Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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      „Beim nächsten Mal“, versprach van der Koop. „Sauft mir inzwischen nicht den Genever weg, sonst gibt’s Ärger.“

      Die anderen blickten ihn nur schweigend an. Keiner sagte was, denn jedes Wort war überflüssig. Sie waren eine gut eingespielte Mannschaft, und sie kannten ihren Kapitän, der ein hervorragender Seemann und ein harter, unbeugsamer Mann war. Ihm etwas ausreden zu wollen, war absolut unmöglich.

      Der Bestmann und van der Koop verließen die Fleute und wateten ein paar Schritte bis zum nahen Ufer.

      Das Schiff lag unglückseligerweise etwas auf dem Schlick, doch die Flut würde es in etwa zwei Stunden wieder anheben. Sie waren ganz sanft auf diese Bank im Wasser hinaufgerutscht.

      Darum sorgte sich jedoch keiner. Ein Angriff von See her war nicht zu befürchten, außerdem hatten die Wassergeusen starke Zähne zum Zubeißen.

      Van der Koop fluchte verhalten, als er bis an die Knie in matschigem Dreck versank, kaum, daß sie das Ufer erreichten. Der Bestmann watete ebenfalls in modrigen Untergrund.

      Mühsam zogen sie ihre Beine aus dem Modder, doch nach ein paar weiteren Schritten wurde der Boden etwas fester. Tiefer unter ihnen aber befand sich Sumpf oder Moor, denn immer wieder gluckerte es, stiegen Blasen in die Höhe, die mit schmatzendem Geräusch zerplatzten.

      Bis der Boden ganz fest war, hatte Mijnheer van der Koop schon mindestens zehnmal sein „Godverdomme“ geflucht.

      Die Hitze stand wie eine Mauer um sie her. Myriaden kleiner und unsichtbarer Plagegeister umschwirrten sie unaufhörlich. Die Luft war ein Miasma aus süßlichem Geruch, Sumpfgasen und Morast, das sich beklemmend auf die Lungen legte. Mitunter hatten sie das Gefühl, elend ersticken zu müssen.

      Sie kämpften sich mühsam in die Richtung vorwärts, wo sie Feuer und Rauch gesehen hatten. Über ihnen spannte sich ein schwarzblauer Himmel mit funkelnden Sternen und einem sichelförmigen Mond. Über der See war alles pechschwarz und von absoluter Finsternis. Selbst die Fleute war kaum noch zu erkennen.

      Aber den Rauch rochen sie. Kein Windhauch hatte ihn vertrieben, und so war die stickige Luft zusätzlich noch mit diesem Rauch gesättigt.

      „Dort vorn links muß es sein“, flüsterte der Bestmann Frans Kuiper. Er wies in die betreffende Richtung, wo in der Luft ein heller, dünner Faden fast unbeweglich stand.

      Sie marschierten durch ein brachliegendes Reisfeld. Unter ihren Füßen begann es wieder zu gluckern. Der Schwarm der Moskitos wurde noch dichter und hing wie eine Wolke um ihre Köpfe.

      In weiter Ferne waren kleine Hütten zu erkennen, aber niemand zeigte sich. Alles schien verlassen und wie ausgestorben zu sein.

      „Wie tot“, sagte der Bestmann leise und sah sich unbehaglich um. „Das sieht hier aus wie in einer Geisterwelt.“

      „Mit Geistern, die Feuer entzünden und Rauchsignale geben“, brummte van der Koop. „Oder glaubst du, die haben nur ein paar Fische über offenem Feuer gebraten?“

      „Wahrscheinlich nicht. Aber das werden wir ja gleich sehen. Es ist nicht mehr weit.“

      Kurze Zeit später standen sie an einer Stelle, wo der Boden noch qualmte und fast heiß war. Ein paar winzige Äste gaben noch etwas Glut ab, es roch nach versengtem Gras und fauligen Blättern. Trotz der Dunkelheit war die Feuerstelle gut zu erkennen.

      Van der Koop untersuchte sehr sorgfältig den Boden nach Spuren. Nach einer Weile richtete er sich auf.

      „Da sind Abdrücke von Schuhwerk zu erkennen“, sagte er. „Wahrscheinlich Stiefel, wenn ich mich nicht irre. Ich glaube aber kaum, daß diese armen Schlucker teures Schuhwerk tragen. Hier latscht jeder mit den Dingern herum, die ihm der große Kapitän gegeben hat.“

      Auch der Bestmann richtete sich auf, nachdem er den Boden einer genauen Musterung unterzogen hatte.

      „Das war keine Feuerstelle, um etwas zu braten oder zu rösten, Willem. Das Feuer ist einzig aus dem Grund entzündet worden, um Aufmerksamkeit zu erregen. Will sagen, da hat jemand ein Signal gegeben. Ob das wohl für uns bestimmt war?“

      „Vielleicht als Warnung. Ich weiß es nicht. Aber wir werden versuchen, den Spuren nachzugehen.“

      Ihre Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt, und so fiel es ihnen nicht sonderlich schwer, der Spur zu folgen. Mittlerweile hatten sie auch schon eine beachtliche Strecke zurückgelegt, als van der Koop plötzlich stehenblieb.

      Er zeigte mit der ausgestreckten Hand in nordwestliche Richtung.

      „Ein kleiner Hafen“, raunte er.

      Im Schutz hoher Büsche und einiger Palmen schlichen sie vorsichtig weiter.

      Nach einer Weile war der Hafen einwandfrei zu erkennen.

      Van der Koop blickte aus schmalen Augen überrascht auf die Szene, die sich seinen Blicken bot.

      „Ich dachte, wir seien hier allein“, sagte er. „Das ist ja eine gelungene Überraschung. Siehst du auch, was ich sehe, oder bilde ich mir das nur ein?“

      „Drei Schiffe“, zählte der Bestmann auf. „Und, der Teufel soll mich holen, das eine ist doch ein verdammter Spanier.“

      „Ganz recht, eine Galeone und damit zweifellos ein Spanier. Das andere scheint eine portugiesische Karavelle zu sein. Auch das ist seltsam genug in dieser gottverlassenen Ecke.“

      „Der dritte Kahn ist noch seltsamer“, sagte der Bestmann. „Der paßt hierher wie eine Faust aufs Auge. Irgendwo habe ich so ein Schiff schon mal gesehen, aber wo?“

      „Im Mittelmeer“, sagte van der Koop mit einem kleinen Grinsen. „Da gibt es sie öfter als einem lieb sein kann. Der Kahn ist eine Schebecke, wie sie von Piraten benutzt wird. Schnell, elegant, sehr seetüchtig und außerdem gut armiert. Das erstaunt mich wirklich, daß sie hier so friedlich nebeneinander liegen. Piraten, Spanier, Portugiesen, und das alles hier in dieser abgeschiedenen Ecke.“ Ihre Verblüffung war echt, als sie die drei Schiffe erneut einer Musterung unterzogen.

      „Und doch stimmt hier etwas nicht“, sagte der Bestmann. „Das friedliche Bild trügt. Ich habe das Gefühl, als würden sich alle gegenseitig belauern oder zumindest gegeneinander etwas aushecken.“

      „Da kannst du recht haben, Frans. Mir fällt auch auf, daß da einiges nicht stimmt, aber ich bin mir nicht sicher, was es ist. Vielleicht die Kerle, die da so unauffällig an der Pier lauern. Sehen wie Inder aus.“

      Der Bestmann erkannte ebenfalls etliche Gestalten, aber die schienen sich nicht sonderlich um die drei Schiffe zu kümmern. Ihre Absichten waren nicht klar erkennbar. Es konnte sein, daß sie die Schiffe bewachten, es konnte sich aber auch um eine regelrechte Belagerung handeln.

      „Ob heimlich einer von denen das Feuer entzündet hat?“ fragte er.

      Die Antwort war ein Schulterzucken des Kapitäns. Er wußte es nicht. Sie fanden auch keine weiteren Spuren mehr, die ihnen Aufschluß geben konnten, denn der Boden war mittlerweile hart geworden, und so verlor sich jeder Abdruck.

      Sie rätselten eine Weile herum, doch sie vermochten das Rätsel nicht zu lösen. Aus dem Verhalten der seltsamen Kerle wurden sie ebenfalls nicht schlau.

      Es passierte auch nichts. Alles blieb still und ruhig. Doch van der Koop hatte das Gefühl, als veränderte sich der Liegeplatz der Schebecke allmählich. Er schrieb es seinen überanstrengten Augen zu, die er ständig zusammenkniff, um besser sehen zu können.

      „Ist dir sonst noch was aufgefallen?“ fragte er den Bestmann. Er fragte es möglichst harmlos und hoffte, daß auch dem Bestmann die kleine Veränderung nicht entgangen war.

      Aber Frans Kuiper räusperte sich nur leise. Er hatte früher mal behauptet, ständig das Gefühl zu haben, von einer Ente beobachtet zu werden. Seitdem hatten sie ihn dauernd gehänselt, weil diese Vorstellung, die er sich selbst nicht erklären konnte, einfach absurd und idiotisch war. Aber diese Ente, die ihn ständig beobachtete, geisterte sogar durch


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