True - Wahrheit. Ella Frank

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True - Wahrheit - Ella Frank


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      „Jill? Hey, wie geht’s dir heute?“, sagte Tate in sein Handy, das er sich zwischen Schulter und Ohr geklemmt hatte, während er die Eingangstür zum The Popped Cherry aufsperrte.

      Es war gerade zehn Uhr und Logan hatte eben angerufen, um zu fragen, ob er Tate dort für ein paar friedliche Stunden vor dem Öffnen treffen könnte. Friedlich hieß so viel wie überall, wo sich kein Schlagbohrer in Logans Hirn bohrte. So zumindest hatte er es Tate vermittelt. Das war verständlich, denn der Krach, den so eine Renovierung mit sich brachte, konnte jedes Hirn zum Explodieren bringen. Wenn man versuchte, sich auf den Papierkram zu konzentrieren, den Logan jeden Tag erledigte, waren Ruhe und Frieden vorzuziehen.

      „Mir geht es gut, Tate. Und dir?“, fragte Jill. „Und Logan?“

      Tate ging hinein und schloss die Tür. Er zog seine Jacke aus und ging die Stufen zum Erdgeschoss hinunter. „Uns geht’s sehr gut. Ich ruf nur an, um zu hören, wie es dir geht.“

      Tate hatte sich selbst versprochen nicht Monate vergehen zu lassen, ohne sich bei Jill zu melden. Also hatte er sich vorgenommen, sie heute anzurufen. Seit ein paar Wochen waren die Dinge zwischen ihnen entspannter. Als er und Logan sie zu einer Abendgesellschaft besucht hatten, war er derartig mit Logan und all dem, was gerade zwischen ihnen passierte, beschäftigt gewesen, dass er sich mit seiner Schwester nicht so wirklich viel Mühe gegeben hatte, wie er es vielleicht hätte tun wollen.

      „Alles bestens“, sagte Jill. „Ich war gerade dabei, ein paar letzte Besorgungen zu machen, bevor wir gehen. Du erinnerst dich doch, Sams Familie ist aus Dubuque, und wir fahren jedes Jahr an Thanksgiving zu ihnen.“

      Tate hielt mitten auf seinem Weg inne, als er die Worte hörte. Wow. Er war nicht ganz sicher, warum ihn diese Neuigkeiten überraschten. Er wusste, dass sich Jill und sein Vater nicht mehr sehr nahestanden. Aber zu wissen, dass das auch die Beziehung seiner Neffen mit seinem Vater beeinflusste, tat Tate im Herzen weh. Sie hatten es verdient, ihren Großvater zu kennen.

      Hm. Vielleicht könnten wir uns alle an Heiligabend bei Dad zu Hause treffen, wenn wir ihn besuchen. Ja, das ist perfekt.

      „Jill“, sagte er und rieb sich den Nacken.

      „Ja?“

      „Habt ihr Heiligabend schon etwas vor?“

      „Nein, ich glaube nicht. Wir bleiben normalerweise daheim und öffnen um Mitternacht ein Geschenk. Du weißt schon, genau wie wir es damals als Kinder getan haben.“

      Tate lächelte und erinnerte sich daran, wie lange Jill sich immer Zeit gelassen hatte, um zu entscheiden, welches Geschenk sie zuerst öffnen wollte. Ich hingegen habe mir einfach das Erstbeste geschnappt, oder das größte. „Ich erinnere mich. Hör mal, warum bringt ihr nicht die Kids zu Dads Haus? Logan und ich werden da sein. Ich weiß, dass Dad sich riesig freuen würde die Jungs da zu haben.“

      „Tate, ich …“

      „Jill“, sagte er und unterbrach das, was eine höfliche Absage werden würde. „Mir ist klar, dass die Dinge zwischen dir und Dad über die Jahre angespannt waren, aber komm schon. Es ist Zeit, etwas zu ändern, findest du nicht auch? Wenn du und ich im gleichen Raum sein können, dann bin ich ziemlich sicher, dass du deinen Kram mit Dad auch regeln kannst.“

      „Ich weiß nicht …“

      Tate konnte ihre Unentschlossenheit nachvollziehen. Es lagen noch eine ganze Menge Verärgerungen, Schuldgefühle und Enttäuschungen in der Luft, rund um den Morrison Clan. Doch da lag etwas in den Feiertagen. Etwas, das mit dem Zusammensein der Menschen, die einen liebten, zu tun hatte und das sogar die unangenehmsten Situationen tolerierbar machte.

      „Was hast du erst neulich zu mir gesagt?“, fragte Tate, während er hinter die Bar ging. „Verurteile die Menschen nicht so schnell. Gib ihnen die Chance, dich zu überraschen.“

      „Wir reden hier nicht über Fremde, Tate. Wir reden über Dad.“

      „Genau. Und wenn ich ihm den Scheiß vergeben konnte, den er zu mir gesagt hat, als ich anfing mit Logan auszugehen, dann kannst du das, was auch immer zwischen euch vorgefallen ist, auch aus der Welt schaffen.“ Es entstand eine Redepause und obwohl er es nicht aussprechen wollte, hörte er sich fragen: „Ist es wegen Mom? Seid ihr noch …“ Tate verließen die Worte und er schätzte, dass der Grund dafür wahrscheinlich war, dass er die Antwort nicht wirklich hören wollte. Er seufzte und zwang sich es, einfach auszuspucken. „Siehst du sie an den Feiertagen? Verbringt ihr Zeit miteinander?“

      „Nein“, sagte Jill sofort. „Nein. Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen. Aber du weißt, wie es war, als du gegangen bist. Die Dinge wurden wirklich … sehr schlimm.“

      Mist, dachte Tate. Das muss aufhören. Die einzige Möglichkeit für sie alle, eine Art von Beziehung zueinander zu haben, lag darin, die Dinge hinter sich zu lassen. Zu lernen, wie man sich wieder vertrauen konnte und das bezog sich nicht nur auf ihn selbst. Es bezog sich ebenso auf Jill und ihren Vater.

      Er lehnte sich gegen den hinteren Arbeitstresen und schloss die Augen. Er wünschte sich, dass das Leben ausnahmsweise mal einfach sein könnte. In diesem Augenblick hörte er, wie sich die Seitentür der Bar öffnete und sah, wie Logan den Raum betrat. Mit dem Aktenkoffer in der Hand und in seinem Peacoat war er der willkommenste Anblick auf der ganzen Welt.

      Genau. Es war an der Zeit, die Dinge hinter sich zu lassen. Tate wollte die Anspannung innerhalb seiner Familie auflösen, ein für alle Mal. Damit er sich auf das konzentrieren konnte, was am allerwichtigsten für ihn war. Und das war, sein Leben mit Logans auf jede erdenkliche Art und Weise zu verknüpfen. Je schneller, desto besser.

      „Okay, hör zu“, sagte Tate, ging den Bartresen entlang und lehnte sich darüber, damit er Logan mit einem Kuss begrüßen konnte. Als er den Kopf hob, zeigte Logan mit dem Daumen über seine Schulter auf eine der Nischen, drehte sich um und ging in die Nische, die er am liebsten hatte. „Ich würde mich wirklich freuen, wenn du und Sam an Heiligabend mit den Kids zu Dad kommen würdet. Auf diese Weise könnte ich endlich ein Weihnachten mit ihnen verbringen. Es ist so viele Jahre her, Jill. Es würde mir so viel bedeuten.“

      Tates Blick lag die ganze Zeit auf Logan, der den Tisch erreicht hatte und auf die Sitzbank rutschte. Es war ihm nicht entgangen, dass Logan sich so hinsetzte, dass er nur den Kopf heben musste und, ja ganz einfach so, blickte er durch seine dunkel umrandete Brille direkt zu Tate.

      „Bist du sicher, dass Dad nichts dagegen hat?“, fragte Jill und als Logan ihm zuzwinkerte, vergaß Tate, was sie gefragt hatte.

      „Tate?“

      „Hm? Oh, da bin ich zuversichtlich.“ Und irgendwie, tief bis in Mark, wusste Tate, dass er recht hatte. Sein Vater und Jill waren einfach nur stur. Genau wie er.

      „Okay“, sagte Jill leise. Tate hatte den Eindruck, dass ihre Stimme leicht brach. „Ich glaube, sie würden das lieben. Und ich auch.“

      „Gut.“

      „Dann, okay. Wenn du mir noch die Zeit schreibst, werden wir da sein. Und Tate?“

      „Ja?“

      „Danke, dass du an uns gedacht hast. Die Jungs werden aus dem Häuschen sein.“

      „Ich auch. Es ist so lange her, seit wir an den Feiertagen zusammen waren. Wir sehen uns dann.“

      „Bis dann“, sagte sie und sie legten beide auf.

      Als Tate das Handy auf den Tresen legte, sah Logan von seinem Laptop auf. Er musste gar nichts sagen, sein Gesichtsausdruck war eindeutig: Komm her und rede mit mir. Sag mir, was in deinem Kopf vorgeht. Und das war genau das, was Tate gestern Abend gemeint hatte. Logans Fähigkeit, alles in Ordnung zu bringen. Seine Welt ins Lot zu bringen. Einfach nur dadurch, dass er darin lebte.

       Kapitel


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