Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel


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kein lebendes Fleisch. Dhota überwand seinen Ekel. Mit aller Kraft sorgte er dafür, dass die Kreatur stehen blieb.

      Die Augen waren kaum noch zu erkennen, der Mund ein missgestaltetes Etwas.

      »Wer bist du?«, stieß Dhota hervor.

      Er bekam keine Antwort. Dhota starrte in die Augen des Monstrums. Sie blickten stumpf und gleichgültig.

      »Helft mir!«, schrie Dhota, aber keiner der Vorübergehenden rührte sich. Teilnahmslos gingen sie weiter, den Blick auf den Boden gerichtet.

      Im nächsten Augenblick brach das Geschöpf zusammen. Dumpf polternd landete der massige Körper auf dem Boden. Der Kopf fiel zur Seite.

      Dhota stieß einen Wutschrei aus, auf den niemand reagierte. Seealee bückte sich, um dem Toten die Augen zu schließen. Ihre Hand blieb in der Luft hängen.

      Vor ihren und Dhotas Augen begann sich der monströse Leib zu verändern. Der Körper schrumpfte zusammen, die Haut straffte sich.

      Seealee schüttelte sich vor Entsetzen. Das Grauen, das nach Rawanor gegriffen hatte, wurde mit jedem Tag schlimmer.

      Es dauerte nur wenige Minuten, dann hatte sich der Körper so verändert, dass fast nichts mehr an das Monstrum erinnerte. Der da tot auf dem Boden lag, war ein Daila mittleren Alters. Dhota hatte ihn nie zuvor gesehen. Noch immer blickten die Augen stumpf und teilnahmslos, und die Haut hatte ihre stumpfgraue Farbe behalten.

      »Was ist das für ein Ungeheuer, das uns so angreift«, murmelte Seealee fassungslos.

      Die Passanten gingen vorbei, ohne die Szene auch nur eines Blickes zu würdigen. Dhota stand langsam auf.

      »Ich glaube, es ist Zeit«, stieß er dumpf hervor. »Ob ordnungsgemäß oder nicht, ich werde Aklard verständigen. Sie sollen uns Mutanten schicken. Wir brauchen Hilfe, sonst sind wir alle verloren.«

      Dhota betrachtete Seealee. Er versuchte zu verbergen, was er dabei dachte – dass er Angst hatte, diese grauenvolle Veränderung könnte auch seine Frau getroffen haben. Seealee vermochte er damit nicht zu täuschen. Sie schauderte.

      »Komm«, stieß Dhota hervor. Seealee deutete auf den Toten.

      »Was wird mit ihm?«

      »Ich werde die Robots anweisen, ihn in die Klinik zu schaffen und genau zu untersuchen«, sagte Dhota.

      »Und du weißt, was dabei herauskommen wird?«

      Dhota nickte.

      »Nichts, selbstverständlich«, stieß er hervor. »Nichts, was uns im Kampf gegen das unsichtbare Scheusal helfen würde.«

      Seealee senkte den Blick. Dhota hatte Recht – es schien tatsächlich nicht die geringste brauchbare Spur zu geben, die zu dem Angreifer führen konnte. Wer oder was auch immer hinter den rätselvollen, erschreckenden Vorfällen der letzten zehn Tage steckte – man bekam ihn nicht zu fassen.

      Langsam folgte Seealee ihrem Mann zurück in das Gebäude. Dhota hatte anfangs große Schritte gemacht, jetzt wurden sie immer kleiner. Seealee spürte: Dhota resignierte immer mehr, und das erschreckte Seealee sehr. Gewiss, auch Dhotas unverwüstlich erscheinender Optimismus kannte Einbrüche – aber nie war eine solche Phase so anhaltend und tief gewesen wie jetzt.

      Schweigend fuhren die beiden hoch zu Dhotas Büro. Über die Positronik gab Dhota seine Befehle an die Roboter weiter. Er wollte gerade eine Hyperfunkverbindung nach Aklard herstellen lassen, als ein Besucher auftauchte.

      »Crahn!«, sagte Dhota verwundert.

      Crahn machte einen bemerkenswert munteren Eindruck, krass gegensätzlich zu dem Bild, das er in den letzten Tagen geboten hatte.

      »Wie sieht es aus?«, fragte Crahn, nachdem er sich gesetzt hatte.

      »Hast du es beim Kommen nicht gesehen?«, fragte Dhota. Crahn nickte.

      »Scheußlich«, sagte er. »Und er ist nicht der einzige. Dutzende von Daila zeigen bereits die gleichen Symptome. Es ist wie eine Seuche.«

      Dhota schüttelte energisch den Kopf.

      »Das hat nichts mit Seuchen zu tun«, widersprach er. »Ich werde den Toten untersuchen lassen, und du wirst sehen, sie werden nichts finden.«

      Crahn machte ein betroffenes Gesicht.

      »Und was hast du jetzt vor?«

      »Aklard um Hilfe bitten«, sagte Dhota energisch.

      »Hältst du das wirklich für nötig?«, wollte Crahn wissen. Dhota kniff die Augen zusammen.

      »Draußen sterben Daila, wir wissen nicht woran und warum, wir können nichts dagegen unternehmen – und du fragst danach, ob das nötig ist.«

      »Vielleicht kann man noch ein paar Tage warten«, meinte Crahn zögernd. »Dann sieht die Sache vielleicht anders aus.«

      »Ich verstehe dich nicht«, sagte Dhota betroffen. »Warten? Worauf?«

      »Auf eine Wendung zum Besseren«, antwortete Crahn.

      Seealee wurde stutzig. Vor ein paar Tagen hatte Crahn ähnlich geredet, aber mit einem ganz anderen Tonfall. Damals hatte es nach Desinteresse geklungen, aber jetzt ...

      »Versprichst du dir einen Vorteil davon?«, fragte Seealee.

      Crahn schüttelte den Kopf – nach einem bemerkenswert langen Zögern.

      »Nein, keinen. Welchen auch?«, sagte er schließlich. »Nun gut, tu, was du für richtig hältst. Es wird ja wohl ohnehin ein paar Tage dauern, bis die Hilfe von Aklard eintrifft.«

      Crahn grüßte zurückhaltend und verschwand wieder aus Dhotas Büro.

      »Er hat sich verändert«, stellte Dhota fest, sobald Crahn gegangen war.

      »Er hat gelogen«, fügte Seealee hinzu. »Die Verzögerung ist für ihn bedeutungsvoll, aus welchem Grund auch immer.«

      Dhota sah seine Frau ungläubig an.

      »Er weiß, dass jeder Tag das Leben von Daila kosten wird – und du meinst, er sehe darin einen Vorteil für sich?«

      Seealee wiegte den Kopf.

      »Ganz so krass nicht. Er kommt mir eher vor ... nun, wie ein Rauschgiftsüchtiger, der Angst vor Entdeckung hat und diesen Augenblick so lange wie nur möglich hinausschieben will.«

      »Deine Phantasie geht mit dir durch«, meinte Dhota. Seealee sah ihn verweisend an. »Einverstanden, ich bin bereit, diese These zu prüfen – aber erst, wenn du mir einen brauchbaren Hinweis geben kannst.«

      »Es ist ein Verdacht, eher eine Ahnung«, sagte Seealee ruhig. Sie stand auf und ging in dem Raum auf und ab. Plötzlich stutzte sie und bückte sich.

      »Was ist das? Gehört das dir?«

      Dhota betrachtete den Fund – eine winzige blaue Kugel, die im Licht schillerte wie ein Schmuckstück.

      Dhota schüttelte den Kopf.

      »Nie gesehen«, sagte er entschieden.

      Seealee wog den Gegenstand in der Hand.

      »Crahn hat das Ding verloren«, sagte sie entschieden. »Und da er nicht der Typ Mann ist, der solchen Schmuck trägt, hat diese Kugel etwas mit seinem besonderen Problem zu tun.«

      Seealee sah Dhota an und lächelte.

      »Du glaubst mir kein Wort, nicht wahr? Nun gut, dann werde ich die Sache auf eigene Faust untersuchen. Und wenn ich zurück bin, dann werden wir Aklard verständigen.«

      Mit einem Nicken gab Dhota sein Einverständnis.

      Seealee hatte es nun eilig, Dhotas Büro zu verlassen. Sie schlug den Weg zum Krankenhaus ein, warum, wusste sie selbst nicht genau.

      Sie ging zu Fuß – es wäre ihr auch nichts anderes übriggeblieben. Alle verfügbaren Gleiter wurden benötigt, um die beschädigte Stadt notdürftig


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