Seewölfe Paket 34. Fred McMason
Читать онлайн книгу.wird mir ein Vergnügen sein“, versprach Mac und grinste dabei wie sonst nur an Sonn- und Feiertagen. Danach eilte er dienstbeflissen in die Kombüse, während es der Kutscher – voll schlimmer Ahnungen – übernahm, die leergelöffelten Kummen nachzufüllen.
Miguel de Pereira schien im Gegensatz zu Cegos Geschmack an der Erbsensuppe zu finden, auch wenn er das einfache Mahl, das er zudem im Stehen einnahm, für unter seiner Würde fand. Für einen Nachschlag reichte sein Appetit trotzdem.
„Sie sollten die Suppe wenigstens einmal probieren“, sagte er zu Cegos. „Sie ist durchaus genießbar.“
Cegos schüttelte energisch den Kopf. Er gab zu verstehen, daß es ihn nicht weiter störe, auf den nach indischer Art zubereiteten Fisch warten zu müssen. Und er wartete geduldig, indem er sich stumm gegen das Steuerbordschanzkleid der Kuhl lehnte. Offenbar hielt er es auch für angebracht, sich nicht an den allgemeinen Gesprächen der Engländer zu beteiligen, obwohl er ihre Sprache ein wenig verstand.
Mac Pellew ließ nicht allzu lange auf sich warten. Er servierte den Fisch, der zur Ausbeute der gestrigen Angelaktion gehörte, in einer stark nach Gewürzen duftenden Soße.
„Ich wünsche guten Appetit“, sagte er, während er Rafael Cegos die Kumme samt einer Gabel überreichte.
Dieser schnupperte kurz an dem Gericht.
„Das riecht appetitlich und sieht annehmbar aus“, sagte er dann gnädig. „Wenn ich vielleicht noch um einen Becher Rotwein bitten dürfte – wegen der Blutzirkulation natürlich.“
Mac Pellew vollführte eine bedauernde Geste. „Rotwein gibt es auf unserem Schiff leider nur zu besonderen Anlässen. Sein Fehlen wird Ihrer Blutzirkulation jedoch keinen Abbruch tun, weil unserem Feldscher wesentlich bessere Mittel zur Verfügung stehen. Er ist sicher gern bereit, Ihnen nach dem Mahl eine weitere Einreibung zu verabreichen. Des weiteren darf ich Ihnen verraten, daß auch die Gewürze dieses Tandoori Machchi dazu geeignet sind, das Blut ordentlich in Wallung zu bringen.“
Rafael Cegos verzichtete zwar seufzend auf den Rotwein, schien es aber zu genießen, daß die Augen aller Männer auf ihn gerichtet waren, als er mit der Gabel das erste Stück Fisch zum Mund führte. Sollte ihnen ruhig das Wasser im Munde zusammenlaufen, diesen Erbsenfressern!
Das Fleisch des Fisches schmeckte. Es war zart wie Butter. Deshalb tunkte er das nächste Stück ausgiebig in die herrlich duftende Soße und schloß genüßlich die Augen, als er es in den Mund schob.
In diesem Augenblick aber schien ihn aus heiterem, strahlend blauem Himmel ein Blitz zu treffen.
Er riß die soeben erst geschlossenen Augen blitzschnell wieder auf, und für einen Moment sah es in beängstigender Weise danach aus, als würden sie aus den Höhlen hüpfen. Und während – trotz der zusammengekniffenen Lippen – ein Stöhnen aus seinem tiefsten Innern drang, schien sich sein Körper regelrecht zu verkrampfen.
Er schluckte, als gelte es, eine siebzehn Pfund schwere Kanonenkugel hinunterzuwürgen und japste dann nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Dabei verlor er die Kontrolle über die Kumme und ließ alles auf die Planken fallen.
Sobald er die Hände frei hatte, klammerte er sich an den Handlauf und beugte sich weit über das Schanzkleid. Offenbar erwartete er noch Schlimmeres.
Mac Pellew trat von hinten an ihn heran.
„Hat Ihnen der Fisch etwa nicht geschmeckt, Senhor?“ fragte er scheinheilig. „Fische wollen schwimmen. Darf ich Ihnen einen Schluck Wasser anbieten?“ Er reichte dem keuchenden Portugiesen eine Muck mit Wasser.
Der griff mit beiden Händen danach und schüttelte sich die lauwarme Brühe, die ganz und gar nicht nach Rotwein schmeckte, in die höllisch brennende Kehle. Seine Augen waren dabei immer noch weit aufgerissen.
„Das – das war ein – ein Mordanschlag!“ stieß er stotternd hervor, sobald er wieder einigermaßen durchatmen konnte.
„Aber nicht doch, Senhor“, erwiderte Mac Pellew entrüstet. „Das war ein Tandoori Machchi von bester Qualität und mit allen dazugehörigen Gewürzen. Jeder dieser Männer hier hätte sich alle zehn Finger nach einem so feinen Mahl abgeleckt. Aber das gewöhnliche Volk mußte sich leider der Gefahr schlimmer Blähungen aussetzen und mit gewöhnlicher Erbsensuppe vorlieb nehmen.“
Die Arwenacks hieben sich lachend auf die Schenkel.
Aber der Spaß hielt nicht lange an, denn hinter der Kimm, vermutlich Backbord querab, war plötzlich das dumpfe Grollen von zwei Kanonenschüssen zu hören.
„Da spielt sich entweder an der Küste oder in Küstennähe etwas ab“, sagte Al Conroy.
Die Seewölfe segelten zwar verhältnismäßig dicht unter der Westküste, aber dennoch nicht auf Sichtweite.
Während Rafael Cegos immer noch Mühe hatte, in seinen gewohnten Atemrhythmus zurückzufinden, warf Miguel de Pereira, der gerade mit offenkundigem Appetit das letzte Stück Räucherspeck in den Mund schob, dem Seewolf einen fragenden Blick zu.
In diesem Augenblick rollte der Donner eines weiteren Schusses über die Wasserfläche.
„Na schön.“ Hasard erhob sich von der umgestülpten Pütz. „Es ist zwar nicht unsere Art, die Nase überall hineinzustecken, doch bevor wir womöglich selbst eine unangenehme Überraschung erleben, sollten wir vielleicht doch mal nachsehen, was sich da tut.“
Die kritischen Blicke Old Donegals, die zwischen der Kimm und den beiden Portugiesen hin und her pendelten, entgingen weder ihm noch den anderen Arwenacks. Und manch einer von ihnen hätte sofort eine Wette abgeschlossen, wenn es darum gegangen wäre, die Gedanken des alten Rauhbeins zu erraten.
Nach entsprechenden Kommandos des Seewolfs fiel die Schebecke nach Backbord ab und nahm Kurs auf die Küste. Danach bereiteten die Arwenacks ihr Schiff unter der sachkundigen Leitung Al Conroys auf eine mögliche Auseinandersetzung vor.
Die beiden Portugiesen, die das, was hier geschah, mit ihrem ehemaligen Schiff verglichen, kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Da gab es kein hektisches Durcheinander und keine Wuhling. Gebrüll und Fußtritte waren völlig überflüssig.
Aus den anfeuernden Rufen jenes Mann mit dem zernarbten Gesicht und dem amboßartigen Rammkinn war herauszuhören, daß sie nicht wörtlich zu nehmen waren und eher zu einem bestimmten Ritual gehörten.
Kapitän und Mannschaft bildeten ganz offensichtlich ein hervorragend eingespieltes Team, in dem nicht nach unten getreten und nach oben gekuscht wurde, sondern alle dort zupackten, wo es angebracht und erforderlich war.
Die Armierung der Schebecke glich der Ausstattung der „Madre de Deus“. Je sechs Culverinen befanden sich an Steuerbord und Backbord. Die insgesamt vier Drehbassen verteilten sich auf vorn und achtern. Aber sonst war dieser Segler kaum mit der Galeone vergleichbar.
Mit der Schnelligkeit und Wendigkeit eines solchen Schiffstyps würde es die etwas plumpe „Madre de Deus“ niemals aufnehmen können. Hinzu kam, daß die als sehr seetüchtig geltenden Schebecken nur einen geringen Tiefgang aufwiesen und bei Flauten sogar mit Riemen bewegt werden konnten.
Was Miguel de Pereira und Rafael Cegos noch in die Augen stach, war der hervorragende Zustand der Stücke und die Art, mit der die Männer damit umgingen. Der schwarzhaarige Stückmeister schien die Sache bestens im Griff zu haben.
Er erteilte seine Anweisungen knapp und deutlich, und das Austeilen von Fausthieben zwecks Beschleunigung der Arbeit schien ihm völlig fremd zu sein. Die Portugiesen bemerkten gar nicht, daß sie regelrecht zu „Gaffern“ wurden.
„Ich warte nur darauf, daß die Klüsen dieser beiden Honigpferdchen auf die Planken poltern und wie Tomaten hin und her rollen, Sir.“ Edwin Carberry grinste breit zum Achterdeck hoch.
Ein weiterer Kanonenschuß krachte – diesmal jedoch in wesentlich geringerer Entfernung. Die Schebecke nahm demnach den richtigen Kurs an. Das bestätigte schon wenig später Jack Finnegan, der in den Ausguck aufgeentert war.
Der