Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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fragte Francis Ruthland gelassen. „Die sternenlose Nacht ist der beste Schutz für uns.“

      Lefray hörte ihm gar nicht zu. Aufgeregt redete er weiter: „Laß den Stückmeister auspeitschen! Der Kerl hat es verdient, er hätte wissen müssen, daß die Kanonen versagen. Wahrscheinlich kriegen wir die Schebecke nie wieder so dicht vor die Rohre. Wir hätten sie versenken und die ganze Bande zu den Fischen schicken können, verstehst du? Dann wäre mir bedeutend wohler“, fügte er leise hinzu.

      Francis Ruthland, der Eigner und Kapitän der „Ghost“, begann ausgiebig, die Narbe unter seinem linken Auge zu reiben. Ein überlegener, spöttischer Zug lag um seine Mundwinkel.

      „Vergiß Killigrew!“ riet er. „Der Kerl ist viel zu ehrlich, um wirklich erfolgreich zu sein. Wir kriegen ihn, verlaß dich drauf.“

      „Das hast du schon in Surat geglaubt. Mit dem Erfolg, daß wir fliehen mußten.“

      „Schiß?“ fragte Ruthland lauernd.

      Lefray stieß ein schweinisches Grunzen aus. Sein dunkles linkes Auge sprühte vor Mordlust. Das rechte Auge war blind, fast weiß, und verlieh ihm ein unheimliches Aussehen. Schwache Naturen, das wußte er, fürchteten eine Begegnung, wenn er seine Augenklappe nicht trug.

      „Killigrew kocht auch nur mit Wasser“, sagte Ruthland. „Seine Culverinen haben genauso versagt wie unsere.“

      „Du vergißt die Pulverpfeile!“

      „Was ist schon ein angesengtes Segel? Wenn das ein Erfolg sein soll, werde ich Stallbursche bei der alten Lissy.“ Das war ein überzeugendes Argument.

      Wenn Lefray sich eins nicht vorstellen konnte, dann war es das, daß sein Kumpan freiwillig eine niedrige Tätigkeit verrichtete. Francis Ruthland war und blieb ein harter, rücksichtsloser und vor allem skrupelloser Geschäftsmann.

      Er begann eine ruhelose Wanderung. „Wir laufen dem Seewolf davon“, sagte er. „Meinetwegen soll er nach uns suchen, bis er schwarz wird.“

      „Du meinst, wir segeln nach Süden?“

      „Natürlich.“

      „Killigrew wird uns im Süden suchen.“

      „Später vielleicht, aber nicht sofort.“

      „Versteh ich nicht.“

      Ruthland ließ einen abgrundtiefen Seufzer vernehmen. „Wir hatten Kurs Nordwest anliegen, als die Dunkelheit hereinbrach. Also werden uns die Bastarde morgen und an den folgenden Tagen in der Richtung suchen.“

      „Genau das tun sie nicht“, widersprach Lefray wütend. „Killigrew ist ein ganz Schlauer. Jede Wette, daß er nach Süden törnt?“

      „Du hast schon verloren.“ Ruthland lachte schrill. „Eben weil Killigrew sich einbildet, besonders schlau zu sein. Was ist er denn schon? Ein Emporkömmling in der Gunst eines alternden Weibes, ein Pirat, der ohne seine Lissy am Galgen enden würde. Sicher denkt er, daß wir annehmen, er suche uns in Küstennähe, und daß wir genau deshalb doch nach Nordwesten segeln. Bloß – wir sind nicht da. Kapiert?“

      „Hm – nein“, sagte Hugh Lefray. Nachdenklich leckte er sich über die Lippen. „Wenn Killigrew aber denkt, wir … Ach, Scheiße.“

      Eine Viertelstunde später änderte die „Ghost“ ihren Kurs und lief fast genau entgegengesetzt mit halbem Wind über Backbordbug. Francis Ruthland und Hugh Lefray standen auf beiden Seiten des Achterdecks und starrten sich die Augen aus, doch von der Schebecke des Seewolfs war nichts zu sehen. Die Nacht hatte den Dreimaster, der ebenfalls ohne Hecklaterne segelte, verschluckt.

      Der Wind blieb handig. Nur hin und wieder ging ein leichter Regenschauer nieder. Im Vergleich zu den Wassermassen des Vortags waren die paar Spritzer nicht der Rede wert.

      Im frühen Morgengrauen riß die Wolkendecke auf. Blauer Himmel und Dunst hielten sich dennoch die Waage. Mit der Helligkeit wuchs auch die Sichtweite. Ruthland befahl zwei Männern, ausschließlich nach achtern Ausguck zu halten.

      Die „Ghost“ segelte parallel zur Küste und nur ungefähr eine halbe Meile entfernt. Dichter Dschungel bestimmte wieder das Bild, ein Zeichen, daß man sich der Mündung des Tapti näherte.

      Dann wurde die See kabbelig. Die schlammigen Fluten des Flusses vermischten sich mit dem aufgewühlten Salzwasser. Der Strudel und unberechenbaren Strömungen wegen, ließ Ruthland anluven. Zu anderen Zeiten, wenn das Meer ruhig war, gab es außer einigen Sandbänken keine Probleme, in den Fluß einzulaufen.

      Stunde um Stunde verging.

      Nichts änderte sich. Das Land war monoton und riesig in seiner Ausdehnung.

      Francis Ruthland lehnte an der Querbalustrade des Achterdecks und starrte unbewegt vor sich hin. Keiner der Decksleute wußte, wen er gerade ansah.

      Das Hauptaugenmerk aller war nach wie vor nach achtern gerichtet. Deshalb bemerkten die Männer das Schiff erst, als es nur noch wenig mehr als eine Meile entfernt war.

      „Galeone voraus!“ hallte es über die Decks.

      Bei dem Schiff handelte es sich um einen Viermaster, einen ziemlich schwerarmierten Brocken, wie Ruthland durchs Spektiv sah. Es führte die spanische Flagge im Topp.

      Für einen Ausweichkurs war es zu spät. Der Viermaster hätte die „Ghost“ auf jeden Fall eingeholt.

      „Klarschiff zum Gefecht!“ brüllte Ruthland. „Wenn es sein muß, zeigen wir den Dons, daß wir zu kämpfen verstehen.“

      „Falls das Pulver wieder trocken ist“, sagte Lefray. „Anderenfalls täten wir gut daran, die Flagge zu streichen.“

      „Wo steckt bloß dieser Affenarsch mit seiner Karavelle?“ Edwin Carberry starrte über die See, aber die Finsternis war vollkommen.

      „Laß es gut sein, Ed“, sagte Hasard, der neben ihm am Schanzkleid lehnte. „Ich denke, die Burschen haben sich abgesetzt.“

      Aber damit geriet er bei Carberry an den Falschen. Der brauste nämlich auf. „Wo gibt’s denn so was? Solange wir mit denen ein Hühnchen zu rupfen haben, sollen sie gefälligst bleiben.“

      „Sag das Ruthland, nicht mir.“ Der Seewolf zuckte leicht mit den Schultern.

      „Du solltest Befehl zur Wende geben, Sir. Diese lausigen Kakerlaken segeln wieder nach Nordwesten.“

      „Davon bin ich nicht überzeugt.“

      „Ich hab’s doch mit eigenen Augen gesehen. Jeder hat es gesehen. Die Rübenschweine suchen ihr Heil in der Flucht.“

      „Ruthland blufft, weil er weiß, daß wir ihm weiterhin folgen.“ Philip Hasard Killigrew klopfte zur Bestätigung seiner Worte dreimal mit den Fingerknöcheln auf den Handlauf des Schanzkleids.

      Der Profos winkte lässig ab. Grollend sagte er: „Ruthland denkt nur daran, wie er seinen karierten Pavianhintern in Sicherheit bringen kann, bevor ich ihm die Haut in Streifen abziehe. So klug, wie du ihn einschätzt, ist er nicht.“

      „Aber er ist raffiniert.“

      Als sich der Profos das stoppelübersäte Rammkinn kratzte, klang es, als hätte die Schebecke eben ein Riff gestreift. „Diese fischäugige Qualle hofft, daß sie uns reinlegen kann? Wir sollen also nur denken, daß er abdreht?“ Er kratzte sich erneut. „Das läuft so nicht. Ruthland muß wissen, daß wir ihn durchschauen. Jetzt aufgepaßt, damit sich ja kein Fehler einschleicht.“ Er nahm die Finger zu Hilfe und begann, jeden Punkt einzeln abzuzählen. „Der stinkende Hering segelt nach Nordwesten. Er weiß, daß wir ihm nicht glauben, also muß er auf dem Kurs bleiben, weil wir nach Süden törnen. Da wir aber ahnen, daß er weiß, daß wir ihm nicht glauben, segeln wir ebenfalls nach Norden. Das bedeutet, er muß doch nach Süden.“

      „Genau das war meine Überlegung“, sagte Hasard.

      „Solche Trugschlüsse sind die Folge, wenn niemand den Profos ausreden läßt.“ Carberry war mit dem Abzählen


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