Tarzan – Band 4 – Tarzans Sohn. Edgar Rice Burroughs
Читать онлайн книгу.erzählt haben und drang dann auf seinen Vater ein, er solle den Affen ja kaufen und mitbringen.
Lady Greystoke war natürlich über diesen Vorschlag außer sich, aber ihr Junge blieb nur immer hartnäckiger bei seiner Bitte. Tarzan erklärte darauf, er habe schon beabsichtigt, den Affen zu kaufen, allerdings nur, um ihn wieder in seine Dschungelheimat zurückbefördern zu lassen. Dem pflichtete Jacks Mutter bei.
Jack fragte hernach, ob er den Affen noch einmal besuchen dürfe, doch wurde ihm dies wieder glatt abgeschlagen. Er kannte aber die Adresse, die der Dompteur seinem Vater angegeben hatte, und zwei Tage später passte er einen günstigen Augenblick ab und entwischte seinem neuen Erzieher, der an Stelle des vom Schrecken arg mitgenommenen Mr. Moore engagiert worden war.
Nach langem Hinundherirren in einem Londoner Stadtviertel, in das er bisher noch nie gekommen war, fand er endlich den dumpfen, düsteren Winkel, in dem jener pockennarbige Greis hauste. Auf das Klopfen erschien der Alte selbst an der Tür, und als Jack erklärte, er wolle sich den Ajax ansehen, machte er auf und ließ ihn in den kleinen Raum ein, den er mit dem Affenriesen bewohnte.
Früher war der gerissene Pawlowitsch schon etwas anspruchsvoller gewesen; aber die zehn furchtbaren Jahre, die er in Afrika unter Kannibalen hatte zubringen müssen, mochten bei ihm jegliche Spur feinerer Gewohnheiten weggespült haben. Sein Anzug war fleckig und halbzerrissen, er wusch sich die Hände nicht, geschweige denn, dass je ein Kamm an die paar krausen Haarsträhnen kommen mochte. Das sogenannte Zimmer starrte vor Schmutz und sah wie eine Rumpelkammer aus. Als der Junge eintrat, hockte der große Affe gerade auf dem Bett. Schmutzige Wolldecken und übelriechende Tücher lagen dort wirr durcheinander. Sowie der Affe den Jungen gewahr wurde, sprang er zu Boden und humpelte ihm entgegen; doch der Alte, der seinen Besuch nicht wiedererkannte und fürchtete, dass der Affe nichts Gutes im Schilde führte, trat sofort dazwischen und wies den Affen ins Bett zurück.
Der tut mir nichts zuleide, rief der Junge laut. Wir zwei sind gute Freunde, und früher war er der Freund meines Vaters. Lord Greystoke ist nämlich mein Vater. Er weiß es nicht, dass ich hierher gegangen bin. Meine Mutter hat es mir übrigens verboten, aber ich wollte nun einmal Ajax sehen. Und ich will Sie gut bezahlen, wenn Sie mich oft hierher kommen und den Affen sehen lassen.
Wie Jack seinen Namen erwähnte, zuckte es unwillkürlich in Pawlowitschs Augen. Seit er Tarzan von der Bühne der Musikhalle zum ersten Male wieder gesehen hatte, dämmerten in seinem sonst fast stumpfsinnigen Hirn Gedanken auf, die ihn lange in Ruhe gelassen, ja es regte sich in ihm so etwas wie ein Verlangen, nun doch noch Rache zu üben. Es ist überaus bezeichnend für Schwächlinge und Verbrecher, dass sie andere für das Unglück verantwortlich machen, das sie doch nur ihrer eigenen Minderwertigkeit zuzuschreiben haben. Genau so stand es mit Alexei Pawlowitsch. Langsam erwachte in ihm gerade jetzt die Erinnerung an sein früheres Leben, und wenn er nun daran dachte, wie greifbar nahe er diesen Menschen hatte, den er damals mit Rokoff unter Einsatz aller Kräfte aus seiner Bahn schleudern, ja einfach ins Jenseits befördern wollte, so fühlte er von Neuem das ganze Unheil, das über ihn hereingebrochen war, als all die fein gesponnenen Ränke ins Nichts zerrannen, und ihnen ihr Opfer entging. Vorerst sah er indessen keine Möglichkeit, unter Wahrung seiner persönlichen Sicherheit sich an Tarzan auf dem Umweg über dessen Sohn zu rächen. Aber er war sich darüber klar, dass der Junge ihm durch seine unvorsichtigen Äußerungen den Weg zu einer gründlichen Rache freigemacht hatte. So beschloss er, das häufige Erscheinen des jungen Greystoke recht zu begünstigen und diesen so an sich zu fesseln. Hoffte er doch, dass irgendein günstiger Stern ihm den Jungen eines Tages irgendwie in die Hand spielen würde.
Darum erzählte er dem Jungen zunächst alles, was er über das Dschungelleben seines Vaters wusste. Als er dann hörte, dass der junge Greystoke all die Jahre überhaupt nichts zu erfahren bekommen hatte, dass ihm der Besuch des Zoologischen Gartens untersagt war, ja, dass er seinen Erzieher hatte fesseln und ihm einen Knebel in den Mund stopfen müssen, um sich so wenigstens einmal die Vorstellung mit Ajax ansehen zu können … da erriet er sofort, welche geheimen Befürchtungen die elterlichen Herzen zu dieser wunderbaren Fürsorge trieben. Vor ihnen stand drohend wie ein Gespenst der Gedanke, der Dschungel könnte einmal auch ihren Jack in die Arme locken, wie sie einst dessen Vater an sich gerissen hatte.
Und so redete Pawlowitsch dem Jungen zu, ja recht oft zu kommen, und ging immer bereitwillig auf dessen Bitten ein, ihm doch viel, recht viel von der wilden Welt da draußen zu erzählen, da Pawlowitsch in allem ja nur zu bekannt war. Er ließ ihn auch viel mit Akut allein, und nach gar nicht zu langer Zeit stellte er zu seiner großen Überraschung fest, dass der Junge sich mit dem Affen verständigen konnte, weil er tatsächlich schon viele Worte der primitiven Menschenaffensprache gelernt hatte.
In dieser Zeit kam Tarzan mehrere Male zu Pawlowitsch. Es schien ihm sehr daran gelegen, Ajax zu erwerben, und schließlich erzählte er dem Alten eines Tages ganz offen, dass ihn nicht allein der rein persönliche Wunsch, dem Affen mit der Rückkehr in die Dschungelheimat seine Freiheit wiederzuschenken, zu dem beabsichtigten Kauf bestimme. Seine Frau fürchte vielmehr, dass ihr Sohn irgendwie Näheres über das Woher des Affen erfahren könne, und das so – zumal der Junge für das Tier Feuer und Flamme sei – in ihm gewisse abenteuerliche Regungen zum Durchbruch kämen, die, wie Tarzan dem Besitzer vertraulich erklärte, sein eigenes Leben entscheidend beeinflusst hätten. Der Russe konnte nur mit Mühe das Lachen verbeißen, als Lord Greystoke ihm dies mitteilte, denn noch vor einer knappen halben Stunde hatte der künftige Lord Greystoke auf dem zerwühlten Bett gesessen und sich so geläufig wie ein leibhaftiger Affe mit Ajax unterhalten.
Während dieser Unterredung gewann in Pawlowitsch ein neuer Plan Gestalt. Der erste Schritt zur Verwirklichung bestand darin, dass er schließlich in eine fabelhaft hohe Kaufsumme für den Affen einwilligte und sich verpflichtete, nach Empfang des Geldes das Tier auf ein Schiff zu bringen, das in zwei Tagen seine Reise von Dover nach Afrika antreten sollte. Zweierlei hatte er im Sinn, als er Greystokes Angebot annahm. An erster Stelle war es der Geldpunkt, der bei seiner Entscheidung stark mitspielte; der Affe war für ihn ja sowieso nicht mehr die alte Einnahmequelle, da er sich hartnäckig weigerte, wieder in der Musikhalle aufzutreten, seit er Tarzan entdeckt hatte. Es war fast so, als ob das Tier nur deshalb geduldet hätte, dass man es aus seiner Dschungelheimat verschleppt und vor Tausenden von neugierigen Zuschauern seine Kunststücke machen ließ,