Ronaldo. Luca Caioli

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Ronaldo - Luca Caioli


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ist kein Spiel für Herzschwache, sondern 90 Minuten, die es in sich haben. Besonders die Portugiesen müssen bis an ihre Schmerzgrenze gehen. Schon in der 25. Minute sind sie nur noch zu zehnt, nachdem Hugo Almeida die Rote Karte gesehen hat. Danach kontrollieren die Azzurri den Ball. Unmittelbar vor der Pause, als es noch immer 0:0 steht, wird auch der Italiener Cesare Bovo wegen eines Fouls an Pedro Ribeiro des Feldes verwiesen. Bei der Zahl der Spieler herrscht jetzt also ebenfalls wieder Gleichstand. In der zweiten Halbzeit wird jedoch deutlich, dass die Italiener ausgeruhter sind – sie hatten nach ihrem Spiel gegen Polen 24 Stunden länger Pause. Sie haben das Spiel weiterhin unter Kontrolle. Nach einem Konter gehen die Azzurri in der 67. Minute durch Francesco Ruopolo in Führung. Nun wird es hart für Portugal, gegen die starke italienische Verteidigung noch einmal zurückzukommen. Es sieht so aus, als sei das Spiel endgültig verloren.

      Doch das erweist sich als falsch. Es sind noch etwas über zehn Minuten zu spielen, da kommen zwei Leute von der Bank, die das Spiel drehen werden. João Paiva betritt das Feld und trifft mit seiner ersten Ballberührung. Fünf Minuten später stibitzt Danny seinem Gegner den Ball und erzielt die Führung. In der Nachspielzeit erhöht Paiva noch auf 3:1, und dann nehmen die Feierlichkeiten ihren Lauf. Das Siegerfoto zeigt einen spindeldürren Ronaldo – die Muskeln von heute muss er erst noch entwickeln – mit blondgefärbten Stirnfransen und freiem Oberkörper. Er strahlt nur so vor Freude und hat die Arme in die Luft gehoben. In der linken Hand hält er ein blaues Trikot – seine Siegesbeute.

      „Es war ein schwieriges Spiel gegen ein äußerst gutes Team, das uns jede Menge Probleme bereitet hat“, sagt Cristiano. „Wir wussten vorher, dass die Italiener eine sehr starke Mannschaft haben. Wir haben gut gespielt und eine unserer besten Turnierleistungen gezeigt.“ Die portugiesische Presse bejubelt diese U20-Mannschaft und vergleicht sie gar mit der Generation von Figo und Rui Costa.

      Das Team erhält bei seiner Rückkehr nach Lissabon einen triumphalen Empfang. In großen Scharen ziehen die Fans zum Flughafen Lissabon-Portela, um ihre Helden zu feiern. Cristiano ist nicht dabei. Er ist nicht mit der Mannschaft zurückgereist. Gemeinsam mit seiner Mutter und einer seiner Schwestern bleibt er für einen Urlaub in Frankreich – ein paar Tage im Süden und danach ein Abstecher nach Paris. Es ist eine wohlverdiente Auszeit, bevor die Saisonvorbereitung bei Sporting losgehen wird. Am 6. August, nach einem Freundschaftsspiel gegen Manchester United, wird sein Leben jedoch eine unerwartete Wendung nehmen.

      Kapitel 6

       Nummer 7

      Der Wechsel zu Manchester United

       „Ich wollte die Nummer 28, aber ich konnte dem Boss ja nicht widersprechen.“

      Am Abend vor dem Spiel ist die ganze Sache bereits über die Bühne gegangen. Bei einer Zusammenkunft im Hotel Quinta da Marinha hat Sporting sich mit Manchester United geeinigt. Für 15 Millionen Euro, etwas über zwölf Millionen britische Pfund, wird Cristiano zum Red Devil. Uniteds Trainer Alex Ferguson, Sportings Finanzvorstand Simões Almeida und Cristianos Berater Jorge Mendes haben alles unter Dach und Fach gebracht. Der Spieler muss nur noch unterschreiben.

      Cristiano weiß bereits, dass seine Zukunft bei United liegt. Trotzdem werden die Neuigkeiten nicht vor dem 12. August bekannt gegeben. Zuvor dementieren beide Seiten eine komplette Woche lang alle diesbezüglichen Gerüchte. Keiner möchte Sporting das Fest verderben. Am 6. August 2003 soll das Alvalade XXI, das neue Stadion der Löwen, eingeweiht werden. Es ist von dem Architekten Tomás Taveira entworfen worden, mit Blick auf die in Portugal ausgetragene Europameisterschaft 2004. Gegner im Eröffnungsspiel ist Manchester United, die ein Kooperationsabkommen mit dem Verein aus Lissabon haben. Die Jugendakademie in Alcochete ist gewissermaßen auch ein Nachwuchszentrum von United – Manchester hat gegenüber anderen europäischen Vereinen das Vorkaufsrecht bei sämtlichen Jugendspielern der Grün-Weißen.

      Die Einweihungszeremonie ist ein beeindruckendes Spektakel, doch das Spiel und Cristianos Leistung stehen ihr in nichts nach. Die Feier beginnt um 20:45 Uhr: Die Vorhänge heben sich, und eine Bühne kommt zum Vorschein, auf der die portugiesische Sängerin und Komponistin Dulce Pontes ihr berühmtes Lied „Amor a Portugal“, „Liebe zu Portugal“, singt. Hunderte Menschen formen auf dem Feld das Wappen des Klubs, und schließlich laufen die Spieler ein. Die Atmosphäre ist fantastisch, und im ganzen Stadion gibt es keinen einzigen leeren Platz.

      Cristiano Ronaldo trägt sein grün-weißes Trikot mit der Nummer 28, die weiße Hose und die grün-weiß geringelten Socken und ist ganz heiß darauf, Manchester United zu zeigen, was er kann. Tatsächlich wird er sein bestes Spiel überhaupt für die Löwen abliefern. Er legt los wie die Feuerwehr und stellt Uniteds Außenverteidiger vor enorme Probleme. Er lotet mit einem Weitschuss und in einer Eins-gegen-Eins-Situation, die der französische Torwart für sich entscheiden kann, die Leistungsgrenzen von Fabien Barthez aus. In der 25. Minute legt er den Ball für Luís Filipe auf, der das erste Tor erzielt. Doch vor allem verzückt Cristiano sie alle mit seinen Dribblings, seiner Schnelligkeit, seinen Übersteigern, den Tempowechseln und der Fähigkeit, seinen Gegenspielern immer wieder zu entwischen. Kein Wunder, dass Sir Alex Ferguson bereits in der Halbzeitpause zum damaligen Geschäftsführer Peter Kenyon meint: „Wir können hier nicht ohne den Jungen wegfahren.“ Verteidiger Phil Neville erinnert sich an die gleiche Diskussion in der Kabine: „Wir haben alle zum Boss gesagt: ‚Den müssen wir verpflichten.‘“

      Doch Ferguson schweigt. Er hat nicht die Absicht, seinen Spielern zu verkünden, dass der Deal bereits in trockenen Tüchern ist. Er ist ein alter Fuchs und will, dass der Junge vom ersten Tag an in der Kabine akzeptiert wird. Wie ginge das besser, als die Spieler glauben zu lassen, sie hätten Ronaldos Wechsel überhaupt erst forciert? Auf dem Rückflug nach London loben Uniteds Veteranen Rio Ferdinand, Paul Scholes und Roy Keane die Fähigkeiten des jungen Spielers aus Portugal und fragen, ob United ihn nicht holen könne. Sir Alex reibt sich nur still die Hände. Nach Abpfiff der Partie- ein 3:1-Sieg für Sporting – und Rücksprache mit Jorge Mendes hatte er sich persönlich mit Cristiano unterhalten, ihn mit Lob überschüttet und nach Manchester eingeladen.

      Ronaldo glaubt allerdings, dass er nur hinfahren soll, um den Vertrag zu unterschreiben, den medizinischen Check zu absolvieren, das Old Trafford zu besuchen und sich die Anlagen des Vereins anzusehen, um dann für ein Jahr auf Leihbasis nach Lissabon zurückzukehren. Doch Ferguson hat andere Pläne. Gleich nachdem Cristiano eingetroffen ist und den Vertrag unterschrieben hat (zwei Millionen Euro pro Jahr, pro Monat also 150.000, wohingegen er bei Sporting monatlich 2.000 Euro verdient hat), setzt sich Ferguson mit Jorge Mendes zusammen. „Von dem Englisch habe ich kein Wort verstanden“, gesteht Cristiano einige Jahre später der portugiesischen Tageszeitung Público. „Mendes erklärte mir, dass Ferguson mich in Manchester behalten wollte. Ich war beeindruckt und nervös zugleich.“ Der Junge weiß nicht, was er tun soll – er hat ja noch nicht einmal seine Klamotten mitgebracht. Aber kein Problem – er soll einfach ins Training einsteigen und später zurückfliegen und seine Sachen holen.

      Am 13. August wird er offiziell im Old Trafford vorgestellt, gemeinsam mit dem 24-jährigen Brasilianer José Kléberson, der von Atlético Paranaense geholt worden ist. Ronaldo erscheint im weißen, transparenten Hemd sowie in verblichenen Jeans und trägt Strähnchen im Haar. Sein Aussehen, sein Alter und vor allem der Preis, den United für ihn berappt hat, hinterlassen bei den anwesenden Journalisten keinen besonders guten Eindruck. Ronaldo ist der teuerste Teenager in der Geschichte des britischen Fußballs, und zwölf Millionen Pfund kommen ihnen vollkommen überteuert für einen 18-jährigen Jungen vor, der gerade einmal eine Profisaison mit 25 Spielen und drei Toren absolviert hat.

      Doch Ferguson hat gerade erst David Beckham für 25 Millionen Pfund an Real Madrid und Juan Sebastián Verón für 15 Millionen Pfund an den FC Chelsea verkauft. Außerdem ist es ihm nicht gelungen, Ronaldinho zu verpflichten: Der Brasilianer ist zum FC Barcelona gewechselt. Ferguson ist sich sicher, dass er einen hervorragenden Transfer getätigt hat. Er glaubt, dass Cristiano für die Mannschaft mehr wert sein wird als Beckham und dass er das Puzzlestück ist, das United seit Jahren gefehlt hat. Portugals Fußballlegende Eusébio, Europas Fußballer des Jahres 1965, ist der gleichen Meinung: „Ronaldo ist nicht einfach nur ein großartiger Fußballspieler, er könnte ein


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