Gesammelte Werke von Guy de Maupassant. Guy de Maupassant

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Gesammelte Werke von Guy de Maupassant - Guy de Maupassant


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ja den Weg.

      Er ging, und sie folgte ihm ins Schlafzimmer, indem sie ihn mit den Fingerspitzen zwischen Haar und Kragen krabbelte, damit er schneller gehen sollte; denn er war kitzlich.

      Der Artikel erschien unterzeichnet: Georg du Roy von Cantel, und erregte großes Aufsehen. In der Kammer wurde darüber debattiert, der alte Walter beglückwünschte den Verfasser dazu und ernannte ihn zum politischen Redakteur der › Vie française‹.

      Boisrenard mußte den lokalen Teil wieder übernehmen.

      Nun begann in der Zeitung ein geschickter, heftiger Kampf gegen den leitenden Minister. Die Angriffe, die immer saßen, sich immer auf Thatsachen stützten, ab und zu ironisch waren, dann wieder ernst, manchmal scherzhaft, manchmal giftig, trafen mit solcher Sicherheit und folgten einander so Schlag auf Schlag, daß alle Welt erstaunt war. Die anderen Blätter zitierten immerfort die › Vie française‹, brachten manchmal ganze Artikel aus ihr, und die Männer am Ruder erkundigten sich, ob man diesem unbekannten, hartnäckigen Feind nicht durch Verleihung einer Präfektur den Mund stopfen könnte.

      Du Roy wurde berühmt bei den politischen Parteien. An der Art, wie man ihm die Hand drückte und ihn grüßte, fühlte er seinen wachsenden Einfluß und war ganz voll von Stolz und Bewunderung für seine Frau wegen ihres erfinderischen Geistes, der Geschicklichkeit ihrer Erkundigungen und der Zahl ihrer Bekannten.

      Alle Augenblicke fand er bei sich, wenn er heimkehrte, einen Senator, einen Abgeordneten, einen Staatsbeamten, einen General, die Magdalene mit wirklicher Zuvorkommenheit, wie eine alte Freundin, behandelten. Woher kannte sie nur alle diese Leute? Sie sagte, sie hätte sie in Gesellschaft kennen gelernt; aber wie hatte sie es nur fertig gebracht, ihr Vertrauen und ihre Zuneigung zu gewinnen? Das verstand er nicht.

      – Die würde einen famosen Diplomaten geben! dachte er. Oft kam sie zum Essen zu spät, zitternd, mit roten Wangen und sagte, ehe sie nur den Schleier abgelegt:

      – Na, heute habe ich aber mal was für uns. Denke Dir nur, der Justizminister hat eben zwei Leute, die in den gemischten Kommissionen waren, ins Ministerium berufen. Jetzt wollen wir ihm aber mal eins auswischen, daß er an uns denken soll!

      Und am nächsten Tage versetzten sie dem Minister eins, und den übernächsten wieder und am dritten noch einmal!

      Der Abgeordnete Laroche-Mathieu, der jeden Dienstag, nach dem Grafen Vaudrec, der die Woche begann, bei ihnen aß, drückte mit dem Ausdruck der größten Freude dem Ehepaar kräftig die Hand. Er sagte immerfort:

      – Verflucht! Ist das ein Feldzug! Na, wenns nun nicht glückt!

      Er hoffte nämlich, daß es glücken würde, das Portefeuille des Äußern frei zu machen, mit dem er lange liebäugelte.

      Er war einer jener politischen Mantelträger ohne Überzeugung, ohne wirkliches Talent, ohne Mut, ohne ernstes Wissen: eine in ihrer Provinzhauptstadt beliebte Advokatenseele, die zwischen den extremen Parteien das Gleichgewicht hielt, eine Art republikanischer Jesuit, eine liberale Giftpflanze unbestimmter Farbe, wie deren hunderte auf dem volkstümlichen Mist des allgemeinen Wahlrechts aufschießen.

      Unter seinen Kollegen, unter allen Deklassierten und den Berufsverfehlern, die man zu Abgeordneten wählt, gab ihm seine Bauernschlauheit Ansehen; und er war durch sein Äußeres, durch seine Manieren, durch seine Liebenswürdigkeit und Herablassung ganz der Mann etwas zu erreichen. Er machte eine gute Figur in der etwas gemischten, nicht gerade wählerischen Gesellschaft der augenblicklich am Ruder befindlichen höhern Beamten.

      Überall hieß es von ihm: »Laroche-Mathieu wird Minister« und er dachte noch bestimmter wie alle andern, daß Laroche Minister würde.

      Er war einer der Hauptaktionäre der Zeitung des alten Walter, sein Kollege und auch sein Teilnehmer bei vielen Finanz-Operationen.

      Du Roy unterstützte ihn vertrauensvoll, indem er sich unbestimmte Hoffnungen für später machte. Übrigens setzte er nur Forestiers Arbeit fort, dem Laroche-Mathieu, wenn einmal seine Stunde geschlagen, die Ehrenlegion versprochen hatte. Der Orden würde einfach auf die Brust von Magdalenes neuem Mann übergehen; weiter nichts. Und im Grunde war es ja auch dasselbe.

      Man fühlte so gut, wie alles beim alten war, daß du Roys Kollegen anfingen, ihn mit etwas aufzuziehen, worüber er sich ärgerte.

      Man nannte ihn nämlich nur noch: Forestier.

      Sobald er in die Redaktion kam, rief jemand:

      – Sag mal Forestier…..

      Er that, als hörte er es nicht und suchte Briefe in seinem Pult, aber nun klang es noch lauter:

      – He, Forestier! – Und man hörte ersticktes Lachen.

      Als du Roy zum Zimmer des Chefs ging, trat, der ihn vorhin gerufen hatte, ihm in den Weg:

      – Ach verzeih, ich wollte ja mit Dir sprechen. Es ist zu dumm, ich verwechsele Dich immer mit dem armen Karl, das kommt daher, weil Deine Artikel den seinen verflucht ähnlich sehen. Man verwechselt sie immer.

      Du Roy antwortete nichts, aber er raste, und eine stille Wut gegen den Toten stieg in ihm auf.

      Der alte Walter sogar hatte ihm gesagt, als man erstaunt war über gewisse ähnliche Wendungen und Gedanken in den Artikeln des neuen politischen Redakteurs mit denen des verflossenen:

      – Ja, das ist echter Forestier; aber nervöser, kräftiger, abgerundeter.

      Ein anderes Mal hatte Georg du Roy, als er zufällig den Schrank mit den Fangbällen öffnete, gesehen, daß die seines Vorgängers einen Flor am Griff trugen, und daß seiner, den er benutzte, wenn er unter Saint-Potins Leitung sich übte, mit einer rosa Schleife geschmückt war.

      Alle waren der Größe nach auf dasselbe Brett gelegt, und auf einer Tafel stand, wie auf den Anschlägen in den Museen: »Ehemalige Sammlung Forestier & Co. Forestier – Du Roy, Nachfl. Gesetzlich geschützt. Unverwüstliche Gegenstände. In allen Lebenslagen, sogar auf der Reise.«

      Er machte den Schrank ruhig zu und sagte laut genug, daß man es verstehen konnte:

      – Schafsköpfe und Neider giebt’s überall!

      Aber er fühlte sich in seinem Stolze verletzt, in seiner Eitelkeit, in jener argwöhnischen Schriftstellereitelkeit, aus der jene immer wache, nervöse Empfindlichkeit entspringt, die beim Reporter genau die gleiche ist, wie beim genialen Dichter.

      Das Wort »Forestier« beleidigte sein Ohr, er fürchtete sich, es zu hören und ward rot, wenn er es hörte.

      Dieser Name war für ihn ein beißender Spott, ja mehr als ein Spott, beinahe eine Beleidigung, denn er rief ihm zu:

      »Deine Frau macht Deine Geschäfte, wie sie einst des andern Geschäfte gemacht hat! Ohne sie wärst Du eine Null.«

      Er gab vollständig zu, daß Forestier ohne Magdalene nichts gewesen wäre; aber er, das war doch etwas verflucht anderes.

      Wenn er dann nach Hause kam, hielt ihn immer noch dieser Gedanke gefangen. Jetzt erinnerte ihn das ganze Haus an den Toten, alle Möbel, jeder kleine Gegenstand, alles, was er nur berührte. In der ersten Zeit hatte er daran nicht gedacht, aber die Hänseleien seiner Kollegen hatten in seinem Geist eine Wunde geöffnet, die tausend, bis dahin nicht bemerkte Kleinigkeiten nun vergifteten.

      Er konnte jetzt nichts mehr in die Hand nehmen, ohne daß er sofort meinte, Karls Hand darauf liegen zu sehen. Er erblickte ja nur Dinge um sich, und faßte nur Dinge an, die früher in seinem Besitz waren, die er gekauft hatte und die er besessen; und er fing an, selbst beim Gedanken an die einstigen Beziehungen seines Freundes zu seiner Frau, unruhig zu werden.

      Manchmal war er erstaunt über diesen Sturm in seinem Herzen, den er nicht begriff, und fragte sich: »Zum Teufel nochmal, wie ist das nur möglich? Ich bin auf Magdalenes Freunde nicht eifersüchtig, ich kümmere mich nie um das, was sie thut. Sie kommt und geht, wie sie will, und die Erinnerung an dieses Rindvieh, an diesen Karl macht mich ganz verrückt.«

      In Gedanken fügte er hinzu:

      »Er


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