Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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die Ehre des Spaniers gewesen. Unnötig, wie Salcho behauptete, denn dann wäre Don Ricardo noch am Leben.

      César Garcia fühlte sich, als hätte ihm jemand die Beine unter dem Leib weggezogen. Er hatte dem Seewolf also schon von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, er hatte ihm sogar von seiner Absicht erzählt, el Lobo del Mar zu jagen und zur Strecke zu bringen.

      Wenn das bekannt wurde, war ihm der Spott der Marine sicher. Daß niemand die Maske des falschen Don Julio de Vilches durchschaut hatte, spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle – ebenso, daß in Cádiz der Leichnam irgendeines Piraten verbrannt worden war.

      Nur mehr mit halbem Ohr hörte Garcia zu, als Miguel Salcho von der hervorragenden Behandlung seiner Männer in England berichtete. Der Seewolf hatte Wort gehalten und die Spanier nach dem Entladen ihrer Schiffe auf den Heimweg geschickt.

      „Wo finde ich den Bastard?“

      „Er ist noch in London“, sagte Salcho. „Nur eins seiner Schiffe segelte themseabwärts mit uns, nahm dann aber Kurs auf die Nordsee.“ Da es ihm offenbar nicht schwerfiel, Garcias düstere Gedankengänge nachzuvollziehen, fügte er hinzu: „Ich würde nicht versuchen, den Seewolf in seiner Heimat anzugreifen. Das wäre so, als springe jemand in haiverseuchtem Gewässer über Bord.“

      „Señor Salcho hat recht“, sagte Juarez Molina. „Jeder Versuch, el Lobo del Mar unter diesen Umständen anzugreifen, würde tödlich enden.“

      Langsam wandte sich der Capitán ihm zu. Er schien soeben aus einem langen Traum erwacht zu sein. Aber gleich darauf schweifte sein Blick wieder nach Norden ab, wo weit hinter der Kimm England verborgen lag.

      „Kein Wolf bleibt lange in seiner Höhle“, sagte er. „Sobald er sich hervorwagt, haben wir ihn. Und wenn ich ihn bis ans Ende der Welt jagen müßte.“

      Noch ahnte César Garcia nicht, welch tiefere Bedeutung diese Worte haben sollten.

      „Ich warte auf dich, Bastard, und diesmal erwische ich nicht den Falschen.

      Ich warte vor La Coruña, während die sieben Galeonen weiter nach Süden segeln. Keiner der Kapitäne wollte an meiner Seite kämpfen – sie sind Verräter, die den Strick verdienen. Auch wenn sie heute glauben, ihre Haut gerettet zu haben, ich vergesse nicht, daß sie mit ihrer Handlungsweise den Seewolf schützen. Spanien darf sich Gefühlsduseleien nicht erlauben.

       Zur Hölle mit dem Engländer!“

      Aus dem Logbuch der „Aguila“, Aufzeichnung des Kommandanten César Garcia vom 8. Januar 1599.

       „Endlich!

      Ich wußte, daß sich wochenlanges Warten auszahlt.

       Fischer haben die Schebecke gesehen. Sie segelte nach Süden und wohl nur wenige Meilen an unserer Position vorbei. Vielleicht hätten wir den Dreimaster bei Tage sogar selbst entdeckt.“

      Diese Eintragung wurde weder mit Datum noch mit Unterschrift versehen. Statt dessen prangte die Skizze eines Galgens unter dem Text.

       6.

      Monate später, vor der Nordwestküste Indiens.

      „Jetzt geht das Scheißwetter schon wieder los“, fauchte Old Donegal Daniel O’Flynn wütend. Er deutete zu der im Süden heraufziehenden riesigen Wolkenbank, die im Licht der Mittagssonne hell erstrahlte. „Mein Bein zwackt.“

      „Welches Bein?“ fragte Will Thorne wie beiläufig. Der Segelmacher hockte auf einer Luke und flickte ein Marssegel.

      „Das rechte“, sagte Old Donegal.

      Will sah von seiner Arbeit nur flüchtig auf. „Dann ist es ja gut“, bemerkt er. „Dann bleibt das Wetter vermutlich wie es ist.“

      Nach Tagen endloser Wolkenbrüche lockte der momentane Sonnenschein selbst die Freiwache an Deck. Die Männer hockten einfach zwischen den Culverinen, einige standen auch am Schanzkleid und beobachteten die vorbeiziehende Küste. Die Vegetation hatte sich seit der Mündung des Tapti nicht verändert. Mangroven und dichter, dampfender Urwald waren vorherrschend.

      „Nichts ist gut!“ polterte Old Donegal. „Und schön bleibt es schon gar nicht.“

      Will Thorne nähte in aller Seelenruhe weiter.

      „Dein Holzbein spürt also, wie das Wetter wird“, sagte er. „Vielleicht treibt es eines Tages sogar grüne Blätter und Wurzeln.“

      „Es schlägt aus!“ zischte Old O’Flynn. „Und wenn du dich nicht vorsiehst, tritt es dich mit aller Kraft in den Hintern.“

      Die Wolkenbank zog schnell näher. Schon färbte sich ihre Unterseite dunkel. Erste schwere Tropfen fielen.

      Old Donegal stimmte das Meckern eines Ziegenbocks an. „Da bist du sprachlos, Will, was?“

      „Auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Korn, Donegal. War bestimmt sehr schwer, den Regen vorauszusagen, nachdem wir mindestens zwei Stunden Sonnenschein hatten.“

      Old Donegal murmelte etwas, was sich anhörte wie „Banause“, und stieg den Niedergang zum Achterdeck hoch.

      Hasard, Don Juan und Old Donegals Sohn, Dan O’Flynn, standen in der Nähe des Besanmastes. Die beiden schiffbrüchigen Spanier waren bei ihnen.

      Sie redeten wie gute alte Bekannte miteinander. Indiens Schätze gaben ein schier unerschöpfliches Gesprächsthema ab. Blieb die Frage, wer wen auszuhorchen versuchte. Besonders viel schienen die Dons jedenfalls nicht über die Verhältnisse an Indiens Küste zu wissen.

      „Warum gibt Spanien sich nicht mit dem zufrieden, was es aus der Neuen Welt herausquetscht?“ fragte Hasard geradeheraus. „Glaubt Philipp III., nun auch Indien ausplündern zu müssen?“

      „Wir sind keine Piraten“, erwiderte der Knochenmann verdrossen.

      Hasard nickte zustimmend.

      „Das wäre auch hoffnungslos untertrieben“, sagte er.

      Für einen Moment rang Pilar Aparicio um sein seelisches Gleichgewicht. Die Bemerkung hatte einen wunden Punkt getroffen.

      „Wer in der Pulverkammer steht, sollte nicht mit dem Feuer spielen“, sagte er scharf. „Immerhin sind die Engländer ein Volk von Piraten.“ In seiner Erregung achtete er nicht darauf, was er sagte. Erst nachdem er den Satz ausgesprochen hatte, erschrak er über sich selbst. Prompt zuckte seine Rechte zum Dolch, aber keiner der Umstehenden traf Anstalten, Carmona und ihn anzugreifen.

      „Das sind gewichtige Worte.“ Hasard verschränkte die Arme vor der Brust und blickte den Spanier herausfordernd an. „Ich nehme an, Señor, Sie haben Gründe für Ihre Erbitterung.“

      „Heraus mit der Sprache, falls Sie das Gefühl haben, Schnapphähnen in die Hände gefallen zu sein!“ forderte Don Juan. „Wir ziehen niemanden aus dem Wasser, der nicht gerettet werden will.“

      „Wollen Sie abstreiten, daß englische Schiffe unsere Schatzgaleonen kapern?“ fragte Julián Carmona.

      „Wer so redet, sollte Roß und Reiter nennen“, sagte Dan O’Flynn.

      „El Lobo del Mar, zum Beispiel“, entgegnete Carmona.

      Dan sah Don Juan an, der bedachte Hasard mit einem erstaunten Augenaufschlag. Aber der Kapitän schürzte nur die Lippen und lächelte.

      „Nie gehört“, versicherte er mit treuer Miene. „Wer ist das? Ein Engländer?“ Während er das sagte, beobachtete er Carmona und Aparicio.

      Der Knochenmann zuckte unwillig mit den Mundwinkeln, sein Begleiter schien etwas erwidern zu wollen, unterließ dann aber doch jede Äußerung.

      „Wir sind Ihnen dankbar, Capitán, daß Sie uns aufgefischt haben“, erklärte Julián Carmona. „Deshalb wollen wir keinen Streit.“

      „Das


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