Zwei Jahre Ferien. Jules Verne

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Zwei Jahre Ferien - Jules Verne


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in die­ser Rich­tung ein Tau aus­zu­le­gen und es an ei­nem Fel­sen halt­bar zu be­fes­ti­gen, so muss­te die­ses Tau, nach des­sen An­span­nung mit­tels des Gang­spills an Bord, es er­mög­li­chen, eine Stel­le zu er­rei­chen, wo man we­nigs­tens Grund fand. Hol­te man an dem­sel­ben Ka­bel die Bal­len mit Mund­vor­rä­ten und Werk­zeu­gen her­über, so ge­lang­ten die­se vor­aus­sicht­lich un­be­schä­digt ans Land.

      Wie ge­fähr­lich die­ser Ver­such auch sein moch­te, so woll­te Bri­ant doch nie­mand ge­stat­ten, für ihn ein­zu­tre­ten, und er traf dem­ge­mäß sei­ne Vor­be­rei­tun­gen.

      An Bord be­fan­den sich meh­re­re schwä­che­re Taue von etwa hun­dert Fuß Län­ge, wel­che ge­le­gent­lich als Tros­sen ge­dient hat­ten. Bri­ant wähl­te ei­nes von mitt­ler­er Di­cke, das ihm am ge­eig­nets­ten er­schi­en, und be­fes­tig­te das­sel­be, nach­dem er sich halb ent­klei­det, am Gür­tel.

      »Jetzt, Ach­tung, ihr an­de­ren!« rief Gor­don. »Seid bei der Hand, das Tau nach­glei­ten zu las­sen. Hier­her aufs Vor­der­deck!«

      Do­ni­phan, Wil­cox, Cross und Webb konn­ten ihre Mit­hil­fe bei ei­nem Un­ter­neh­men nicht ver­wei­gern, des­sen Wich­tig­keit sie ein­sa­hen. Trotz ih­rer Miss­lau­ne lie­ßen sie sich dazu her­bei, an dem Tau mit an­zu­fas­sen und die­ses je nach Be­darf nach­schie­ßen zu las­sen, um Bri­ants Kräf­te mög­lichst zu scho­nen.

      In dem Au­gen­blick, wo die­ser be­reit­stand, über Bord zu sprin­gen, nä­her­te sich ihm sein Bru­der und rief:

      »Ach, Bri­ant, was wagst du?«

      »Kei­ne Furcht, Jac­ques! Ängs­ti­ge dich nicht um mich!« ant­wor­te­te der mu­ti­ge Kna­be.

      Briant und Jacques Briant und Jacques

      Gleich dar­auf sah man ihn schon im Was­ser auf­tau­chen und mit kräf­ti­ger Be­we­gung fort­schwim­men, wäh­rend das Tau ihm nachroll­te.

      Selbst bei ru­hi­gem Mee­re wäre die­ses Un­ter­neh­men sehr schwie­rig ge­we­sen, denn die Bran­dung schlug stets hef­tig ge­gen das Fel­sen­ge­wirr. Strö­mun­gen und Ge­gen­strö­mun­gen hin­der­ten den un­er­schro­cke­nen Kna­ben oft, eine ge­ra­de Rich­tung ein­zu­hal­ten, und wenn sie ihn pack­ten, hat­te er große Mühe, sich wie­der her­aus­zu­ar­bei­ten.

      Im­mer­hin kam Bri­ant dem Strand all­mäh­lich nä­her, wäh­rend sei­ne Ka­me­ra­den das Tau nach Be­darf ab­lau­fen lie­ßen. Of­fen­bar aber nah­men sei­ne Kräf­te ab, ob­wohl er sich fünf­zig Fuß weit vom Scho­ner be­fand. Vor ihm tob­te jetzt ein hef­ti­ger Wir­bel, er­zeugt durch ver­schie­den auf­ein­an­der­tref­fen­de Wel­len. Ge­lang es ihm, um die­sen her­um­zu­kom­men, so durf­te er hof­fen, sein Ziel zu er­rei­chen, denn hin­ter dem­sel­ben war das Was­ser be­deu­tend ru­hi­ger. Er ver­such­te also sich mit al­ler An­stren­gung nach links zu wer­fen. Ver­geb­lich! Auch der bes­te Schwim­mer im kräf­tigs­ten Man­nes­al­ter wäre hieran ge­schei­tert. Von der durch­ein­an­der­schie­ßen­den Wel­len­be­we­gung er­fasst, wur­de Bri­ant un­wi­der­steh­lich nach der Mit­te des Wir­bels ge­zo­gen.

      Briant nach der Mitte des Wirbels gezogen. Briant nach der Mitte des Wirbels gezogen.

      »Zu Hil­fe …! Zieht an …! Holt ein!« hat­te er noch die Kraft zu ru­fen, be­vor er ver­schwand.

      An Bord der Yacht ver­brei­te­te sich ein un­be­schreib­li­cher Schre­cken.

      »Holt ein …!« rief Gor­don kalt­blü­tig.

      Sei­ne Ka­me­ra­den be­eil­ten sich, das Tau schnell ein­zu­zie­hen, um Bri­ant wie­der an Bord zu ho­len, ehe er durch zu lan­ges Ver­wei­len un­ter Was­ser er­stick­te.

      Bin­nen we­ni­ger als ei­ner Mi­nu­te war Bri­ant — frei­lich be­wusst­los — an Bord ge­holt; er kam je­doch in den Ar­men sei­nes Bru­ders bald wie­der zu sich.

      Der Ver­such, ein Tau ir­gend­wo an der Klip­pen­rei­he zu be­fes­ti­gen, war miss­glückt und kei­ner hät­te ihn mit Aus­sicht auf Er­folg wie­der­ho­len kön­nen. Die un­glück­li­chen Kin­der wa­ren also dar­auf an­ge­wie­sen, ru­hig zu war­ten … Auf was denn zu war­ten …? Auf Un­ter­stüt­zung …? Doch von wel­cher Sei­te und von wem hät­te eine sol­che kom­men kön­nen?

      Jetzt war schon Mit­tag vor­über; die Flut mach­te sich be­reits be­merk­bar und die Bran­dung wur­de stär­ker. Da gleich­zei­tig Neu­mond war, muss­te die Flut so­gar hö­her stei­gen als am ver­gan­ge­nen Tage. Wenn dazu der Wind wie­der mehr nach der Sei­te des ho­hen Mee­res zu­rück­ging, lief der Scho­ner Ge­fahr, von sei­nem Fel­sen­bett noch ein­mal ab­ge­ho­ben zu wer­den … Er streif­te dann von Neu­em den Grund, er muss­te an den Klip­pen ken­tern! — Die­sen end­li­chen Aus­gang des Schiff­bruchs hät­te kei­ner über­lebt. Und jetzt war nichts zu tun … nichts!

      Auf dem Ach­ter­deck ver­sam­melt, die Klei­nen in der Mit­te der Gro­ßen, be­trach­te­ten alle das Wie­der­an­schwel­len des Mee­res, das sich durch die nach­ein­an­der ver­schwin­den­den Klip­pen­häup­ter ver­riet. Lei­der war der Wind wie­der nach Wes­ten um­ge­schla­gen, und wie in ver­gan­ge­ner Nacht peitsch­te er das Land mit vol­ler Wucht. Mit dem sich ver­tie­fen­den Was­ser wuch­sen auch die Wel­len wie­der an, hüll­ten den »Sloug­hi« in feuch­te Düns­te und muss­ten bald über den­sel­ben hin­weg­bran­den. Gott al­lein konn­te den jun­gen Schiff­brü­chi­gen zu Hil­fe kom­men, und ihre Ge­be­te ver­misch­ten sich mit ih­ren Angst­ru­fen.

      Kurz vor zwei Uhr hat­te der Scho­ner sich wie­der auf­ge­rich­tet und lag jetzt nicht mehr nach Back­bord ge­neigt. In­fol­ge sei­nes Stamp­fens stieß er aber mit dem Vor­der­teil auf den Grund, ob­wohl sein Hin­ters­te­ven noch auf dem Fel­sen fest­saß. Bald wie­der­hol­ten sich die Stö­ße ohne Un­ter­lass, und der »Sloug­hi« roll­te da­bei von ei­ner Sei­te zur an­de­ren. Die Kin­der muss­ten sich fest an­ein­an­der­hal­ten, um nicht über Bord ge­schleu­dert zu wer­den.

      In die­sem Au­gen­blick kam ein schaum­ge­krön­ter Berg von der of­fe­nen See her an­ge­stürmt und türm­te sich zwei Ka­bel­län­gen von der Yacht noch hö­her auf. Man hät­te ihn für die un­ge­heu­re Woge ei­ner Spring­flut, wie die­se in ei­ni­ge große Strö­me sich ein­drängt, hal­ten kön­nen. In ei­ner Höhe von über zwan­zig Fuß kam er her­an­ge­don­nert, braus­te über den Klip­pen­gür­tel hin­weg und hob den »Sloug­hi« auf, den er über die Fel­sen weg­trug, ohne dass sein Kiel die Fel­sen nur streif­te.

      Bin­nen we­ni­ger als ei­ner Mi­nu­te wur­de der »Sloug­hi«, um­hüllt von der gur­geln­den Was­ser­mas­se, bis mit­ten auf den Strand und hier auf einen Sand­hü­gel ge­wor­fen, so­dass er kaum zwei­hun­dert Schrit­te von den Bäu­men des ho­hen Ufer­ran­des ent­fernt lag. Hier blieb er, dies­mal auf dem fes­ten Land, un­be­weg­lich sit­zen, wäh­rend das wie­der ab­flu­ten­de Meer den Strand tro­cken zu­rück­ließ.

      1 zwei­t­obers­te Ver­län­ge­rung ei­nes Mas­tes <<<

      Die Pen­si­on Chair­man in Auck­land. — Gro­ße und Klei­ne. — Fe­ri­en auf dem


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