Die schönsten Pferdegeschichten. Lise Gast
Читать онлайн книгу.von ihrer Banknachbarin etwas abzugucken, aber Herr Wruck gehörte leider zu den Lehrern, die sehr gut aufpassen. Er ermahnte sie – schließlich setzte er sie allein auf eine Bank. Nun war nichts mehr zu machen. Kurzum, es war ein richtiger Aschermittwoch.
In der Pause suchte sie nach Petra, um ihr Herz bei ihr auszuschütten, fand sie aber nicht. Eine aus Petras Klasse erzählte ihr, Petra wäre krank, jedenfalls hätte sie sich entschuldigen lassen. Anja empfand dies als neuen Schicksalsschlag und rief, sobald sie zu Hause war, bei Hartwigs an. Sie bekam Petra sofort an den Apparat.
„Ach, ich war so müde, da hab’ ich einfach gesagt, ich hätte schreckliches Bauchweh und ob ich nicht Kamillentee haben könnte. Meine Mutter weiß, wie widerlich mir Kamillentee ist, und so glaubte sie mir die Bauchschmerzen. Und als sie mir das Zeug brachte und ich es roch, da kam mir schon alles hoch. So konnte ich im Bett bleiben und mich richtig auspennen. Eine Arbeit habt ihr geschrieben, und du hattest das vergessen? Herzliches Beileid! Na, mach dir nichts draus. Cornelia hat mal gesagt, man soll alle Schrecknisse des Lebens so ansehen, als wäre man schon zehn Jahre älter und erinnerte sich nur noch daran. Dann machst du dir bestimmt keine Gedanken mehr über eine schiefgegangene Erdkundearbeit, wetten? Also – tschüs, morgen komm’ich wieder in die Schule.“
Das war kein großer Trost. Anja ahnte, daß noch mehr nachkommen würde, und richtig! Vater hatte ausgerechnet heute Herrn Wruck getroffen. Es gab also bei Tisch ein recht unerfreuliches Hin und Her, und natürlich – wie konnte es anders sein! – sagte Mutter: „Wenn so was noch mal vorkommt, gehst du eine Woche nicht in den Reitverein. Immerzu hast du nur den Reitverein im Kopf. Die Schule darf nicht darunter leiden.“
Und damit war „die Katz den Bach nunder“, wie eine schwäbische Tante in solchem Fall zu sagen pflegte. Anja sagte wütend, das hätte mit dem Reitverein gar nichts zu tun, aber alles würde nur darauf geschoben, und Pech könnte jeder mal haben, und …
Vater beschwichtigte, Anja bockte, Mutter fing an zu weinen. Das konnte Anja nicht ausstehen. Sie warf die Gabel hin und rannte vom Tisch weg, die Tür hinter sich zuschmetternd.
Ach ja, so einfach ist das Leben nicht, wenn man Kind ist und die Erwachsenen immerzu alles anders haben wollen, als man es gern hat. Anja warf sich in ihrem Zimmer aufs Bett und heulte, weil sie sich schlecht behandelt vorkam; Mutter wollte sich nicht trösten lassen, und Vater sah seufzend seine Aktentasche an, die die Hefte, die er korrigieren mußte, kaum fassen konnte. Er sagte nichts, ging aber nach einer Weile seiner Tochter nach und fand sie schlafend vor.
„Das Beste, was ihr passieren konnte“, dachte er und sagte zu seiner Frau: „Lassen wir sie schlafen. Das tut ihr bestimmt gut. Und du legst dich auch hin. Du hast es genauso nötig.“
„Und die Jungen?“ schnupfte Mutter anklagend.
„Ich mach’ dir einen Vorschlag: Statt Hefte zu korrigieren, wozu ich nicht die mindeste Lust habe, mach’ ich mir ein Fest und fahr’ die beiden jetzt eine Stunde durch die schöne Luft aus. Bis dahin hast du ausgeschlafen und bist wieder vergnügt und munter, und meine Hefte laufen nicht weg. Einverstanden?“
Mutter versuchte, ihm dankbar zuzulächeln. Aber so recht in Ordnung kam der Tag nicht wieder.
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