Seewölfe Paket 34. Fred McMason

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Seewölfe Paket 34 - Fred McMason


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durch das Zündgatt in die Kartusche zu stoßen, herumzudrehen und wieder herauszuziehen. Die Geschützführer strichen sich mit der Nadel anschließend über die Hand, um zu sehen, ob die Kartusche wirklich angestochen worden war. Bei Dunkelheit leckten die Männer daran, um das Pulver zu schmecken.

      „Kraut in die Zündgatten!“

      Pulver wurde ins Zündloch gestreut und das Zündloch vorübergehend abgedeckt.

      „Die Stücke zu Bord!“

      Mittels der Seitentaljen rannten die Mannschaften die Geschütze aus. Damit die Lafetten wegen der Krümmung des Decks nicht zu heftig gegen die Bordwand krachten, fierte jeweils ein Mann dabei die Einholtalje.

      „Zielt!“

      Da das Ziel noch nicht längsseits lag, richteten die Mannschaften die Stücke nur horizontal aus.

      „Die Lunten an!“

      Die Kerle schufteten wie die Besessenen. Zufrieden registrierte Capitán Garcia, daß der Drill der letzten Monate nicht umsonst gewesen war. Die englische Karavelle war mittlerweile bis auf rund dreihundert Schritte heran. Wer immer dort drüben an Bord war, er dachte offenbar nicht daran, auf Ausweichkurs zu gehen. Dazu wäre es aber ohnehin längst zu spät gewesen.

      Bis eine Wende oder Halse ausgeführt werden konnte, war die „Aguila“ allemal auf Schußweite heran. Indem er sich auf ein Passiergefecht einließ, tat der Engländer das unter diesen Umständen einzig Richtige. Falls er die erste Breitseite ohne nennenswerte Schäden überstand, hatte er die Chance, dem Viermaster davonzusegeln.

      „Ich würde den Feuerbefehl zurückhalten, Capitán“, sagte der Erste Offizier unvermittelt.

      Garcia glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Langsam wandte er sich zu Molina um.

      „Es sind Engländer“, sagte er vorwurfsvoll. „Sie haben nichts Besseres verdient, als daß wir sie zu den Fischen schicken.“

      „Ich denke, wir jagen Killigrew.“

      „Natürlich tun wir das. Aber sollen wir deshalb eine solche Gelegenheit auslassen?“

      „Der Engländer könnte mehr über den Seewolf wissen!“

      In Garcias Miene zu lesen, war eine Freude für den Ersten. An das Naheliegendste hatte der Kapitän tatsächlich nicht gedacht.

      „Die Lunten zurück!“ brüllte César Garcia über die Kuhl. „Nur auf meinen Befehl feuern!“

      Er wandte sich wieder an den Ersten: „An dem, was Sie sagen, ist was dran. Wir müssen die Karavelle zum Beidrehen zwingen. Das dürfte nicht schwerfallen.“

      Gerade noch hundert Yards lagen zwischen beiden Schiffen. Auch der Engländer hatte seine Kanonen ausgerannt, wagte aber nicht, als erster zu feuern. Jedem, der halbwegs bei Verstand war, mußte klar sein, daß der Zweimaster dann unweigerlich verloren war.

      Die Anspannung der Männer drüben war deutlich zu spüren. Durchs Spektiv sah Garcia die Angst in den Gesichtern vieler Decksleute.

      Juarez Molina legte die Hände trichterförmig vor den Mund und brüllte aus Leibeskräften: „Drehen Sie bei! Wir wollen mit Ihnen sprechen!“

      Keine Reaktion erfolgte. Molina konnte nicht sagen, ob er auf der Karavelle überhaupt verstanden worden war.

      Garcia befahl die Halse.

      Das Heck der „Aguila“ schwang durch den Wind. Die Entfernung zwischen beiden Schiffen wuchs zunächst, blieb dann aber konstant, und letztlich stellte sich heraus, daß der Viermaster schneller war.

      „Wenn sie nicht verstehen wollen, gibt es eine deutlichere Sprache“, schnaubte Garcia. Er ließ anluven. Vorübergehend wurde die Karavelle dadurch für die Backbordbatterie erreichbar.

      „Einzelfeuer! Aber so tief halten, daß der Kahn nicht beschädigt wird.“ Daß er ausgerechnet Engländer schonen sollte, bereitete dem Kapitän ein scheußliches Magengrimmen. Doch um der Sache willen konnte er nicht anders.

      Er gab den Feuerbefehl, als die Kernschußweite erreicht war.

      Feuerlanzen, von dichtem Pulverqualm gefolgt, stachen auf die See hinaus. Der Donner war ohrenbetäubend. Vom Bug bis zum Heck, insgesamt sechzehnmal, polterten die Lafetten in die Brooktaue.

      Unmittelbar hinter der Zweimastkaravelle begann das Meer zu brodeln. Jeder Einschlag ließ eine mehrfach mannshohe Fontäne aufsteigen.

      Die Engländer suchten ihr Heil in der Flucht.

      „Ich kann auch anders“, schnaubte Garcia.

      Die nächste Breitseite, wenig später abgefeuert, zerfetzte das Besansegel auf der Karavelle. Ob er wollte oder nicht, jetzt mußte sich der Engländer stellen.

      Er tat das auf seine Weise.

      Ein halbes Dutzend Blitze zuckten der „Aguila“ entgegen. Eine Kugel zerspellte das Schanzkleid, eine andere jaulte durch die Takelage, ohne jedoch Schaden anzurichten. Der Rest klatschte wenige Schritte vor der Bordwand ins Wasser.

      „Rammkurs!“

      Der Viermaster fiel unter vollen Segeln ab. Den Angegriffenen blieb daraufhin nichts anderes übrig, als Kurs auf die Küste zu nehmen.

      Auf der „Aguila“ wurden die Kanonen schneller wieder ausgerannt. Zu dem Zeitpunkt waren die Stückpforten der Karavelle noch verwaist.

      „Wir könnten sie in Grund und Boden feuern!“ schimpfte Garcia. „Eine bessere Gelegenheit gibt es überhaupt nicht.“

      „Um so besser, wenn wir beweisen, daß wir es ehrlich meinen“, sagte Molina.

      „Ehrlich, pah.“ Der Capitán verkrampfte seine Finger um den Handlauf des Schanzkleids. „Die Musketenschützen bereithalten!“

      „Musketen sind bereit!“

      Drüben wagte offenbar niemand mehr, die Stücke auszurennen. Der Kapitän ließ die Flagge streichen, er war also bereit, zu kapitulieren.

      Die „Aguila“ segelte von achtern auf. Wieder preite Molina zu der Karavelle hinüber.

      „Wir wollen keinen Kampf!“

      „Sondern?“ lautete die Antwort in akzentbehaftetem Spanisch.

      „Wir suchen jemanden.“

      Die Entfernung betrug noch fünfzig Schritte.

      „Holt die Stücke ein!“ befahl Garcia schweren Herzens und um den Engländern die Entscheidung zu erleichtern. Notfalls konnten die Culverinen auch durch die offenen Pforten hindurch abgefeuert werden. Auf die Entfernung war ein genaues Ziel überflüssig.

      „Wir haben kein spanisches Schiff gesehen!“ brüllte ein Mann mit Augenklappe.

      Die „Aguila“ schob sich längsseits. Wurfleinen flogen von Deck zu Deck und wurden auf der Karavelle aufgenommen. Die dickeren Belegtaue folgten.

      Garcia ließ die Segel des Großmastes backbrassen. Die Fahrt des Kriegsschiffes verlangsamte sich rasch.

      „Wir suchen keine Spanier, sondern ein Schiff aus dem Mittelmeerraum.“ Juarez Molina brauchte jetzt nicht mehr lauter zu sprechen als sonst.

      „Eine Schebecke“, sagte Garcia.

      Die Reaktion darauf fiel schlichtweg verblüffend aus. Einige Kerle auf dem Achterdeck der Karavelle begannen ganz unverschämt zu grinsen.

      „Seien Sie uns willkommen, Spanier!“ rief ein großer, dunkelhaariger Mann, dessen Gesicht von einer Narbe unter dem linken Auge entstellt wurde. „Wir sollten wenigstens für den Augenblick vergessen, daß unsere Völker einander nicht gerade freundschaftlich verbunden sind. Sie suchen also den Seewolf?“

      Juarez Molina brachte den Mund nicht mehr zu. Er hatte Mühe, das eben Gehörte richtig zu verdauen. Offenbar hatte er mit seiner Vermutung, die Engländer könnten mehr über den Aufenthalt von el Lobo del Mar


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