Seewölfe Paket 34. Fred McMason

Читать онлайн книгу.

Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


Скачать книгу
nach Süden segeln?“

      „Bravo!“ erklang es aus der Dunkelheit zwischen den Culverinen. „Das nenne ich eine wahrhaft logische Beweisführung. Solchen Argumenten mußt du dich einfach beugen, Sir.“ Old Donegal Daniel O’Flynn lehnte an einem der Geschütze und hatte herausfordernd die Arme vor der Brust verschränkt. Da durch die Grätings ausreichend Helligkeit nach oben fiel, tappte niemand ganz im Dunkeln.

      „Ich habe noch sechs Finger zur Verfügung“, sagte der Profos warnend. „Das Spielchen läßt sich fortführen.“

      Derart gewichtigen Argumenten hatte der Seewolf natürlich wenig entgegenzusetzen. Außerdem war er selbst ins Grübeln geraten. So dumm klangen nämlich die Behauptungen Carberrys gar nicht.

      Bis zum neuen Morgen stand die Schebecke etwa fünfundzwanzig Seemeilen tiefer im Golf von Cambay. Der Tag begann mit strahlendem Sonnenschein und bester Sicht. Dan O’Flynn, der sofort in die Tonne am Großmast aufenterte, überschlug sich schier vor Begeisterung.

      Durchs Spektiv konnte er sowohl die sumpfige Küste im Osten sehen als auch das weithin flache Land im Westen. Die Sichtweite betrug, solange die See so ruhig blieb, gut und gern zwanzig bis dreißig Meilen.

      „Segel Steuerbord voraus!“ meldete er nach einer Weile, aber gleich darauf fügte er hinzu: „Es sind nur zwei Einmaster, wahrscheinlich Fischerboote.“

      Die „Ghost“ war und blieb verschwunden.

      „Nun ja, Mister Carberry“, sagte Hasard zum Profos, der jeden freien Augenblick nutzte, um selbst Ausschau zu halten, „sieht ganz danach aus, als wäre die Logik in die Hose gegangen.“

      „Ruthland und seine lausige Brut verstecken sich bestimmt in irgendeiner Bucht.“

      „Oder sie waren doch nicht ganz so schlau wie du, Ed. Woher sollten sie’s auch haben?“

      Während der Profos stirnrunzelnd darüber nachdachte, ob Hasard das als Kompliment gemeint hatte, und doch zu keinem Ergebnis gelangte, rief der Seewolf zum Großmasttopp hinauf: „Du hast genau eine Stunde Zeit, Dan. Falls du die ‚Ghost‘ dann noch nicht aufgespürt hast, drehen wir um.“

      Im Westen zog Dunst auf, das Land verschwand wieder hinter der Kimm. Nur entlang der Ostküste hielt sich die Sonne noch, aber auch da war zu erkennen, wie ihre Strahlen die Feuchtigkeit aus dem Dschungel sogen. Erste Wolkenschleier bildeten sich. Trotz des anhaltenden Westwindes hingen sie anscheinend unverrückbar in einigen hundert Yards Höhe.

      Dan spürte die „Ghost“ nicht auf. Selbst als die Schebecke dichter unter Land ging, sah er nur die Segel von Fischerbooten. Hasard befahl schließlich die Wende.

      Die Schebecke tauchte geradewegs hinein in einen neuerlichen Regenguß. Aber schon nach kurzer Zeit schien wieder die Sonne. Verheißungsvoll spannte sich ein Regenbogen über dem Arabischen Meer.

      Kurz nach Einbruch der Nacht passierten die Arwenacks die Tapti-Mündung. Alles blieb ruhig. Von Ruthland und seiner Karavelle war nichts zu sehen.

      „Wenn er wirklich schlau ist, hat er sich aus dieser Region zurückgezogen“, sagte Don Juan de Alcazar. „Hindustan ist groß, wir müssen uns nicht gegenseitig die Schädel einschlagen.“

      Trotz dieser Feststellung blieb die Tonne am Großmast während der Nacht besetzt. Erst hielt Stenmark Ausguck, ab Mitternacht war Bill an der Reihe, und Sam Roskill löste ihn exakt beim vierten Doppelschlag der Schiffsglocke ab.

      „Keine Vorkommnisse“, meldete Bill, bevor er das Spektiv übergab und über die Großwanten abenterte.

      Im Osten zeigte sich bereits eine fahle Helligkeit. Der Wind hatte aufgefrischt und wehte aus wechselnden Richtungen. Hin und wieder trieb ein Schleier unangenehmer Nässe heran.

      Falls irgendwo in der Nähe eine Siedlung war, lagen die Einheimischen noch im wohlverdienten Schlaf. Keine noch so schmale Rauchfahne kräuselte sich in den frühen Morgenhimmel.

      Plötzlich stutzte Roskill.

      Steuerbord voraus, Richtung offenes Meer, lag noch die undurchdringliche Dunkelheit der Nacht. Aber dort war ein winziges Flackern zu sehen. Während Sam versuchte, mehr zu erkennen, verschwamm es vor seinen Augen.

      Er setzte den Kieker ab, blinzelte, wischte sich über die Augen und polierte vorsorglich die beiden Linsen des Spektivs.

      Das stete Stampfen und Rollen des Schiffes war schuld daran, daß er das bißchen irrlichternde Helligkeit nicht sofort wiederfand. Aber seine Hartnäckigkeit zahlte sich aus.

      Er hatte sich nicht getäuscht. Da draußen war etwas, was er noch nicht einzuordnen vermochte. Auf jeden Fall kein Schiff, denn eine Hecklaterne wäre größer und heller gewesen. Die Entfernung schätzte er auf ungefähr eine halbe Seemeile, vielleicht ein bißchen mehr. Da der Mond schon lange untergegangen war und sich die meisten Sterne hinter Wolkenschleiern verbargen, war es wohl keine bloße Spiegelung.

      „Deck!“ rief Sam Roskill halblaut nach unten. „Da treibt etwas, vorlich an Steuerbord, etwa eine halbe Meile entfernt!“

      „Für was hältst du es?“ fragte Blacky zurück, der auf der Kuhl Wache ging.

      „Ich weiß nicht. Die ‚Ghost‘ ist es kaum, und für ein Fischerboot ist es zu weit draußen.“

      Wenig später war die Mannschaft an Deck versammelt. Der Kurs wurde geändert. Die Schebecke lief erst über Steuerbordbug und entfernte sich scheinbar von dem gesichteten Objekt, ging dann aber auf den anderen Bug und schloß schnell wieder auf.

      Dan O’Flynn stand auf der Back und beobachtete ebenfalls. Ein winziges Licht tanzte auf den Wellen.

      „Sieht so aus, als hätten wir ein Floß vor uns!“ meldete Sam Roskill aus der Tonne.

      Wenig später erkannte es auch Dan von seinem tiefergelegenen Standort.

      „Da sind Leute auf dem Floß!“

      „Die Laternen an!“ befahl Hasard.

      Augenblicke später verbreitete die Schebecke einen fahlen Schein um sich herum. Die große Hecklaterne spiegelte sich vielfach im Wasser.

      Außerdem zog die Dämmerung herauf. Der Himmel nahm allmählich eine graue Färbung an.

      „Da, sie haben uns entdeckt und winken!“ rief Dan.

      Und Sam Roskill fügte aus der Höhe hinzu: „Es sind zwei Männer.“

      Der Seewolf gab den Befehl zum Beidrehen. Bei fünfzig Yards Distanz wurde das Großsegel ins Gei gehängt und die Fock herumgeholt. Mit immer noch beachtlicher Geschwindigkeit schoß die Schebecke auf das kleine Floß zu und schien es untermangeln zu wollen. Aber Pete Ballie an der Pinne verstand sein Handwerk wie überhaupt jeder der Arwenacks. Er legte Ruder, als die backgebraßte Fock die Fahrt zu vermindern begann.

      Gerade noch fünf Yards trennten letztlich den Dreimaster und das Floß, das alles andere als seetüchtig wirkte. Auf zwei roh zugehauenen, ungeschälten Baumstämmen war ein dichtes Geflecht aus Bambus verschiedenster Stärke mit Lianen vertäut.

      Die Zwillinge warfen die Belegleinen aus.

      Gleich darauf stutzten sie. Vertraute Laute erklangen. Die beiden Männer, ihrem Aussehen nach stammten sie ohnehin aus der Alten Welt, redeten spanisch.

      „Sieht ganz so aus, als würde der zu erwartende Kuchen immer kleiner“, sagte Ben Brighton. „Jetzt geben sich nicht nur Portugiesen und Holländer ein Stelldichein, sondern auch die Dons sind da. Fehlt nur noch, daß das nächste Schiff, dem wir begegnen, für die Hanse segelt.“

      „Genau so wird es sein“, bekräftigte Mac Pellew.

      Don Juan de Alcazar brachte inzwischen die Jakobsleiter aus. Er beugte sich über das Schanzkleid und rief nach unten: „Ich nehme an, ihr könnt aus eigener Kraft aufentern. Dies ist zwar ein englisches Schiff, aber wir segeln mit gemischter Mannschaft. Also keine Furcht, Señores, niemand an Bord beißt, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.“

      Die


Скачать книгу