Zwei Jahre Ferien. Jules Verne

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Zwei Jahre Ferien - Jules Verne


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Lecker­bis­sen in Blech­do­sen nicht län­ger als zwei Mo­na­te rei­chen wür­den, selbst wenn man sehr spar­sam da­mit um­ging. Dem­nach emp­fahl es sich von An­fang an, auf die Er­zeug­nis­se des Lan­des zu­rück­zu­grei­fen, um den Pro­vi­ant zu scho­nen, für den Fall, dass es not­wen­dig wür­de, ei­ni­ge hun­dert Mei­len wei­ter­zu­zie­hen, um einen Ha­fen an der Küs­te oder eine Stadt im In­nern des Lan­des zu er­rei­chen.

      »Wenn nur ein Teil die­ser Kon­ser­ven nicht schon ver­dor­ben ist!« be­merk­te Bax­ter. »Ist nach un­se­rer Stran­dung das Meer­was­ser in den Schiffs­rumpf ein­ge­drun­gen …?«

      »Das wer­den wir se­hen, wenn wir die Kis­ten öff­nen, die uns be­schä­digt er­schei­nen«, ant­wor­te­te Gor­don. »Wenn man den In­halt der­sel­ben noch ein­mal auf­koch­te, könn­te man ihn doch viel­leicht ver­wen­den.«

      »Das soll mei­ne Sor­ge sein«, ließ sich Moko ver­neh­men.

      »So mach dich recht bald dar­an«, emp­fahl ihm Bri­ant, »denn wäh­rend der ers­ten Tage wer­den wir doch ge­zwun­gen sein, von dem Pro­vi­ant des »Sloug­hi« zu le­ben.«

      »Wa­rum aber«, fiel Wil­cox ein, »soll­ten wir nicht schon heu­te die Fel­sen ab­su­chen, wel­che sich im Nor­den der Bai er­he­ben, und dort ess­ba­re Vo­ge­lei­er ein­sam­meln?«

      »Ja …! Ja …!« rie­fen Dole und Co­star.

      »Und warum soll­ten wir nicht fi­schen?« füg­te Webb hin­zu. »Sind denn nicht An­gel­schnü­re an Bord und Fi­sche im Mee­re? — Wer will mit mir an­geln ge­hen?«

      »Ich …! Ich …!« rie­fen die Klei­nen.

      »Gut, gut!« sag­te Bri­ant. »Aber es han­delt sich nicht dar­um, nur zu spie­len, und An­gel­schnü­re er­hal­ten von uns nur ernst­haf­te Fi­scher.«

      »Be­ru­hi­ge dich, Bri­ant«, ver­si­cher­te Iver­son, »wir wer­den es als eine Pf­licht be­trach­ten …«

      »Schon gut, doch lass uns da­mit be­gin­nen, ein In­ven­tar von al­lem auf­zu­neh­men, was un­se­re Yacht ent­hält«, sag­te Gor­don. »Wir dür­fen nicht al­lein ans Es­sen und Trin­ken den­ken.«

      »Wir könn­ten einst­wei­len Scha­len­tie­re zum Früh­stück ein­sam­meln«, be­merk­te Ser­vice.

      »Nun, mei­net­we­gen!« ant­wor­te­te Gor­don. »Nun auf, ihr Klei­nen, drei oder vier von euch mö­gen ge­hen. Moko, du wirst sie be­glei­ten.«

      »Ge­wiss, Herr Gor­don.«

      »Und du gibst hübsch auf sie acht«, setz­te Bri­ant hin­zu.

      »Ängs­ti­gen Sie sich nicht!«

      Der Schiffs­jun­ge, auf den man sich ver­las­sen konn­te, ein sehr dienst­wil­li­ger, ge­schick­ter und ent­schlos­se­ner Bur­sche, ver­sprach den jun­gen Schiff­brü­chi­gen nach bes­ten Kräf­ten Diens­te zu leis­ten. Er fühl­te sich vor­züg­lich zu Bri­ant hin­ge­zo­gen, der sei­ner­seits kein Hehl aus der Teil­nah­me mach­te, die er für Moko heg­te, eine Teil­nah­me, über wel­che sei­ne an­gel­säch­si­schen Ge­fähr­ten ohne Zwei­fel ge­spöt­telt hät­ten.

      »Nun vor­wärts also!« rief Jen­kins.

      »Du be­glei­test sie nicht, Jac­ques?« frag­te Bri­ant, sich an sei­nen Bru­der wen­dend.

      Jac­ques ant­wor­te­te ver­nei­nend.

      Jen­kins, Dole, Co­star und Iver­son bra­chen also un­ter Füh­rung Mo­kos auf und gin­gen am Rand der Klip­pen hin, wel­che das Meer jetzt ganz tro­cken­ge­legt hat­te. Vi­el­leicht konn­ten sie in den Zwi­schen­räu­men der Fels­blö­cke eine reich­li­che Ern­te von Scha­len­tie­ren, Mies­mu­scheln, Ta­schen­kreb­sen oder gar Aus­tern ein­heim­sen, und roh oder ge­kocht muss­ten die­se Scha­len­tie­re eine an­ge­neh­me Zu­ga­be zu dem Früh­stück bil­den. Sie spran­gen lus­tig da­hin, da sie in die­sem Aus­flug we­ni­ger des­sen Nut­zen als ein Ver­gnü­gen er­kann­ten. Das ent­sprach ja ih­rem Al­ter, und jetzt fehl­te ih­nen fast schon jede Erin­ne­rung an die schwe­ren Prü­fun­gen, die sie aus­ge­stan­den, eben­so wie die Sor­ge um die dro­hen­de Zu­kunft.

      So­bald die klei­ne Ge­sell­schaft sich ent­fernt hat­te, gin­gen die Gro­ßen an die Nach­su­chun­gen an Bord der Yacht. Auf der einen Sei­te nah­men Do­ni­phan, Cross, Wil­cox und Webb die Durch­sicht der Waf­fen, des Schieß­be­darfs, der Klei­dungs­stücke, Bett­wä­sche, Gerä­te und Werk­zeu­ge des Schif­fes vor; auf der an­de­ren be­rech­ne­ten Bri­ant, Gar­nett, Bax­ter und Ser­vice, was an Ge­trän­ken, Wein, Ale, Bran­dy, Whis­ky und Gin, die sich in zehn bis vier­zig Gal­lo­nen hal­ten­den Fäss­chen im un­te­ren Raum be­fan­den, vor­han­den war. Nach der Auf­nah­me ei­nes je­den ein­zel­nen Ge­gen­stan­des ver­zeich­ne­te Gor­don die An­zahl oder das Maß in sein No­tiz­buch. Die­ses No­tiz­buch war üb­ri­gens schon vor­her mit Auf­zeich­nun­gen, be­tref­fend die Aus­rüs­tung und La­dung des Scho­ners, an­ge­füllt. Der me­tho­di­sche Ame­ri­ka­ner — der sich fast von Ge­burt an für al­les ver­ant­wort­lich zu füh­len schi­en — be­saß schon ein all­ge­mei­nes In­ven­tar­ver­zeich­nis, das bei die­ser Ge­le­gen­heit nur et­was be­rich­tigt zu wer­den brauch­te.

      Zu­erst stell­te sich hier­bei her­aus, dass noch eine voll­stän­di­ge Se­rie von Se­geln und Ta­kel­werk al­ler Art, Lei­nen, Sei­le, Taue u. dergl. vor­han­den war. Wäre die Yacht noch flott ge­we­sen, so hät­te nichts ge­fehlt, sie wie­der in se­gel­kla­ren Zu­stand zu set­zen. Wenn die­se vor­treff­li­che Lein­wand, die­se neu­en Taue nun zwar nicht mehr zu ei­ner Schiffs­aus­rüs­tung die­nen soll­ten, so ver­spra­chen sie doch sehr nütz­lich zu wer­den, wenn es dar­auf an­kam, sich häus­lich ein­zu­rich­ten. Ei­ni­ge Fi­sche­rei­ge­rät­schaf­ten, Hand- und Grun­dan­geln, so­wie Schlepp­net­ze be­fan­den sich eben­falls un­ter die­sem In­ven­tar, und die­se wa­ren höchst schätz­bar, vor­aus­ge­setzt, dass es im Was­ser hier reich­lich Fi­sche gab.

      Was die Waf­fen be­trifft, so hat­te Gor­don in sein No­tiz­buch fol­gen­des ein­ge­tra­gen; acht Zen­tral­feu­er-Jagd­ge­weh­re, eine weit­tra­gen­de En­ten­f­lin­te und ein Dut­zend Re­vol­ver. Der Schieß­be­darf be­zif­fer­te sich auf drei­hun­dert Pa­tro­nen für die Hin­ter­la­der­ge­weh­re, zwei Ton­nen Pul­ver von je fünf­und­zwan­zig Pfund und eine große Men­ge Blei, Schrot und Ku­geln. Die­se Mu­ni­ti­on, ur­sprüng­lich be­stimmt, auf den Jagd­zü­gen ver­wen­det zu wer­den, wenn der »Sloug­hi« an der Küs­te Neu­see­lands Auf­ent­halt nahm, ver­sprach hier ei­nem viel nütz­li­che­ren Zwe­cke, näm­lich der Be­schaf­fung von Nah­rungs­mit­teln, zu die­nen — wenn sie nicht gar ge­le­gent­lich zur Ver­tei­di­gung in An­spruch ge­nom­men wur­de. Die Pul­ver­kam­mer ent­hielt da­ne­ben eine große An­zahl Ra­ke­ten, zu Nacht­si­gna­len be­stimmt, und etwa drei­ßig Kar­tu­schen und Pro­jek­ti­le für die bei­den klei­nen Ka­no­nen der Yacht, von de­nen Ge­brauch zu ma­chen, man hof­fent­lich nicht zur Ab­wei­sung ei­nes An­griffs Ein­ge­bo­re­ner ge­nö­tigt wur­de.

      Was die Toi­let­ten­ge­gen­stän­de und das Kü­chen­ge­rät an­ging, so war hier­von so viel vor­han­den, dass es die Be­dürf­nis­se der jun­gen Schiff­brü­chi­gen deck­te, selbst wenn de­ren Auf­ent­halt sich un­er­war­tet ver­län­gern soll­te. Wenn ein Teil des Ge­schirrs bei dem Auf­schla­gen des »Sloug­hi« zer­bro­chen war, so war doch mehr als ge­nug für Spei­se­kam­mer und Ta­fel


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