Hilf mir, liebes Hausgespenst. Marie Louise Fischer

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Hilf mir, liebes Hausgespenst - Marie Louise Fischer


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Nervenzusammenbruch kriegt.“

      „Richtig.“

      „Und das hat er so ohne weiteres zugesagt?“

      „Nicht ohne weiteres. Ich habe ihm versprochen, mich um ihn zu kümmern, mit ihm zu reden und so, damit er sich nicht langweilt. Er treibt den ganzen Unsinn nämlich bloß aus Langeweile und weil er sich ärgert, daß niemand ihn beachtet.“ Monika wurde erst nachträglich bewußt, daß sie eigentlich viel zuviel erzählt hatte. „Du mußt mir schwören, keine Sterbenssilbe zu erzählen!“

      Ingrid nahm Monikas rechte Hand, zeichnete rasch ein Kreuz auf die Fläche und schüttelte sie mit festem Griff. „Großes Ehrenwort! Aber du mußt mich auf dem laufenden halten, ja?“

      „Mach ich!“

      Sie liefen nebeneinander auf die Schule zu, vor der die Busse hielten, die die Kinder aus der weiteren Umgebung hergebracht hatten.

      „Schade, daß wir uns jetzt eine Zeitlang nicht sehen“, sagte Ingrid.

      „Aber wieso dehn?“ entgegnete Monika ohne zu überlegen. „Komm doch einfach zu uns!“

      „Wenn ich darf?“

      Schon tat es Monika leid, diese Aufforderung ausgesprochen zu haben. Eigentlich hatte sie sich darauf gefreut, mit Gaby allein zu sein. Auch hatte sie Angst, wie Gaby die Anwesenheit Ingrids aufnehmen würde.

      Aber einen Rückzieher konnte sie nicht mehr machen, ohne Ingrid zu verletzen.

      „Aber du mußt mithelfen!“ sagte sie. „Du weißt, wir wollen eine Jauchegrube für den Stall ausheben. Zuschauer können wir da nicht brauchen“.

      „Ich pack schon mit an“, versicherte Ingrid.

      „Und daß du auch Gaby nichts von Amadeus verrätst! Sie ist nämlich furchtbar ängstlich.“

      „Wie kann sie dann deine Freundin sein?“

      Das war eine Frage, die Monika sich noch nie gestellt hatte, und so wußte sie auch jetzt keine rechte Antwort. „Weil sie eben meine Freundin ist“, sagte sie nur. „Aber jetzt müssen wir rennen, sonst kommen wir doch noch zu spät!“

      Besuch einer alten Freundin

      Am Nachmittag holte Monika ihre Freundin an der S-Bahn-Station ab. Sie hatte sich ein bißchen verspätet, das heißt, sie hatte nicht genau gewußt, wann Gaby eintreffen würde. So kam es, daß Gaby, als sie angelaufen kam, schon auf dem Bahnsteig stand, dünn und klein, mit hochgezogenen Schultern und einem riesigen Koffer neben sich.

      „Mensch, Gaby, was hast du denn in deinem Schrankkoffer?“ schrie Monika.

      „Sachen zum Anziehn.“

      „So viel?“

      „Man kann doch nie wissen.“

      „Ganz egal, schön daß du da bist!“ Monika lachte und wirbelte die Freundin im Kreis herum. „Wir werden jede Menge Spaß miteinander haben!“

      Der Spaß begann damit, daß sie erst einmal den Koffer schleppen mußten, der mächtig schwer war. Aber sie machten sich nichts daraus, setzten ihn alle paar Schritte ab, denn sie hatten ja Zeit genug. Sie hatten sich zwar erst am vorigen Dienstag, als Monika zu ihrer Reitstunde nach München gefahren war, zuletzt gesehen, dennoch wußte Gaby allerhand aus Monikas alter Klasse zu erzählen.

      Monika selber war stiller als gewöhnlich. Das Bewußtsein, daß sie von dem, was sie eigentlich bewegte, nicht sprechen durfte, legte sich schwer auf ihr Herz. Und das Versprechen, das sie ihrem Vater gegeben hatte, hielt sie nicht davon ab, von Amadeus zu reden, denn Gaby war schließlich ihre beste Freundin, und Freundschaft geht vor Familie – dachte jedenfalls Monika. Aber sie wußte, daß Gaby furchtbar ängstlich war und vielleicht gar nicht im Haus am Seerosenteich geblieben wäre, wenn sie gewußt hätte, daß dort ein regelrechtes Gespenst sein Unwesen trieb.

      Bei ihren Begegnungen in München war es nicht so schwer gewesen, darüber zu schweigen. Aber wie das hier draußen werden würde, wußte Monika selber nicht.

      War eine Freundschaft, in der man so ein schwerwiegendes Geheimnis für sich behalten mußte, überhaupt noch eine Freundschaft? Langsam ging Monika ein Licht auf, daß es besser gewesen wäre, Gaby die Wahrheit zu sagen und sie dann selber entscheiden zu lassen, ob sie mit Amadeus unter einem Dach schlafen wollte oder nicht. Aber vorläufig war sie noch nicht bereit, sich das zuzugeben und redete sich ein, daß schon alles gutgehen würde.

      Gaby, die nichts Böses ahnte, war begeistert von dem schönen Haus am Seerosenteich. Als sie den Koffer endlich hinein- und die Treppe hinaufgeschleppt hatten, mußte natürlich zuerst alles besichtigt werden – die riesige Halle mit den vielen Türen, der Erker mit den Butzenscheibenfenstern, durch die man, wenn sie offen waren, auf den gleich darunterliegenden Seerosenteich blicken konnte, die große Küche mit dem Boden aus roten Ziegelsteinen und dem in der Mitte freistehenden Herd, die Wohnzimmer von Herrn und Frau Schmidt und dann natürlich der Stall.

      Gaby hatte eine genauso große Liebe zu Pferden wie Monika, wenn sie auch selber noch nicht reiten durfte, weil sie zu klein und zu leicht war.

      „Aber wenn Bodo erst hier ist“, sagte sie, „dann komme ich in den Sommerferien zu dir, und dann darf ich ihn versorgen, ja?“ „Versorgen helfen“, verbesserte Monika.

      „Das kann ich bestimmt auch allein!“

      „Kannst du nicht! So ein Sattelzeug ist ganz schön schwer, das würde dich glatt erdrücken.“

      „Na schön, satteln kannst du! Du wirst ihn ja auch reiten!“

      Gaby war sehr beeindruckt von dem großen Stall. Der Boden lag so hoch, daß Regenwasser nicht einfließen und Stallflüssigkeit abfließen konnte. Er bestand aus gebrannten Ziegeln, war nicht zu warm und nicht zu kalt und würde sich leicht desinfizieren lassen.

      „Hier“, sagte Monika und zeigte auf ein Quadrat von vier Metern, das sie mit Kreide auf den Boden gezeichnet hatte, „kommt die Box hin, die werden wir noch mit einer Lehmschicht extra warm und weich machen. Daneben die Kammer für das Sattelzeug und die Mistgabeln und gleich daran ein Raum für Heu und Futter!“

      „Ihr habt aber doch auch eine Scheune!“

      „Stimmt. Aber in der will meine Mutter eine Töpferwerkstatt einrichten.“

      Gaby drehte sich um ihre eigene Achse. „Mensch, dann hast du hier ja noch’ne Menge zu tun.“

      „Stimmt. Am besten fangen wir gleich an. Sieh mal, hier endet die Jaucherinne. Von dieser Stelle aus muß draußen ein Kanal gegraben werden. Mein Vater hat die Strecke schon bestimmt.“ Monika zog Gaby mit ins Freie. „Laß uns gleich Schaufeln holen!“

      Gaby war begeistert und strahlte.

      Aber nach kurzer Pause zeigte sich, daß Graben nicht gerade die geeignete Beschäftigung für sie war; sie mühte sich ehrlich ab, aber schon bald mußte sie eingestehn: „Ich kann nicht mehr!“ „Du halbe Portion!“ sagte Monika nicht unfreundlich. „Dann leiste mir wenigstens Gesellschaft und erzähl mir was!“

      Dazu war Gaby gern bereit. „Was steht denn da für ein Haus?“ fragte sie.

      Monika grub eifrig. „Was für ein Haus?“

      „Das da auf dem Hügel … zwischen den Bäumen?“

      „Ach, das ist nur so ein Gemäuer … eine verfallene Ruine …“

      „Woll’n wir mal hin?“

      „Mit Vergnügen! Aber nur, wenn’s regnet.“

      „Wieso wenn’s regnet?“

      „Weil wir bei gutem Wetter arbeiten müssen!“

      „Schade!“

      Monika hob den Kopf, stemmte sich auf den Schaufelstiel und blickte Gaby an. „Warum kletterst du nicht allein hoch? Es ist zwar nicht viel los dort,


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