Seewölfe Paket 35. Fred McMason

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Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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grinsen, die Dunkelheit verbarg seinen Gesichtsausdruck.

      Der ablandige Wind sprang ständig um, und er wurde auch zwei Kabellängen weiter auf offener See, über den Sänden und Schlickbänken südlich der Barriere, nicht kräftiger. Die wenigen Lichter von Mannar und den Schiffen vermischten sich mit den Spiegelungen auf den Wellen und wurden unbedeutend. Die Rauchwolke, der Dampf und die wenigen Flammen des Steges konnten noch als Funkte dienen, nach denen Rudergänger, Erster und der Kapitän zu navigieren versuchten.

      „Bist du sicher, Ben, daß wir nicht aufsitzen?“ erkundigte sich der Seewolf nach weiteren fünf Minuten.

      „Nein. Jede Sekunde kann es passieren“, entgegnete Ben.

      Auch Dan O’Flynn, der sich mit drei Mucks voll Reiswein mit Zimtgeschmack auf dem Grätingsdeck eingefunden hatte, ahnte, was die Männer bewegte. Er verteilte die Becher und versuchte sich zu erinnern, welchen Kurs sie bei der Einfahrt gehalten hatten.

      Es war ziemlich sinnlos, jetzt, in der Finsternis, richtig steuern zu wollen. Auch Peilen half nicht viel, Sekunden später konnte eine Bank oder ein anderes Stück unreinen Grundes steil angestiegen sein, und die Schebecke rammte den Kiel in Schlick.

      „Zum Glück gibt es hier kaum Unterwasserfelsen und Riffe“, sagte er. „Erst weiter draußen.“

      „Wir haben möglicherweise unsere tägliche Ration an Glück schon ausgeschöpft“, sagte Hasard mit heiserer Stimme. „Ich rechne jede Sekunde mit einem weiteren Mißgeschick.“

      „Mehr Vertrauen, Sir“, empfahl Pete Ballie. „Wir haben es immer geschafft. Wir laufen nicht auf.“

      „Und wenn wir aufsitzen, können wir die Goldkisten leichtern“, meinte Dan O’Flynn. Aber über seinen Scherz konnte keiner lachen.

      Ginjal Chand mußte schon wieder gähnen, und er sagte sich, daß es ein langer und erlebnisreicher Tag gewesen war. Weniger für ihn, mehr für Mannar und viele andere Menschen.

      Noch immer standen vor seinem inneren Auge die hellen, offenen Gesichter der drei Fremden. Jung, kaum erwachsen, aber von vielen Erlebnissen geprägt. Und alles andere als dumm oder ungeschickt, ganz anders als die ungewaschenen Portugiesen aus Goa und ihre seltsamen Verbündeten oder Herren, die hochmütigen Spanier. Betrüger, wenigstens in seinen Augen, waren beide. Dafür hatte er einige schmerzliche Beweise.

      Als der erste Donnerschlag unvermittelt in nächtlicher Stille über die kleine Bucht dröhnte, zuckte er zusammen und sprang auf die Füße. Bisher hatte er unter den Mückenschleiern auf dem Dach des Hauses gelegen und seinen Gedanken nachgehangen – plötzlich war er wieder hellwach.

      „Diese kühnen englischen Seefahrer! Bei allen heißen und kalten Höllen!“ stieß er hervor. „Sie haben versucht, was sie versuchen sollten.“

      Er schob die dünnen Schleier zur Seite und ging an den Rand der Terrasse.

      Zuerst sah er kleine Blitze, Flammen, Feuer und Rauch, dann hörte er die scharfen Explosionen. Er sah, wie der Steg in die Luft flog, brannte, in sich zusammensackte und ins Wasser kippte. Er sah auch, wie die Portugiesen und Spanier flüchteten. Er lachte lange und fast tonlos – diesen Schrecken wünschte er ihnen. Und noch mehr.

      Im Haus war es ruhig, alles schlief. Morgen würden er und seine Diener vielleicht den Fortgang dieses Abenteuers miterleben, und er wünschte den Portugiesen und Spaniern, daß sie für alle ihre Betrügereien zu zahlen haben würden. Er hatte nichts davon außer der Befriedigung, daß jene, die ihn betrogen hatten, nun die gerechte Strafe empfingen – vielleicht.

      Ginjal wünschte, er hätte irgendwann von den Portugiesen ein Spektiv eingetauscht, eins dieser Rohre, durch die man Entferntes größer und deutlicher erkennen konnte. So sah er nur schattenhafte Gestalten in noch schwärzeren Schatten. Auf den Schiffen zündeten, die Leute Fackeln an und rannten an Land.

      Chand zuckte mit den Schultern: der Hauptteil des Goldes war mittlerweile weit von der Küste und auf dem Weg ins Innere Ceylons unterwegs.

      „Und, wie es scheint, werden sich die Engländer den Schatz des Fürsten von Bombay von euch wieder holen, ihr Betrüger“, sagte er laut und hoffte, daß ihn niemand gehört hatte.

      Er stützte sich auf das Geländer, hinter dem die gemauerten Kästen für die Zierpflanzen nach feuchter Erde und geschlossenen Blüten rochen. Schweigend und mit ständig steigendem Vergnügen sah er, meist nur undeutlich, wie die einen flüchteten und die anderen sich aus der Bucht entfernten.

      Er zitterte und bangte mit den Engländern, denn er wußte, wie gefährlich die vielen flachen Stellen, Untiefen und Bänke waren, die sich nach jedem Sturm veränderten, so daß nicht mal die Fischer wußten, wann sie genügend Wasser unter ihren flachgehenden Booten hatten.

      Schließlich zeichnete sich das dreimastige Schiff gegen den tiefstehenden Mond ab, und es war kaum denkbar, daß ein Geschoß aus den Kanonen der beiden Schiffe so weit flog.

      Dieser Tag, dachte der Kaufmann, hat doch noch im Sinn von Buddhas Gerechtigkeit geendet.

      Hasard und Philip junior standen auf der Back und zwinkerten die Müdigkeit aus ihren Augen. In allen Muskeln und Sehnen spürten die Zwillinge die Anstrengungen und die Müdigkeit, aber sie wußten, daß nach ein paar Stunden Schlaf alles wieder vergessen sein würde.

      Sie bohrten ihre Blicke in die winzigen Schaumstreifen der ebenso kleinen Bugwelle. Es war nichts zu erkennen, kein Gekräusel auf dem Wasser, keine Felsen, keine Untiefen. Die Schebecke schob sich über ungewissem Grund ins Ungewisse.

      „Inzwischen sind wir fast außer Schußweite“, sagte der Seewolf mit einiger Zufriedenheit. „Wenn es hell wird, wissen wir ein wenig mehr.“

      „Und noch immer kein guter Wind“, murmelte Ben Brighton und schlug mit der Faust in die Handfläche.

      „Sollen wir noch weiter pullen?“ rief der Profos und schob den Riemen zurück.

      „Ja, klar. Oder kannst du fliegen?“ fragte laut der Schiffszimmermann.

      „Pullt weiter! Je weiter südlich, desto besseres Wasser!“ brüllte Ferris Tucker zum Profos hinüber.

      „Gut, pullen wir also weiter“, sagte Jack Finnegan halblaut.

      Pete Ballie konnte die Schebecke noch immer auf einem Kurs halten, der Schiff und Crew in die Sicherheit eines genügend tiefen Wassers brachte.

      Al Conroy, dem Bill, Blacky und Dan O’Flynn halfen, rannte die beiden bugwärtigen Culverinen an Steuerbord und Backbord aus und ließ sich bei jedem Handgriff genügend Zeit.

      Big Old Shane lehnte neben Batuti am Backbordschanzkleid. Beide hielten die Bögen in den Händen, blickten sich an und brachen plötzlich in lautes Gelächter aus.

      „Mit den Pfeilen können wir jetzt wohl nichts mehr ausrichten“, sagte der Gambiamann.

      Old Donegal hatte eben das nachschleifende Tau durch die Bugklüse eingeholt und schoß es auf. Dann beugte er sich übers Schanzkleid und holte die Jakobsleiter ein. Jeder Seewolf an Deck versuchte, voraus oder an Backbord oder Steuerbord irgend etwas zu sehen, das ihnen weiterhalf. Aber es gab nur die letzten, vagen Reste von silbrigem Mondlicht und den Widerschein der Sterne auf den Wellen. Hin und wieder zeichneten sich winzige Schaumkronen auf den Wellen ab. Vom Dorf und den beiden Schiffen war fast nichts mehr zu erkennen.

      Ferris Tucker hatte sich bis jetzt mit allen Kräften gegen den Riemenschaft gestemmt und fühlte, wie ihm der Schweiß aus den Poren lief.

      „Kann mich vielleicht jemand ablösen?“ ächzte er. „Ich pulle seit gestern mittag. Oder sind wir etwa auf einer Galeere?“

      „Das könnte dir so passen“, sagte Matt Davies grinsend und löste ihn ab. Mit seinem Haken und der gesunden Hand packte er den Griff und pullte zusammen mit seinem Nebenmann mit aller Kraft weiter.

      „Was war das?“ schrie Bob Grey plötzlich.

      Gleichzeitig mit einem Ruck gingen ein Knirschen und Scharren durch den Rumpf


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