James Bond 17: Der Kunstsammler. John Gardner
Читать онлайн книгу.gar nicht erst anbieten, sondern sie in die Vereinigten Staaten bringen werden. Das wird im Parlament zweifellos für Fragen sorgen.«
Bond kaute auf seiner Lippe herum. »Und die Drucke?«
»Wunderschöne Fälschungen«, verkündete M strahlend. »Es dürfte sehr schwer sein, das Gegenteil zu beweisen, und sie haben den Service ein Vermögen gekostet. Sie werden morgen hergebracht, und ich werde dafür sorgen, dass die Presse einen Tipp bekommt, kurz bevor Sie nächste Woche nach New York aufbrechen.«
»Da wir gerade vom Aufbrechen sprechen …« Bond führte M von seinem Stuhl weg ins Nebenzimmer, wo sie unter sich waren. Der Auftrag würde anstrengend werden, da sie bis zum letztmöglichen Augenblick weder mit der Hilfe des amerikanischen noch der des britischen Geheimdiensts rechnen konnten – einfach deswegen, weil nur wenige über ihre Anwesenheit oder ihre Aufgabe Bescheid wissen würden.
»Es gibt keine Unterstützung«, begann Bond.
»Sie haben schon zuvor Aufträge ohne Unterstützung erledigt, James.« M wurde milder und benutzte in dieser privaten Umgebung Bonds Vornamen.
»Stimmt. Ich gehe davon aus, dass für meine persönliche Bewaffnung Vorkehrungen getroffen wurden?«
M nickte. Die VP70, Munition und seine Lieblingsmesser sollten in einem Aktenkoffer – in dem sich außerdem die sechs gefälschten Hogarth-Drucke befanden – in ihr New Yorker Hotel geliefert werden. »Die Q-Abteilung hat noch ein oder zwei weitere nützliche Dinge für Sie vorbereitet. Vor Ihrer Abreise wird für Sie eine Technologiesitzung mit Miss Reilly stattfinden.«
»Dann muss ich noch um einen letzten Gefallen bitten.«
»Bitten Sie und er könnte Ihnen gewährt werden.«
»Das Silberbiest.« Bond schaute M direkt in die Augen und bemerkte das zweifelnde Flackern. »Das Silberbiest« war der Spitzname, den die Mitglieder des Service Bonds privatem Auto gegeben hatten – dem Saab 900 Turbo. Der Wagen war sein persönlicher Besitz und die Spezialtechnologie hatte er auf eigene Kosten einbauen lassen. Auf Sticheleien darüber, dass es sich bei dem Fahrzeug um Bonds »Spielzeug« handelte, reagierte 007 nur mit einem höflichen Lächeln. Er wusste, dass Major Boothroyd, der Waffenmeister, ständig um den Wagen herumgeschlichen war, um seine Geheimnisse zu lüften: die versteckten Fächer, die Tränengasdüsen und die neuen Verbesserungen, die erst kürzlich in das kugelsichere Fahrzeug eingebaut worden waren. Sogar Q’utie hatte – zweifellos auf Boothroyds Anweisung hin – versucht, in die Rolle der Mata Hari zu schlüpfen, um Bond die Geheimnisse zu entlocken. Damals hatte Bond ihr lediglich einen spielerischen Klaps auf den Hintern versetzt und gesagt, sie solle sich nicht einmischen. Nun war er kurz davor, das, was sich als seine Rettung herausstellen mochte, in Ms Hände zu geben.
»Was ist mit dem Silberbiest?«
»Ich brauche es in Amerika, Sir. Ich will nicht den öffentlichen Verkehrsmitteln ausgeliefert sein.«
M ließ ein flüchtiges Lächeln aufblitzen. »Ich kann dafür sorgen, dass Ihnen ein Mietwagen zur Verfügung steht – sogar einer mit anständiger Linkssteuerung.«
»Das ist nicht dasselbe, und das wissen Sie, Sir.«
»Und Sie wissen, dass Ihr Saab kein Dienstwagen des Service ist. Gott allein weiß, was Sie in diesem Ding verstecken …«
»Es tut mir leid, aber ich brauche dieses Auto für den Auftrag, Sir«, erwiderte Bond.
M runzelte die Stirn und überlegte. »Ich muss darüber schlafen. Ich gebe Ihnen morgen Bescheid. Dann zog er noch einmal an seiner Pfeife und verließ brummelnd den Raum.
Bond machte sich bezüglich seines Wagens keine allzu großen Hoffnungen, auch wenn er auf einen Sonderbefehl hin in die Vereinigten Staaten reiste. Aber am folgenden Abend erhielt er nach einem langen und gereizten Vortrag von M über den Zustand der Finanzmittel des Service die Erlaubnis. Der Service würde den Saab, wenn auch unter Vorbehalt, in die Vereinigten Staaten transportieren. »Er wird dort bei Ihrer Ankunft auf Sie warten«, erklärte M mürrisch.
Professor und Mrs Joseph Penbrunners Ankunft mit ihrem Saab war in der Tat ein großes Ereignis gewesen. Bond, der seiner Stimme ein pedantisches, pompöses und recht affektiertes Timbre verliehen hatte, wich den Fragen der Presse am New Yorker JFK-Flughafen gekonnt aus: Die Medien waren davon ausgegangen, dass er in Amerika die neu entdeckten Hogarth-Drucke verkaufen würde. Nun, er wolle noch nichts verraten. Nein, er habe noch keinen speziellen Käufer im Sinn. Dies sei ein privater Besuch in Amerika. Nein, er habe die Drucke nicht bei sich, aber ja, sie befänden sich, so viel könne er verraten, bereits in New York.
Insgeheim war der getarnte Bond sehr zufrieden mit dem Tonfall, der auf der lange zurückliegenden Erinnerung an seinen alten Hausleiter während der zwei unglücklichen Halbjahre in Eton basierte. Der Mann war für Bond in allen Belangen eine Nervensäge gewesen, und nun bereitete es ihm große Freude, sich über ihn lustig zu machen. Gleichzeitig sorgte Bond dafür, dass Professor und Mrs Penbrunner in den Abendnachrichten und den Schlagzeilen der Zeitungen landen würden, indem er sich mürrisch und unhöflich gab. Die Medien seien nicht wirklich an Kunst interessiert, sagte er, nur an dem Ärger, den sie aufwirbeln konnten. »Letzten Endes«, fügte er hinzu und zog Cedar durch die Menge, »werden Sie alle sich doch nur für den Preis interessieren. Dollars, Dollars und noch mehr Dollars. Das ist alles, wohinter Sie her sind – der Preis.«
»Bedeutet das, dass Sie doch hier sind, um etwas zu verkaufen, Professor?«, fragte einer der Journalisten gerissen.
»Das ist meine Angelegenheit.«
Im Loews Drake Hotel an der Ecke Sechsundfünfzigste Straße und Park Avenue wartete der Aktenkoffer auf sie. Bond packte ihn vorsichtig aus und trennte schnell die Drucke von den Waffen. Die Drucke würden in den Hoteltresor wandern. Und die Waffen? Nun, er würde die VP70 bei sich tragen, während er die Messer in den speziell angefertigten Sprungfederfächern in seinem eigenen Aktenkoffer verstauen würde, die die Q-Abteilung vor Jahren für ihn eingebaut hatte. Bond war so sehr ins Sortieren vertieft, dass er die kühle Ausstrahlung, die sich wie eine Schlechtwetterfront um Cedar gelegt hatte, gar nicht wahrnahm.
Während der Tage in dem Unterschlupf in Kensington hatte sie darauf bestanden, ihn einfach nur mit »Bond« anzureden. Als er sie höflich und mit seinem üblichen Charme gebeten hatte, ihn James zu nennen, hatte sich Cedar geweigert. »Ich weiß, dass Sie und mein Vater Kumpel sind«, hatte sie ohne ihn anzusehen gesagt, »aber wir haben eine professionelle Beziehung. Ich nenne Sie Bond – außer wenn wir uns in der Öffentlichkeit befinden und Mann und Frau spielen. Sie nennen mich Leiter.«
James Bond hatte gelacht. »Okay, Sie können das gerne so machen. Aber ich fürchte, ich werde Sie weiterhin Cedar nennen.«
Nachdem er die Drucke im Tresor verstaut hatte, stand Cedar mit vor der Brust verschränkten Armen in der Mitte des Zimmers und tippte mit dem Fuß auf den Boden – eine äußerst attraktive Pose, ob das nun beabsichtigt war oder nicht.
»Was ist los?«, fragte er forsch.
»Was glauben Sie denn, was los ist?«
Bond zuckte mit den Schultern. Er war ein Gewohnheitstier und hatte deswegen angefangen, wie üblich seine Sachen auszupacken. Er hatte sogar seinen Bademantel auf das große Doppelbett geworfen. »Ich habe keine Ahnung.«
»Das da zum Beispiel.« Sie deutete auf den Bademantel. »Wir haben noch nicht einmal besprochen, wer das Bett bekommt und wer auf der Couch schläft. Soweit es mich betrifft, Mr James Bond, ist diese Ehe vorbei, sobald wir unter uns sind.«
»Nun, natürlich nehme ich die Couch.« Dann verschwand er in Richtung Badezimmer und rief über seine Schulter: »Keine Sorge, Cedar, bei mir werden Sie so sicher sein wie eine Nonne. Und Sie können gerne das Bett haben. Ich habe es ohnehin immer vorgezogen, unbequem zu leben.«
Er konnte ihre Gereiztheit hinter seinem Rücken spüren, doch als er aus dem Bad kam, stand Cedar noch immer neben dem Bett und wirkte fast zerknirscht. »Es tut mir leid, James. Es tut mir wirklich leid,