Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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nicht auf dem Floß.

      Der eine war ein wahres Gerippe, so dürr, daß man glaubte, bei jeder Bewegung seine Knochen klappern zu hören. Mac Pellew bedachte ihn mit mißbilligenden, abschätzenden Blicken. Wahrscheinlich zerbrach sich der Koch bereits den Kopf darüber, was er alles auftischen müsse, um diese Vogelscheuche zu einem normalen Menschen aufzupäppeln.

      „Die Spanier scheinen einen lausigen Koch gehabt zu haben“, flüsterte Jan Ranse neben Mac Pellew. „Denkst du darüber nach?“

      „Erst wenn man das Elend sieht, weiß man die eigenen Wohltäter zu schätzen“, erwiderte der Kombüsenmann weise.

      Aus tief in den Höhlen liegenden, blutunterlaufenen Augen schaute sich der Don um. Er hatte ein Geiergesicht, das durch die kräftigen Bartstoppeln noch betont wurde.

      Der andere Mann war ebenfalls hager, wirkte aber dennoch kräftig. Sein Blick hatte etwas Stechendes, was nicht zuletzt an seinem starren, verkniffenen Gesichtsausdruck lag.

      Nachdem Hasard die Spanier seinerseits ausgiebig gemustert hatte, trat er vor. „Ich bin Kapitän Philip Hasard Killigrew. Der Mann neben mir ist Ben Brighton, unser Erster Offizier, und mit Don Juan de Alcazar, einem Landsmann von Ihnen, haben Sie ja schon gesprochen.“

      „Julián Carmona, Señor Capitán.“ Der Knochenmann nannte seinen Namen. „Mein Begleiter ist Pilar Aparicio. Wir danken Ihnen und Ihrer Mannschaft für die Hilfe. Es scheint nicht leicht zu sein, vor diesem Kontinent wirklich Freunde zu finden.“

      „Was ist geschehen?“ fragte Don Juan.

      „Das ist eigentlich mit wenigen Worten gesagt“, erklärte Carmona. „Nur – mit rauher Kehle redet sich’s schlecht.“

      Daran hatte im ersten Moment niemand gedacht. Die Spanier wirkten nicht, als wären sie dem Hungertod nahe, und verdursten konnte wegen der häufigen Regengüsse auch keiner. Außerdem lag die Küste ohnehin nur gerade drei Seemeilen querab.

      Der Profos zauberte ein halbvolles Rumfläschchen hinter seinem Rücken hervor – oder auch ein halbleeres, das lag einzig und allein daran, welchen Standpunkt man vertrat.

      „Nicht so hastig trinken“, sagte er warnend. „Wenn einer tagelang nichts gegessen hat, berauscht der Rum sehr schnell.“

      „Danke“, murmelte Pilar Aparicio, setzte die Flasche an die Lippen und trank, bis ihm der Rum über die Bartstoppeln rann. Anschließend reichte er das fast leere Fläschchen weiter.

      „Unser Schiff war die ‚El Cobayo‘, ein kleiner, schneller Zweimaster mit nur geringer Mannschaft. Der Kapitän wollte sich mit eigenen Augen vom Reichtum Indiens überzeugen und Gewürze bunkern, deren Erlös eine neue Expedition finanzieren sollte. Leider liefen wir einem Portugiesen vor die Rohre.“

      „Die Hunde haben uns, ohne zu zögern, angegriffen und versenkt“, ergänzte Julián Carmona. „Fünfzehn Kanonen gegen vier – wir hatten keine Chance.“ Er setzte die Flasche nochmals an, stellte fest, daß sie leer war, und warf sie in hohem Bogen über Bord.

      „Das war weiter nördlich.“ Aparicio übernahm wieder das Wort. „Wir hätten nie geglaubt, daß die Portugiesen euch schon so nahe am Tapti-Fluß gefaßt haben.“

      „Wann ist das ‚Meerschweinchen‘ untergegangen?“ fragte Hasard.

      „Vor fünf Tagen“, sagte der Hagere. Das Knochengestell nickte eifrig dazu. „Wir sind die einzigen Überlebenden. Als die Pulverkammer in die Luft flog, standen wir auf der Back, das hat uns wohl das Leben gerettet. Danach konnten wir uns an aufschwimmenden Fässern festhalten. Bloß die Küste war mies – Mangroven, Sumpf und Urwald. Wir haben versucht, uns nach Süden durchzuschlagen, aber das ist die Hölle. Unmöglich, sage ich euch, nicht nur wegen der Heerscharen von Mücken und der vielen Schlangen.“

      „Deshalb also das Floß“, sagte Don Juan. „Besonders seetauglich scheint es nicht zu sein, vom fehlenden Segel ganz zu schweigen.“

      „Wir wollten auch nicht aufs Meer hinaus, sondern nur an der Küste entlang nach Süden“, erklärte Julián Carmona.

      „Im Süden, in Goa, sitzen die Portugiesen.“

      Carmona lachte verhalten. „Engländer müssen nicht alles wissen.“

      „Das ist uns auch recht“, sagte Ben Brighton mißlaunig. „Dann setzen wir euch also hier an Land ab. Oder ihr geht mit eurem Bambusfloß wieder in See. Ausrüstung ist ja vorhanden.“

      „Was heißt Ausrüstung?“ Der Knochenmann starrte den Ersten Offizier an, als sei er plötzlich vom Donner gestreift worden.

      „Nun ja“, sagte Ben. „Ich habe eine Laterne gesehen …“

      „Die stammt von der ‚El Cobayo‘ und war zusammen mit Öl und Feuersteinen in einem der Fässer.“

      Ben Brighton fuhr ungerührt fort: „Einen Schiffshauer, jeder von euch trägt einen Dolch im Gürtel – und Proviant und ein volles Wasserfaß stellen wir selbstverständlich zur Verfügung.“

      „Das – das können Sie nicht tun.“ Carmona wurde sichtlich blaß. „Die Strömung treibt uns aufs offene Meer hinaus.“

      „Ist es nicht genau das, was Sie wollten?“ fragte Hasard.

      Pilar Aparicio ließ einen abgrundtiefen Seufzer vernehmen.

      „Schätzungsweise zehn bis fünfzehn Meilen von hier gibt es eine versteckte Bucht. Dort stoßen wir auf jeden Fall auf Landsleute.“

      Hasard zog die Brauen hoch. „Sieh da“, sagte er. „Die Dons wachsen also neuerdings auf den Bäumen, oder sie stehen einfach nur so herum.“

      Aparicio schluckte schwer. Der Seitenhieb hatte gesessen.

      „Spanien ist im Begriff, eine erste heimliche Niederlassung aufzubauen“, gestand er. „In der Bucht stehen bereits ein halbes Dutzend Häuser. Esperanza – Hoffnung – heißt die Siedlung, sie wird inzwischen regelmäßig von Schiffen angelaufen.“

      „Die ‚El Cobayo‘ war also gar nicht so zufällig vor Surat?“

      „Nein“, sagte Aparicio zerknirscht.

      „Ist das alles, oder haben Sie noch mehr Halbwahrheiten zu berichtigen?“

      „Señor …“

      „Schon gut.“ Hasard winkte großzügig ab. Er wollte sich umdrehen und zum Achterdeck hochsteigen, aber die Spanier redeten gleichzeitig auf ihn ein.

      „Señor Capitán! Wir würden es begrüßen, wenn Sie uns vor Esperanza absetzen könnten. Selbstverständlich werden Sie für Ihre Bemühungen entschädigt.“

      Einige Arwenacks feixten. Daß Spanier ihnen freiwillig Geld anboten, geschah in der Tat recht selten.

      „Wie viele Schiffe der glorreichen spanischen Flotte liegen derzeit vor Esperanza vor Anker?“ fragte Hasard.

      „Wahrscheinlich eine Galeone“, erwiderte der Knochenmann. „Sofern der Capitán nicht inzwischen die Suche nach der ‚El Cobayo‘ befohlen hat.“

       5.

      Die Tage vergingen in quälender Langsamkeit.

      Sämtliche Arbeiten an der „Aguila“ waren inzwischen abgeschlossen. Das Schiff lag am Kai im Hafen von Cádiz vertäut, aber Capitán César Garcia hatte der Mannschaft den Landgang verboten. Statt dessen hatte er für jeden Tag Gefechtsübungen befohlen. Vom ersten Morgengrauen bis nach Einbruch der Dunkelheit erfolgte ein gnadenloser Drill an den Geschützen und in der Takelage.

      Garcia, der ohnehin als scharfer Hund verschrien war, entwickelte sich zum Tyrannen, der seine schlechte Laune an jedem ausließ, der ihm irgendwie auffiel.

      Juarez Molina, der Erste, stand ihm in dieser Hinsicht kaum nach.

      Das Geschützexerzieren


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