Frauenstation. Marie Louise Fischer

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Frauenstation - Marie Louise Fischer


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      Marie Louise Fischer

      Frauenstation

      Roman

      Saga Egmont

      Frauenstation

      Genehmigte eBook Ausgabe für Lindhardt og Ringhof A/S

      Copyright © 2017 by Erbengemeinschaft Fischer-Kernmayr, (www.marielouisefischer.de) represented by AVA international GmbH, Germany (www.ava-international.de)

      Originally published 1967 by F. Schneider, Germany

      All rights reserved

      ISBN: 9788711718773

      1. Ebook-Auflage, 2017

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt og Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

      1

      Als die erste Wehe kam, hielt Susanne Overhoff unwillkürlich den Atem an. Aber sie empfand keine Angst, eher ein schmerzvolles Gefühl von Glück.

      Es war also soweit. Alles Warten würde nun bald ein Ende haben.

      Susanne Overhoff ließ das Babyjäckchen, an dem sie häkelte, in den Schoß sinken. Ihr Blick ging zu Eva, ihrer Tochter, die bäuchlings auf der Couch lag.

      »Eva …«, sagte sie; »ich …« Ihr Mund war trocken. Es fiel ihr schwer, die richtigen Worte zu finden.

      »Ja, Mutter?« Das junge Mädchen hob den Kopf und strich das weizenblonde Haar aus der Stirn.

      »Ich glaube, es wird Zeit für mich, Eva.«

      Eva setzte sich mit einem Ruck auf. »Schon?« fragte sie, nun doch erschrocken. Mit zwei Schritten war sie bei der Mutter, kniete neben dem Sessel. Susanne Overhoff fuhr ihr mit der Hand in das schimmernde Haar.

      »Du weißt doch, daß ich bereits seit Tagen darauf warte.«

      »Ja schon«, sagte Eva leise, »aber wenn es dann passiert, ist es doch anders.«

      Susanne Overhoff beugte sich rasch zu ihr herab und küßte sie auf die Stirn. »Geh hinauf ins Schlafzimmer und hol mein Köfferchen. Ich werde es Vater sagen …«

      Die zweite Wehe kam, als sie schon neben ihrem Mann, dem Chefarzt Dr. Paul Overhoff, im Wagen saß.

      »Sehr schlimm?« fragte er, ohne sie anzusehen. Er glaubte, ihren Schmerz fast körperlich mitzuempfinden. Und wieder überkam ihn dieses würgende Schuldgefühl, diese quälende Angst, die ihm die letzten Monate fast zur Hölle gemacht hatte.

      »Nein, nicht schlimm«, erwiderte Susanne Overhoff rasch, fast ein wenig zu schnell.

      »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er gepreßt.

      »Ich fürchte mich nicht …«

      Er schaltete so hart, daß das Getriebe aufstöhnte, dann glitt der schwere Wagen die stille Vorortstraße entlang.

      »Mir ist nur«, sagte sie, die Hände wie schützend über dem hohen Leib gefaltet, »als hätte ich etwas vergessen …«

      »Unwichtig. Alles, was du brauchst, kann ich dir besorgen lassen.«

      »Das meine ich nicht, ich …« Sie sprach sehr langsam, um sich verständlich auszudrücken. »Es ist wegen Eva. Sie ist noch so jung. Sie versteht das alles nicht. Ich hätte ihr klarmachen müssen … es wenigstens versuchen müssen …«

      »Mach dir nicht so viele Gedanken, Susanne«, erwiderte er mit einer Stimme, die unbefangen klingen sollte, aber rauh vor Beklemmung war, »morgen wird sie dich in der Klinik besuchen. Dann kannst du ihr alles erzählen, was du noch auf dem Herzen hast.«

      ›Hoffentlich‹, hätte sie beinahe gesagt, aber sie sagte nur: »Ja, natürlich. Du hast recht.«

      Vom Haus Professor Overhoffs bis zur Frauenklinik, deren Chef er war, waren es knappe zehn Aütominuten.

      Als die dritte Wehe einsetzte, lag Susanne Overhoff im Bett des schönsten Zimmers der Privatstation, das seit Tagen für sie reserviert war.

      Oberschwester Helga half ihr, sich auszuziehen. Dann stand sie am Bett der werdenden Mutter und lächelte ihr aufmunternd zu. Ihr frisches Gesicht strahlte Zuversicht aus.

      »Das scheint ein sehr pünktlicher kleiner Sohn zu werden, Frau Professor«, meinte sie ermutigend.

      Susanne Overhoff nickte stumm. In ihren Augen war ein seltsamer Glanz.

      Die junge Schwester Lilo war noch dabei, Susannes Kleid und den Pelzmantel sorgfältig auf den Bügel und in den Schrank zu hängen. Vom Bad her hörte man das Plätschern des Wassers; Professor Overhoff wusch sich die Hände. Er kam, sich abtrocknend, in das Zimmer und ließ das Handtuch achtlos fallen. Lilo bückte sich, hob es auf, half ihm in den weißen Kittel.

      »Benachrichtigen Sie bitte sofort Dr. Schumann«, ordnete er an.

      Schwester Lilo huschte aus dem Zimmer.

      Susanne Overhoff richtete sich in ihrem Kissen auf.

      »Paul«, rief sie flehend.

      Er trat zu ihr und versuchte zu lächeln, aber es wurde nur eine Grimasse. »Ja?«

      »Paul … kannst du die Schnittentbindung nicht selbst machen? Du weißt doch … es gibt niemanden, zu dem ich so viel Vertrauen habe wie zu dir!«

      »Susanne, es ist nicht üblich, daß ein Arzt seine eigene Frau entbindet!«

      »Das weiß ich ja! Aber mach eine Ausnahme! Ich bitte dich darum!«

      Er setzte sich zu ihr auf den Bettrand. »Ich könnte es nicht. Selbst wenn ich wollte.« Er hielt den Arm hoch, und sie sah, wie seine flach ausgestreckte Hand zitterte.

      Sie bereute es sofort, daß sie ihn gezwungen hatte, seine Schwäche zu bekennen. »Verzeih«, murmelte sie.

      Oberschwester Helga, stumme Zeugin dieser Szene, versuchte die Situation zu überspielen. »Dr. Schumann ist ein wunderbarer Arzt«, sagte sie, »der beste, den ich kenne!«

      Overhoff streichelte die Hand seiner Frau. »Da hörst du es selber, Liebling!«

      »Entschuldigen Sie, Herr Professor«, rief die Oberschwester erschrocken, »ich wollte natürlich nicht sagen, daß …«

      »Schon gut! Geben Sie mir das Stethoskop!«

      Sie reichte ihm das Hörrohr. Er faßte mit der linken Hand Susannes Puls und beugte sich tief über ihren Leib, um die Herztöne seines Kindes abzuhören.

      Frau Astrid Schumann hatte für diesen Abend Gäste geladen. Im offenen Kamin züngelten die Flammen eines hellen Feuers; auf silbernen Leuchtern brannten honiggelbe Kerzen.

      Dr. Rainer Schumann beobachtete seine Frau. Sehr schlank und anmutig, in einem saphirblauen Cocktailkleid aus fließender Seide, stand sie zwischen den Gästen. Er sah das Leuchten ihrer tiefblauen Augen und die rötlichen Lichter, die die Flammen in ihr kurz geschnittenes, kastanienbraunes Haar zauberten. Er beobachtete die bewundernden Blicke der anderen Männer und – litt.

      Dabei wußte er, daß er keinen Grund zur Eifersucht hatte. Astrids Herz war kühl, so kühl wie ihre zarte, milchweiße Haut. Sie liebte ihn, dessen war er ganz sicher. Sie liebte ihn auf ihre kühle, sehr beherrschte Art, und es war sein Pech, daß ihm diese Liebe nicht genügte, daß sie ihn tief unsicher, ja oft rasend machte.

      Dr. Rainer Schumann schrak zusammen, als er sich angesprochen fühlte. Mit einer hastigen Bewegung nahm


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