Celtic. Dietrich Schulze-Marmeling

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Celtic - Dietrich Schulze-Marmeling


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Club. Zunächst ist der Klub nicht protestantischer als viele andere im protestantischen Schottland. Sein Rückgrat bilden die Werften in den südlich des Clyde gelegenen Stadtteilen Ibrox und Govan. 1876 folgt der Partick Thistle Football Club, seit vielen Jahren die Nummer drei im Glasgower Fußball. Seit 1909 spielt der Klub nicht mehr in Partick, sondern in der Maryhill-Gegend der Stadt.

       Hibernian

      Auch unter den „irisch-katholischen“ Klubs in Schottland ist Celtic nicht der erste. Die Städte Edinburgh und Dundee waren eher dran als Glasgow. Zwar sind die Gaelic Games (Football und Hurling) die eigentliche nationale Disziplin der Iren, aber in Schottland entscheiden sich die irischen Einwanderer in ihrer übergroßen Mehrheit für Soccer – mit Folgen für den sozialen Charakter des Spiels. Die kickenden Iren gehören in der Regel zur Unterklasse der Gesellschaft und forcieren damit die soziale Ausbreitung des zunächst elitären Sports, die in Schottland schneller erfolgt als in England. In Glasgow hat das Spiel keine ernsthafte Konkurrenz. In der Industriemetropole am Clyde frönen nicht nur die Arbeiterschaft und das Kleinbürgertum dem Fußball, sondern auch die mittleren und höheren Schichten. Rugby und Golf spielen hier kaum eine Rolle.

      Am 10. Oktober 1875 wird in Edinburgh der Hibernian Footballclub gegründet, als der erste irische Klub in Schottland. Hibernia ist der lateinische Begriff für „Irland“, „Hibernian“ steht für „The Irishman“. Gründer ist der aus Ballingarry in der irischen Grafschaft Limerick stammende katholische Geistliche Edward Joseph Hannan, der die St-Patrick’s-Gemeinde im Stadtteil Cowgate führt. In diesem Stadtteil, der auch „Little Ireland“ genannt wird, leben auf engstem Raum etwa 25.000 Iren. In der St Patrick’s Church in der Cowgatestreet, die im unteren Teil von Edinburghs Altstadt liegt, erinnert seit dem 17. März 2013 (am 17. März, dem St Patrick’s Day, feiern Irland und die irische Diaspora ihren Nationalheiligen Patrick) eine Messingtafel an die Gründung von Hibernian.

      Pfarrer Edward Hannan sieht mit Sorge, wie die katholische Jugend dem Alkohol und anderen Versuchungen verfällt. Hibernian, ursprünglich nur als zusätzliches Angebot der Catholic Young Men’s Society (CYMS) gedacht, soll dem entgegenarbeiten, soll die Jugendlichen von der Straße holen und sie zur Disziplin und einem „sittsamen“ Leben erziehen. Zunächst können auch nur CYMS-Mitglieder bei Hibernian kicken. Das erste Trikot der „Hibs“ entspricht dem späteren von Celtic Glasgow: Es ist grün und weiß quergestreift, ein Design, das gemeinhin als „Hoops“ (deutsch: Reifen) bezeichnet wird. Ab 1879 trägt man dann ein komplett grünes Trikot („emerald-green“ = smaragdgrün), zeitweise mit der Aufschrift „Erin go Bragh“ („Ireland forever“). Zunächst waren auch andere Namen im Gespräch. Catholic Young Men’s Society Football Club war zu lang, St Patrick’s Football Club galt als zu respektlos gegenüber dem irischen Nationalheiligen.

      Zu den größten Fans der „Hibs“ gehört der in Cowgate geborene James Connolly, der in seiner Kindheit bei Heimspielen des Klubs als Balljunge hilft. Der sozialistische Republikaner ist später Gewerkschaftsführer, Gründer der Irish Citizen Army (ICA, eine republikanisch-sozialistische Miliz) und einer der Anführer des irischen Osteraufstands gegen die britische Herrschaft von 1916. Connolly, der nach der Niederschlagung des Aufstands hingerichtet wird, spricht zeit seines Lebens mit einem schottischen Akzent.

      In Edinburgh hat sich bereits 1874 der Heart of Midlothian Footballclub gegründet, kurz „Hearts“ genannt. Die Gründer gehören der Tanzgruppe des Heart of Midlothian Quadrille Assembly Club an und treffen sich regelmäßig im Tanzsaal The Heart of Midlothian Dancing Club – daher der Name des Fußballklubs. Der Name der Tanzgruppe und des Tanzsaals geht auf Walter Scotts Roman „The Heart of Midlothian“ zurück. The Heart of Midlothian war ein 1817 abgerissenes Gefängnis, in dem auch öffentliche Hinrichtungen stattfanden. Der Fußballklub wird mit der protestantischen Mehrheit in der Stadt assoziiert und spielt zunächst – wie Rangers Glasgow – in den britischen Farben Rot-Weiß-Blau.

      Lokalrivale Hibernian sieht sich zunächst von Feinden umringt. Auch in Edinburgh sind die Iren schlecht angesehen. Als der Klub um Aufnahme in die Edinburgh Football Association bittet, wird er an die Scottish Football Association (SFA) verwiesen. Aber auch das Hauptquartier des schottischen Fußballs fühlt sich nicht zuständig: Es habe nur für Schotten zu sorgen, nicht für Iren. Der Edinburgher Verband schließt sich der Meinung der SFA an. Hibernian findet deshalb zunächst keine Gegner. Viele der angesprochenen Klubs fürchten Strafen des Verbands. Schließlich erklärt sich Heart of Midlothian zu einem Spiel bereit. Der erste Weihnachtstag 1875 wird zur Geburtsstunde des Edinburgh-Derbys. „Hearts“ schlägt den neuen irisch-katholischen Konkurrenten mit 1:0.

      In Dundee wird 1879 der irisch-katholische Klub Dundee Harp aus der Taufe gehoben. Seine Wiege steht in der East Dock Street, in der Nähe der Gaswerke. 1894 wird der Klub aufgrund finanzieller Probleme aufgelöst. 1909 wird mit Dundee Hibernian ein weiterer Klub für die irisch-katholische Community gegründet, der wie der Edinburgher Namensvetter eine Initiative der CYMS ist.

      Hibernian Edinburgh und Dumbarton bestreiten am 12. Februar 1887 in Glasgow das Finale um den schottischen Cup, zu diesem Zeitpunkt der einzige nationale Fußballwettbewerb Schottlands, denn eine nationale Liga gibt es noch nicht. Angefeuert von der irisch-katholischen Bevölkerung Glasgows gewinnen die „Hibs“ mit 2:1. Hibernian ist in dieser Saison nicht das einzige irische Team im Wettbewerb. Auch Erin Rovers, Carfin Shamrock, Broxburn Shamrock, Vale of Leven Hibs und Dundee Harp kämpfen um die Trophäe.

      Die ausschließlich aus Katholiken bzw. Mitgliedern der CYMS bestehenden Pokalsieger feiern ihren Erfolg in der St Mary’s Hall in der East Rose Street in Calton im Glasgower East End. „Hibs“-Sekretär John McFadden macht seinen Glasgower Gastgebern den Vorschlag, dem Edinburgher Beispiel zu folgen und auch in ihrer Stadt einen „irisch-katholischen“ Klub zu gründen. Der Vorschlag wird zum größten Eigentor der schottischen Fußballgeschichte.

       Ein Mönch als Vereinsgründer

      1864 gibt es lediglich drei irische Priester für Glasgows ca. 130.000, in ihrer Mehrheit irischstämmige Katholiken. In den 1870ern trifft hier der Mönch Walfrid ein, der mit richtigem Namen Andrew Kerins heißt. Er stammt aus Ballymote in der irischen Grafschaft Sligo und hat zunächst auf Lehramt studiert. 1864 ist er dem Maristen-Orden beigetreten. In Glasgow unterrichtet Walfrid zunächst an der St Mary’s School in der Abercromby Street im Stadtteil Calton. Calton ist noch heute eine der sozial benachteiligsten Gegenden Glasgows. Armut, schlechte Ernährung und ein geradezu epidemisches Drogenproblem haben zur Folge, dass die durchschnittliche Lebenserwartung hier nur 54 Jahre beträgt. (In Gesamt-Glasgow liegt sie bei 69 Jahren, in Schottland bei 78.)

      Calton wird auch „Tongland“ genannt, nach den „Calton Tongs“, der berüchtigsten Gang in der Gegend. Die Bevölkerung ist mehrheitlich katholisch und besitzt irische Vorfahren. Calton ist immer wieder Schauplatz sektiererischer Gewalt – auch durch die Nachbarschaft zu Bridgeton, einer Hochburg des militanten Protestantismus und Loyalismus. In Bridgeton befindet sich das Hauptquartier der schottischen Sektion des Oranier-Ordens, der in Schottland ca. 50.000 Mitglieder zählt. Rund um den 12. Juli erinnert die Gegend um Bridgeton Cross an die Belfaster Shankill Road, eine Hochburg der Belfaster Loyalisten. Zu Celtic Glasgows Spielstätte Celtic Park sind es von hier aus nur wenige Fußminuten.

      1874 wird Walfrid Leiter der Sacred Heart School in Bridgeton. Zehn Jahre später ruft er hier den „The Poor Children’s Dinner Table“ ins Leben, eine Aktion, durch die bald 1.000 Mahlzeiten pro Woche für die Kinder aus den Elendsvierteln des East End bereitgestellt werden. Fußballveranstaltungen sieht Walfrid als Möglichkeit, Geld für seine Armenspeisung einzutreiben. Seine Motive sind nicht ausschließ-lich altruistisch. Der Poor Children’s Dinner Table ist auch eine Antwort auf die Suppenküchen der protestantischen Organisationen in Bridgeton. Walfrid befürchtet, dass junge Menschen sich vom Katholizismus abwenden und er die Kontrolle über seine Schäfchen verliert.

      Bevor Glasgow seinen eigenen irisch-katholischen Klub bekommt, müssen andere Klubs für Bruder Walfrid Geld einspielen. Im April 1887 messen sich im Barrowfield Park in Bridgeton, wo sich später Celtics Trainingsplätze befinden, Clyde und Dundee Harp und spülen 4.000 Pfund in die Kasse seiner Wohltätigkeitsorganisation. Im Mai treffen am selben Ort Renton, der


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