Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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aussieht, als leide er an der Auszehrung. Ihm glaubt bestimmt jeder den Schiffbrüchigen. Und außerdem Pilar Aparicio. Er ist der geborene Schauspieler und Lügner.

      Wir setzen das Floß ein Dutzend Seemeilen nördlich aus. Da nicht auszuschließen ist, daß Killigrew während der Nacht vorbeisegelt, erhalten die Männer eine einfache Laterne.

      Endlich ist es soweit.

       Ich bin gespannt auf das Gesicht, wenn el Lobo mich erkennt.“

      Auszug aus dem Logbuch der „Aguila“, Aufzeichnung des Kommandanten César Garcia.

       9.

      Die Falle war offensichtlich.

      „Wir kaufen uns die Kerle!“ Der Profos, Big Old Shane, Batuti und Ferris Tucker stürmten über beide Niedergänge das Achterdeck.

      Julián Carmona schleuderte ihnen seinen Dolch entgegen. Die Klinge bohrte sich neben Carberry in die Balustrade.

      „Du Affenarsch!“ brüllte er auf Spanisch. „Dir ziehe ich die Haut in Streifen ab!“

      Eine solche Drohung hatte noch niemand gegen Carmona ausgestoßen. Kein Wunder, daß er es vorzog, sich erst mal außer Reichweite der anstürmenden Meute zu begeben. Er schwang sich auf das Schanzkleid und sprang außenbords, als Carberry wie ein Stier zu toben begann.

      Auch Pilar Aparicio legte keinen Wert darauf, mit dem berüchtigten Profoshammer Bekanntschaft zu schließen. Schlimmer meckernd als eine Ziege, verschwand er ebenfalls in der Tiefe. Zwei Pistolenkugeln, die ihm gegolten hatten, hämmerten ins Schanzkleid.

      Als wären die Schüsse das Signal gewesen, brach ein Eisengitter über die Schebecke und die Arwenacks herein.

      Gerade noch Dans Ausruf wurde von allen vernommen. Er hatte den großen Viermaster erkannt, der aus ungefähr 250 Yards Distanz seine Breitseite abfeuerte.

      In dem losbrechenden Lärm verhallten Befehle ungehört. Aber auch so wußte jeder, was zu tun war. Die Schebecke durfte nicht noch tiefer in die Falle segeln. In aller Eile wurde die Wende eingeleitet.

      Al Conroy hatte seine Culverinen vorsorglich klariert. Er verlor keine Zeit. Als die ersten Kugeln der „Aguila“ hohe Fontänen aus dem Wasser stanzten, feuerte er ebenfalls, mitten hinein in das Dickicht, aus dem der Viermaster wie ein urweltliches feuerspeiendes Monstrum hervorbrach.

      Eine Kugel streifte den Fockmast, im Vorsegel klaffte plötzlich ein großes Loch. Unmittelbar neben dem Heck stiegen weitere Fontänen auf. Der Rudergänger spürte die Erschütterungen der Pinne und befürchtete das Schlimmste.

      „Das ist der Giftzwerg Garcia!“ röhrte der Profos gegen den abebbenden Lärm an. „Ein verdammt nettes Wiedersehen!“

      Die erste Überraschung war dem Spanier gelungen. Und die zweite folgte unmittelbar auf dem Fuß, als die „Ghost“ hinter Regenschleiern und Mangroven sichtbar wurde.

      „Unser Freund Ruthland ist also auch da“, sagte Carberry. „Ich kann mich nur leider nicht entsinnen, ihn eingeladen zu haben.“

      Die Segel schlugen, als jäh der Wind umsprang. Für einige Augenblicke hing das Tuch schlaff von den Rahen, bevor eine neue Bö heranfegte.

      Die „Ghost“ begann zu feuern.

      Es sah nicht gut aus für die Arwenacks. Diesmal waren die Chancen schlecht verteilt …

      ENDE

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       1.

      Begonnen hatte es damit, daß sie zwei Schiffbrüchige auf einem Floß an Bord genommen hatten. Sie wollten in dieser Bucht abgesetzt werden, um sich zu ihren spanischen Landsleuten durchzuschlagen – hatten sie erklärt.

      Hasard hatte eingewilligt. Schiffbrüchigen wurde grundsätzlich geholfen, auch wenn sie auf der Gegenseite standen wie diese beiden Spanier.

      Sie hatten die Bucht angelaufen, und dann waren plötzlich die beiden Schiffe wie aus dem Nichts aufgetaucht. Versteckt hinter einem Mangrovenwald hatten sie gelauert.

      Damit war der Überraschungsangriff perfekt gelungen, und die Arwenacks waren ahnungslos in die Falle gegangen.

      Der Regen troff Hasard von den Haaren ins Hemd. Er sah die anderen wie durch einen dunstigen Schleier – Gestalten, die hin und her eilten und mitunter nicht zu erkennen waren, so hüllte sie dieser lauwarme Monsunregen ein.

      Zum Glück war er so dicht, daß auch der Gegner Schwierigkeiten hatte, das Ziel zu erfassen. Zwei Gegner waren es: die spanische Kriegsgaleone „Aguila“ und die zweimastige Karavelle „Ghost“, unter dem Kommando von Francis Ruthland, jenem Bastard, dem die Arwenacks ihr Desaster in Surat zu verdanken hatten.

      Was den Kapitän der „Aguila“ betraf, so hatte César Garcia eine ganz spezielle Rechnung mit dem Seewolf zu begleichen. Der Mann, der sich nicht scheute, profitbringend Sklaven zu verkaufen, hatte den Seewolf seit etlichen Monaten verfolgt, bis er die Spur in Indien aufgenommen hatte.

      Sein grenzenloser Haß hatte ihn getrieben und stachelte ihn immer noch an. Wie es schien, hatten er und Ruthland sich verbündet, um El Lobo del Mar gemeinsam zur Strecke zu bringen.

      Hasards Blick wanderte durch den Regen wieder zu dem Viermaster, nachdem er kurz die Karavelle gemustert hatte. Von der „Ghost“ mit ihren kleinen Geschützen war nicht viel zu befürchten, aber die „Aguila“ war ein Brocken!

      Sie war eine Viermastgaleone mit je zwölf Culverinen, die unter Deck standen. Das waren vierundzwanzig Geschütze. Auf der Kuhl standen auf jeder Seite nochmals vier Geschütze, ganz abgesehen von den vielen Drehbassen vorn und achtern. Insgesamt waren es zweiunddreißig Langrohrgeschütze gegen zwölf Culverinen der Schebecke.

      Demnach muß die kleine Krücke mitgerechnet werden, dachte der Seewolf. Die „Ghost“ war wie ein übler Skorpion und konnte gefährliche Stiche austeilen.

      „Diese Bastarde verstehen ihr Handwerk“, knurrte Ben Brighton. „Das muß ihnen der Neid lassen.“

      „Ja, sie verstehen es“, sagte Hasard mißmutig. „Dieser Giftzwerg hat auch keine Trottel an Bord, und er selbst ist ein erbarmungsloser Tyrann. Soll ja schon gegen Drake gekämpft haben.“

      „Ja, so habe ich es auch gehört.“

      Es wehte nur ein kaum spürbares Lüftchen in dieser Bucht, und so konnte der Spanier nicht näher an die Schebecke heran. Seine Culverinen waren nicht besser oder schlechter als die der Arwenacks. Er hatte nur wesentlich mehr davon – dreimal so viele Geschütze –, die er auch rigoros einsetzte.

      Hasard erwog, den Rückzug anzutreten, denn hier lagen sie wie auf dem Präsentierteller. Schon der nächste Treffer konnte ihnen schweren Kummer bereiten.

      Seine übliche Taktik ging hier nicht auf. Er konnte keinen Konterangriff fahren, eine Breitseite abfeuern und wieder blitzschnell verschwinden. Er konnte der Galeone auch keinen Treffer ins Ruderblatt beibringen. Aber zurückziehen konnten sie sich, wenigstens vorerst, bis der Wind wieder wehte. Sie hatten gegenüber der Galeone und der Zweimastkaravelle den Vorteil, daß sie die Schebecke stehend aus der Gefahrenzone rudern konnten.

      Drüben, in dem Vorhang aus dichtem Regen, blitzte es erneut auf. Fünf rötliche Feuerzungen waren es, die aus dem riesigen Schatten stachen wie glühende Lanzen. Der größte Lärm wurde wiederum vom Regen verschluckt.

      Hasard spürte den Abschuß der Stücke mehr, als daß er ihn hörte. Es war wie ein Fauchen von heißem Sand, der über eine ausgedörrte Wüstenlandschaft fegte. Das Prasseln des Regens verstärkte dieses Fauchen noch.

      Am Fockmast schlug das Segel stärker, wie Hasard mit Besorgnis


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