde. Zwischen der Familie Kreuzer und den Schönauers lagen Welten. Und wenn jetzt so ein Emporkömmling und neureicher Geschäftemacher dazugehörte, konnte es geschehen, daß man an Ansehen verlor.

      Freilich wurde auch Harald Schönauer zu allen möglichen Gelegenheiten eingeladen, irgendwie gehörte er ja dazu. Aber hinter vorgehaltener Hand redete man über ihn und seine Firma, als betreibe er eine Abfallentsorgung.

      Und aus diesem Grund war Isolde alles andere als glücklich darüber, daß ihr Stefan ausgerechnet Silvia Schönauer heiraten sollte.

      »Hörst du mir überhaupt zu?« unterbrach ihr Mann ihren Gedankengang.

      Sie schaute irritiert auf.

      »Wie bitte?«

      »Ich habe gefragt, ob ich nun ein Doppelzimmer bestellen soll oder nicht«, sagte Kurt gereizt.

      »Na schön«, seufzte sie, »von mir aus.«

      Kopfschüttelnd wandte er sich dem Telefon zu und wählte die Nummer der Auskunft. Dann bat er, mit dem oberbayerischen Tourismusverband verbunden zu werden.

      Normalerweise hätte Kurt Kreuzer solche Sachen seiner Sekretärin überlassen, aber die brauchte nicht unbedingt zu wissen, was er und seine Frau vorhatten. Morgen war Freitag, in der Firma würde er sich am nächsten Tag abmelden, und dann kam ohnehin das Wochenende, und Kurt hoffte, in den zwei Tagen das Problem aus der Welt geschafft zu haben.

      Allerdings erwies sich die Zimmersuche schwieriger als gedacht. Wie sich herausstellte, gab es in St. Johann nämlich nur ein Hotel, und das war bis unters Dach ausgebucht. Auch die Bemühungen der freundlichen Angestellten, mit der Kurt sprach, zumindest eine Pension ausfindig zu machen, in der es noch freie Zimmer gab, fruchteten nichts.

      Enttäuscht legte Stefans Vater den Hörer wieder auf.

      Und nun?

      Das war ja zum Auswachsen. Alle Welt schien in diesem Dorf Ferien zu machen.

      Plötzlich hatte Kurt Kreuzer eine Idee. Er erinnerte, daß einer seiner Geschäftspartner einmal erzählt hatte, in der Nähe von St. Johann ein Wochenendhaus zu besitzen. Eigentlich war es eine Almhütte, die der Bekannte hatte wieder herrichten lassen und mit der er seine Frau zur Hochzeit überrascht hatte.

      Hastig suchte er die Telefonnummer von Richard Anzinger, dem Mann der bekannten Sängerin Maria Dewey, heraus. Anzinger, ein Münchener Kaufmann, bestellte jedes Jahr einige wertvolle Füllfederhalter bei der Firma Kreuzer, die er an Geschäftsfreunde zu Weihnachten verschenkte. Er war nach kurzem Klingeln am Telefon.

      »Kreuzer hier«, sagte Stefans Vater. »Wie geht es Ihnen, Richard?«

      »Kurt, guten Abend. Danke, gut geht’s. Ich hoffe, Ihnen auch?«

      »Schon. Allerdings gibt es da ein kleines Problem, bei dessen Lösung Sie mir vielleicht behilflich sein können.«

      »Gern! Schießen Sie los!«

      Kurt Kreuzer schilderte ihm sein Problem, und Richard Anzinger war sofort bereit zu helfen.

      »Freilich können Sie dort wohnen«, sagte er. »Die Hütte liegt auf der Jenneralm, mit dem Auto sind es knapp zwanzig Minuten bis ins Dorf. Wenn Sie morgen ankommen, fahren Sie zuerst nach St. Johann und melden sich bei Pfarrer Trenker. Er ist ein guter Freund von uns und bewahrt den Zweitschlüssel zur Hütte auf. Ich rufe ihn gleich an, damit er Bescheid weiß.«

      »Sie haben mir wirklich sehr geholfen«, bedankte sich Kurt. »Ich hoffe, ich kann mich mal revanchieren.«

      »Schon in Ordnung.«

      »Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Abend, und grüßen Sie bitte Ihre Frau.«

      »Das mache ich«, antwortete der Münchener Kaufmann. »Leider ist sie im Moment mal wieder auf Tournee. Aber ich fliege in der nächsten Woche hinterher. Also dann, viel Erfolg in St. Johann.«

      Erleichtert legte Kurt Kreuzer auf.

      Glück im Unglück mußte man eben haben, dachte er und nahm es als gutes Omen, doch noch eine Unterkunft gefunden zu haben.

      *

      Als Sebastian Trenker am nächsten Morgen in aller Frühe das Pfarrhaus verließ, war er immer noch mit dem Gedanken an den Anruf gestern abend beschäftigt. Er hatte sich gefreut, mal wieder etwas von Richard Anzinger zu hören. Maria, dessen Frau, war Sebastians einstiges Pfarrkind. Schon früh hatte sie die Heimat verlassen und war in die Welt hinausgezogen. Als Sängerin machte sie eine einzigartige Karriere. Nach vielen Jahren erst kehrte sie nach St. Johann zurück, und der Bergpfarrer freute sich, dazu beitragen zu können, daß Maria auch ihr persönliches Glück fand.

      Doch dies alles war nur eine kurze Erinnerung gewesen. Viel mehr beschäftigte den Geistlichen die Frage, ob es zwischen dem Mann, der heute im Laufe des Tages den Schlüssel zur Almhütte abholen wollte, und Stefan Kreuzer eine Verbindung bestand.

      Oder war es nur die Namensgleichheit, die ihn irritierte?

      Richard Anzinger hatte kurz erklärt, bei wem es sich um Kurt Kreuzer handelte. Sebastian kannte natürlich die Firma vom Namen her, besaß sogar einen Federhalter, den Bischof Meerbauer ihm vor Jahren einmal zum Geburtstag geschenkt hatte. Aber er wußte nicht, ob Stefan möglicherweise der Sohn des Mannes war.

      Und vor allem fragte er sich, ob da nicht ein Problem auf den netten jungen Burschen zukam, wenn es zutraf.

      Der gute Hirte von St. Johann nahm sich vor, Stefan bei einer günstigen Gelegenheit darauf anzusprechen.

      Wie immer hatte Sophie Tappert für reichlichen Proviant gesorgt. Ihre Angst, Hochwürden könnte sich bei einer seiner Touren verirren oder gar abstürzen und sich schwer verletzen, hatte auch in all den Jahren, die sie nun schon als seine Haushälterin arbeitete, nicht abgenommen.

      Dabei war diese Angst völlig unbegründet, denn nicht umsonst nannten seine Schäfchen Sebastian Trenker den »Bergpfarrer«, kaum ein anderer kannte sich da droben so gut aus wie er!

      Als er die Pension erreichte, traten Johanna Kramer und Stefan Kreuzer gerade vor die Tür.

      »Grüß euch«, nickte er ihnen zu. »Habt ihr ausgeschlafen?«

      »Eher abgebrochen«, schmunzelte der Bursche.

      »Spätestens nach der ersten Stunde seid ihr wach«, versprach Sebastian und reichte Stefan einen der beiden Rucksäcke. »Also, auf geht’s!«

      Sie verließen das noch schlafende Dorf und wanderten in Richtung des Höllenbruchs.

      »Der Name hört sich grauslicher an, als es hier ist«, erklärte der Geistliche. »Eigentlich ist das Wäldchen nämlich ein sehr schöner Ort, an dem sie die jungen Leute treffen, wenn sie mal für sich sein wollen…«

      Dabei warf er seinen Begleitern einen augenzwinkernden Blick zu.

      Von dem kleinen Bergwald ging es weiter die Hohe Riest hinauf. Von dort oben zweigten die einzelnen Wege zu den verschiedenen Almen ab. Hölzerne Wegweiser zeigten an, welche Richtung man nehmen mußte, um zu ihnen zu gelangen.

      Indes folgte Sebastian nicht diesen Empfehlungen. Er hatte sich schon seit Jahren eine eigene Tour zusammengestellt, die zur Kandereralm hinaufführte. Sie war bedeutend länger, dafür aber auch sehr viel schöner.

      Johanna und Stefan hatten ihre Fotoapparate


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