Die schönsten Kinderbücher (Illustriert). Гарриет Бичер-Стоу

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Die schönsten Kinderbücher (Illustriert) - Гарриет Бичер-Стоу


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schlägt auf Eisen dort oben. Eine Flinte ist es! Freund, die schwerfüßigen, närrischen Engländer sind gekommen, um mit dem Mugger zu reden!«

      »Warne ihn denn. Eben noch wurde er Wohltäter der Armen genannt von einem, der nicht wenig einem verhungerten Schakal glich.«

      »Möge der Vetter seine Haut selbst schützen. Stets erzählt er mir, daß von Bleichgesichtern nichts zu fürchten wäre. Und Bleichgesichter müssen es sein. Kein Dorfbewohner von Muggerghat würde es wagen, ihn anzugehen. Sieh doch, ich sagte, es wäre eine Flinte! Nun, mit etwas Glück werden wir noch vor Tag Fraß bekommen. Außerhalb des Wassers hört er schlecht und, und – diesmal ist es keine Frau!«

      Ein Flintenlauf blitzte kurz auf im Mondlicht von den Trägern der Brücke herab. Der Mugger lag auf der Sandbank, reglos wie sein eigener Schatten, die Vorderfüße etwas gespreizt, den Kopf dazwischengelegt und schnarchte – wie ein Mugger.

      Eine Stimme auf der Brücke flüsterte: »Ein komischer Schuß ist es – beinahe senkrecht hinunter –, aber sicher wie ein Haus. Halte hart hinter das Genick! Alle Wetter, ein Mordsbiest! Die Dörfler werden rasen, wenn er erschossen wird. Es ist der Deota (Schutzgott) der Gegend.«

      »Mir gleich«, antwortete eine zweite Stimme. »An die fünfzehn meiner besten Kulis hat er weggeschnappt beim Bau der Brücke; höchste Zeit, ihm das Handwerk zu legen. Wochenlang habe ich ihm im Boot nachgestellt. Hilf mit dem Martini nach, sobald ich ihm beide Kugeln aufgebrannt habe.«

      »Denke aber an den Rückschlag, eine Doppelflinte von dem Kaliber ist kein Spaß.«

      »Das wird er dann schon merken. Achtung jetzt – los!«

      Ein Donner krachte wie von einem kleinen Geschütz (die schwerste Elefantenbüchse dröhnt fast wie eine Kanone), und dem doppelten Feuerstrahl folgte der peitschende Knall einer Martini, deren langes Stahlmantelgeschoß einen Krokodilpanzer glatt durchschlägt. Aber schon die Explosionsgeschosse taten ihre Arbeit. Der erste Einschlag saß kurz hinter dem Genick des Muggers, eine Handbreit links vom Rückgrat, der zweite weiter unten am Ansatz des Schwanzes. In neunundneunzig von hundert Fällen gelingt es einem tödlich getroffenen Krokodil, noch in tiefes Wasser zu entkommen; aber der Mugger von Muggerghat war buchstäblich in drei Stücke geborsten. Kaum zuckte noch der Kopf, als das Leben entwich, und – platt lag er, wie der Schakal.

      »Donner und Blitz! Blitz und Donner!« maunzte das kleine, erbärmliche Tier. »Ist das Ding endlich in den Fluß gestürzt, das die Wagen mit den Dächern über die Brücke zieht?«

      »Eine Flinte ist es nur«, sagte der Adjutant, obgleich er bis in die Schwanzfeder zitterte. »Nichts weiter als eine Flinte. Tot ist er bestimmt. Die Bleichgesichter kommen herunter.«

      Die beiden Engländer eilten die Brücke herab nach der Sandbank und standen bewundernd vor der Länge des Muggers. Ein Eingeborener trennte mit der Axt den ungeheuren Kopf vom Rumpf, und vier Männer schleppten ihn über die Landzunge fort.

      »Als ich das letzte Mal meine Hand in den Rachen eines Muggers steckte«, erzählte einer der Engländer und bückte sich (es war der Erbauer der Brücke), »war ich etwa fünf Jahre alt. Ich fuhr damals in einem Boot den Fluß hinab nach Monghyr, war ein sogenanntes Meuterbaby. Meine arme Mutter war mit im Boot, und oft erzählte sie mir, wie sie Vaters alten Revolver gegen den Kopf der Bestie abgefeuert hatte.«

      »Na, jedenfalls hast du Rache genommen an dem Führer der Sippschaft, wenn auch deine Nase etwas blutet von dem Rückschlag. He, Bootsleute! Bringt den Kopf ans Ufer, wir wollen ihn auskochen, um den Schädel zu bekommen. Die Haut ist zu zerfetzt und hat keinen Wert mehr. Komm jetzt schlafen. Die Nachtwache hat sich gelohnt, wie?«

      Sonderbarerweise machten Schakal und Adjutant die gleiche Bemerkung, kaum drei Minuten, nachdem die Männer fortgegangen waren.

      Lied der Welle

       Inhaltsverzeichnis

      Welle wogte an dem Strand,

       Griff nach eines Mädchens Hand,

       Das in Abendsonnengluten

       Heimwärts wandert durch die Fluten.

      Zarte Brust und schlanker Fuß,

       Wahrt euch vor des Schmeichlers Gruß:

       »Höre, Kind, mein sanft Gebot!

       Warte! Bleib! Ich bin der Tod …«

      »Drüben ruft der Liebe Glück,

       Schmachvoll wär’s, ich blieb zurück.«

       Dort im Fluß der helle Klang,

       War’s ein Fisch, der spielend sprang?

      Schlanker Fuß und zartes Herz

       Harrt der Fähre heimatwärts!

       »Hör’ auf mich!« die Welle droht,

       »Warte, Kind! Ich bin der Tod.«

      »Liebster ruft, da muß ich eilen,

       Schande träfe mich, wollt’ ich weilen.«

       Welle, Welle wogt und ringt,

       Mächtig ihr den Leib umschlingt.

      Töricht Herze, treue Hand,

       Kleiner Fuß trat nie ans Land.

       Welle wandert, Welle rot,

       Wogt hinab und trägt den Tod.

      Des Königs Ankus

       Inhaltsverzeichnis

      Das sind die vier, die nie gestillt, die nie gefüllt seit Urbeginn –

       Des Schakals Schlund, des Geiers Gier, des Affen Hand, des Menschen Sinn.

       (Dschungelspruch)

      Kaa, der große Felsenpython, hatte vielleicht zum zweihundertstenmal seit seiner Geburt die Haut gewechselt; und Mogli, der nie vergaß, daß er in jener Nacht zu »Cold Lairs« der Riesenschlange sein Leben verdankte, kam, um ihr Glück zu wünschen. Hautwechsel verursacht den Schlangen immer etwas Unbehagen, und sie bleiben launisch, bis die neue Haut wieder hell und schön glänzt. Kaa machte sich schon längst nicht mehr über Mogli lustig; er erkannte ihn als Meister der Dschungel an, wie die übrigen Dschungelvölker es taten, und trug ihm alle Neuigkeiten zu, die ein Python von seiner Größe naturgemäß erfährt. Was Kaa von der Mitteldschungel, wie sie es nannten – dem Leben, das sich am Boden und dicht darunter abspielt, dem Felsblock-, Höhlen-und Baumwurzelleben –, nicht wußte, das hätte man leicht auf die kleinste seiner Schuppen schreiben können.

      An diesem Nachmittag ruhte Mogli in einem von Kaas mächtigen Ringen und befingerte die zerschlissene, fleckige, alte Haut, die noch verschrumpft und gedreht zwischen den Felsen lag, so wie Kaa aus ihr geschlüpft war. Der Python hatte sich sehr höflich unter Moglis breite; nackte Schultern gepackt, so daß der Knabe in einem wahrhaft lebendigen Sessel ruhte.

      »Bis zu den Augenschuppen ist sie noch ganz vollständig«, sagte Mogli vor sich hin, mit der Hand spielend. »Sonderbar, die eigene Kopfhülle vor den eigenen Füßen liegen zu sehen.«

      »Nun, das ist so Sitte bei meinem Volk und hat für mich nichts Sonderbares«, sagte Kaa. »Aber Füße habe ich nicht. Fühlt sich nicht deine Haut auch zuweilen hart und alt an?«

      »Dann gehe ich und bade, Flachkopf. Aber es ist schon wahr, in der Zeit der großen Hitze wünschte ich oft, ich könnte mir die Haut schmerzlos abstreifen und hautlos herumlaufen.«


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