Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel


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zuckte wieder mit den Schultern.

      »Vielleicht ...«, sagte er niedergeschlagen und setzte sich, »verfolgt unser Feind gar keinen bestimmten Plan. Vielleicht will er nur mit uns spielen.«

      »Das nennst du ein Spiel?«, rief Crahn und deutete auf Opallo.

      »Für uns ist es keines – aber vielleicht für ihn. Möglich, dass er uns einfach nur quälen will.«

      »Oder er möchte, dass wir den Planeten aufgeben«, sagte Seealee.

      »Rawanor verlassen – niemals«, entfuhr es Opallo. »Unter gar keinen Umständen.«

      »Du hast erlebt, was unser Feind mit uns veranstalten kann, ohne dass wir imstande sind, etwas dagegen zu unternehmen«, sagte Dhota seufzend. »Möglich, dass uns noch etwas einfällt – aber ich sehe da ehrlich gesagt schwarz. Der Gegner ist uns überlegen.«

      »Wir werden nicht aufgeben«, stieß Crahn hervor.

      Dhota leckte sich die Lippen.

      »Ein Tag noch«, sagte er leise und sah einen nach dem anderen an. »Danach werde ich Aklard um Hilfe bitten – notfalls um eine Evakuierungsflotte.«

      Niemand widersprach ihm.

      8.

      Dhota lag auf dem Bauch und schnurrte wie eine große träge Katze vor sich hin, während Seealee ihm den Nacken massierte.

      »Du bist ganz schön verspannt, mein Lieber«, sagte Seealee. »Ich kann jeden Muskelstrang spüren.«

      »Ich habe in den letzten Tagen wenig und schlecht geschlafen«, antwortete Dhota. »Mehr nach links. Ja, so ist es gut.«

      »Das habe ich gemerkt«, meinte Seealee. Sie hatte sich wieder vollkommen erholt, auch der Schock war überwunden. Dhota allerdings machte noch immer einen strapazierten Eindruck. »Du hast im Schlaf geredet.«

      »Gescheites?«

      »Unverständliches«, antwortete Seealee. »Mir reicht es jetzt, schließlich ist das Massieren nicht mein Beruf.«

      Dhota wälzte sich im Bett herum und nahm sie in die Arme.

      »Wie geht es jetzt weiter?«, fragte Seealee später. Dhota zuckte mit den Schultern.

      »Keine Ahnung«, antwortete er.

      Seealee war in den letzten Tagen im Haus geblieben und hatte daher von den Ereignissen nur wenig mitbekommen. Was sich auf Rawanor abspielte, wusste sie nur aus Dhotas Erzählungen.

      Und die waren schlimm genug.

      Nichts lief mehr zusammen. Kopfscheu liefen die Bewohner durcheinander und widersetzten sich jedem Versuch, Ordnung in das Durcheinander zu bringen. Nicht einmal vor Dhotas Mitarbeitern hatte diese seelische Seuche haltgemacht – in keinem einzigen Gremium war mehr eine ordentliche Beschlussfassung möglich.

      Damit hätte man zur Not noch leben können, nicht aber mit den anderen Phänomenen, die zu beobachten waren.

      Ein großer Teil der Bevölkerung war träge und teilnahmslos geworden. Eine Vielzahl öffentlicher Aufgaben, die üblicherweise von privaten Initiativen erledigt wurden, wurden vernachlässigt – da sich niemand darüber beschwerte, hatte Dhota auch keine Handhabe zum Eingreifen.

      Die Zahl der Selbstmorde war rapide in die Höhe geschnellt – und niemand schien das weiter aufregend zu finden. Vor zwei Tagen war eine ältere Frau verrückt geworden und hatte einen Amoklauf gestartet. Es war unglaubliches Glück gewesen, dass sie bei ihrer Raserei durch die Stadt, bei der sie unablässig auf alles und jeden gefeuert hatte, nur Sachschaden entstanden war.

      »Sie lassen alles laufen«, sagte Dhota leise. »Nichts kümmert sie mehr, und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.«

      »Du kannst noch immer Aklard um Hilfe bitten«, erinnerte Seealee.

      »Ohne Beschluss im zuständigen Gremium – nein«, antwortete Dhota. »Und den bekomme ich nicht.«

      »Es gibt da noch die Möglichkeit ...«

      Dhota nickte.

      Als Planetar hatte er in bestimmten, eng umgrenzten Ausnahmefällen extreme Handlungsvollmachten – in der Praxis wäre er damit alleiniger Herrscher des Planeten mit diktatorischen Vollmachten gewesen. Diese Rolle lag Dhota überhaupt nicht.

      »In dem Katalog der Extremsituationen ist nichts enthalten, was sich mit unserem Notstand vergleichen ließe«, meinte Dhota.

      Seealee machte ein betroffenes Gesicht.

      »Aber irgend etwas muss geschehen. Der Planet driftet auf den Abgrund zu, der ganze soziale Zusammenhalt schwindet dahin.«

      »Das weiß ich alles«, seufzte Dhota. »Und ich bin auch bereit, von diesen Notstandsvollmachten Gebrauch zu machen – aber nicht ohne auf dem vorgeschriebenen, gesetzlichen Weg dazu befugt zu sein.«

      »Das ist doch paradox«, ereiferte sich Seealee. »Wenn alle zuständigen Gremien beschlussunfähig sind, ist das doch Notstand genug.«

      Dhota sah auf die Uhr.

      »Ich lasse mich wieder im Büro sehen«, sagte er. »Vielleicht hat sich etwas geändert – hoffentlich zum Guten.«

      »Ich komme mit«, entschied Seealee und zog sich eilig an.

      Die Amtsräume des Planetars wirkten verlassen. Die Beamten gingen ihrer Arbeit nach, soweit sie es vermochten – aber es fehlten die üblichen Besucher. Ein großer Teil der Rawanorer war zu Eigenbrötlern geworden – sie taten so, als gebe es einfach keine Verwaltung mehr.

      Das war um so seltsamer, als die Atmosphäre der Angst, die über der Stadt lag, mit jedem Tag größer geworden war.

      »Du kannst es selbst sehen – hier sind die Anmeldungen. Halb Rawanor ist auf dem Weg in die Hauptstadt. Die Leute suchen sich aufs Geratewohl irgendein Quartier, bekommen von irgendwem etwas zu essen und laufen ziellos durch die Stadt, angstgeschüttelt und blass. Und niemand unternimmt etwas.«

      Von Crahn hatte Dhota seit vier Tagen nichts mehr gehört, desgleichen von Opallo. Auf den Straßen der Hauptstadt sammelte sich der Unrat. An der Beseitigung der Schäden, die Sturm und Hochwasser hinterlassen hatten, wurde nicht mehr gearbeitet. Nur die Roboter taten noch Dienst und machten so das Funktionieren der öffentlichen Einrichtungen erst möglich.

      »Dhota ...!«

      Seealee stand am Fenster und winkte Dhota heran.

      »Sieh dir das an«, sagte sie und deutete auf die Straße.

      Dhotas Augen weiteten sich.

      Auf der gegenüberliegenden Straßenseite bewegte sich jemand – ein Daila?

      Das Geschöpf trug Kleidung wie ein Daila, aber es war kein Daila – oder nicht mehr?

      Was Dhota sah, war ein grotesk aufgequollenes Wesen, das sich kaum noch auf den Beinen zu halten vermochte. Nur grob ließen sich noch Arme, Beine, Kopf und Rumpf erkennen. Die Haut schimmerte, soweit sie zu sehen war, in einem schmutzigen Grau.

      Dhota stand einen Augenblick lang wie erstarrt, dann rannte er los. Seealee folgte ihm auf dem Fuß.

      Sie brauchten nur wenige Minuten, um die Straße zu erreichen.

      »Dort drüben«, rief Seealee und wies mit dem Arm in die Richtung. Das Geschöpf hatte sich gegen eine Wand gelehnt. So schnell es ging, rannten Dhota und Seealee hinüber.

      Seealee schlug die Hände vor den Mund. Dhota schluckte heftig.

      Die Kreatur, die vor den beiden stand, war einmal ein Daila gewesen – anders konnte man es nicht ausdrücken. Jetzt aber hatte der Leib seine Gestalt fast zur Gänze verloren. Von dem Gesicht waren nur noch fleischige Wülste zu sehen, die heftig zitterten.

      »Grauenvoll«, flüsterte Seealee.

      Dhota sah, dass sein entstelltes Gegenüber zusammenzubrechen drohte.


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